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Umjubelter AuftrittTorsten Sträter macht sich in Leverkusen oben nackig

Lesezeit 3 Minuten
Leverkusen, Ostermann Arena, Torsten Sträter mt seinem Programm „Schnee, der auf Ceran fällt“

Seltener Anblick in der Ostermann-Arena: Torsten Sträter ohne seine Mütze

Der Kabarettist hadert zunächst mit der Akustik in der Ostermann-Arena. Seinem Wortwitz tut das keinen Abbruch.

Einen Akrobaten der Wortspiele und pointierten Geschichten, den hat sich das Publikum in der ausverkauften Ostermann-Arena am Wochenende gewünscht – und bekommen. Torsten Sträter machte nach dreifacher Verschiebung endlich Halt in Leverkusen.

Der große Applaus schon zu Beginn zeugte von enormer Vorfreude. Doch bevor es richtig los ging, machte dem Künstler die Akustik zu schaffen: „Techniker kannst du mich hören? Zugriff!“ Und ein Mitbarteiter des Technik-Teams kam und erwiderte: „Es ist halt ’ne Sporthalle.“ Oder, wie Sträter sagen würde: „Das Veranstaltungs-Äquivalent zu ‚Wir hatten früher nichts‘.“

Der Hall macht ihn fertig

Der zeitverzögerte Hall, der Sträter auf der Bühne erreichte, hatte auch seine Vorteile: „Ich habe das Programm vier Wochen nicht gespielt. Jetzt haben wir Tonprobleme, damit mir wieder einfällt, was im Programm steht.“ Nach knapp 15 Minuten war es dann doch zu viel mit Beschallung und Zischlauten. Zusätzlich zwang die Hitze auf der Bühne den Komiker, sein berühmtes Markenzeichen, die schwarze Mütze, vom Kopf zu nehmen. Zigarettenpause. Durchatmen.

Die Tontechniker zeigten Verständnis und behoben die Probleme. Einer von ihnen kommentierte: „Ich mache das seit 25 Jahren, das habe ich so noch nicht erlebt.“ Das Publikum nahm es mit Humor, interagierte mit dem Team.

In Köln will man nicht vor die Tür

Sträter kehrte zurück, erzählte Anekdoten aus seinem Leben, so nahbar, so bekannt. Er berichtete, er habe das Programm 2019 geschrieben „in den guten alten Zeiten“ als das Speiseöl zwei Euro gekostet hat. Dafür schloss er sich in einem Hotel in Köln ein. Das habe den Vorteil, dass man nicht so oft vor die Tür wolle.

In der Ursprungsversion ging es vor allem um seinen gewalttätigen Vater, der ihn und seine Brüder geschlagen habe. Jetzt wurde er aus dem Programm gestrichen, denn „mein Vater war ein ziemlicher Idiot. Das ist besser geworden, seitdem er tot ist.“ Ein Glaubenssatz sei dem Poetry-Slammer jedoch im Gedächtnis geblieben: „Torsten, man darf mal einen Scherz machen, aber nicht immer.“

38 Autos – ausverkauft

Doch, dachte sich der Komiker, hängte seine Jobs als Herrenausstatter, später Mobilfunkvertreter und Speditionsmitarbeiter an den Nagel, steht nun seit vielen Jahren auf der Bühne und führt die Menschen durch die Welt der Idiotie. Ein Schlag für ihn war, als im Fernsehen berichtet wurde: „In China hat jemand eine Fledermaus gegessen, Wayne interessiert es“– eine Anspielung auf die Batman-Filme sei das, dachte er zunächst. Walter aus Eschweiler habe ihn mit seinem Autokino aus dem Loch geholt „Gute Nachrichten, Du bist ausverkauft mit 38 Autos, sagte er. Das ist Platz 4 aus dem Buch der absurden Phrasen.“

Jetzt gottlos Pommes ballern
Torsten Sträter zitiert seinen Sohn

Sein Sohn sollte im Programm nicht mehr vorkommen. Der Grund: „Ich finde, Du machst mich scheiße nach.“ Das kann sich Sträter dann aber doch nicht verkneifen, denn sein Sprössling habe sich sprachlich dem Abou-Chaker-Clan angeschlossen, mit Äußerungen wie „Jetzt gottlos Pommes ballern“.

Sträter bretterte mit seinen Erzählungen durch die Themen des Alltäglichen, hob die Komik nichtigster Situationen hervor. Er sprach übers Gendern, Impfen, Homöopathie und Zugfahrten nach Berlin. Bis heute könne er nicht verstehen, wieso sein Slogan „Globuli – Wenn Ihnen Tictac zu billig ist“ nicht übernommen wurde. Alles natürlich zu hundert Prozent wahr, betonte er, bevor er ansetzte zu: „Wenn ich eins bei den Marines gelernt habe ...“

Der Komiker kann sich minutenlang über falsche Redewendungen und Formulierungen aufregen, selbst die Morddrohungen mit Rechtschreibfehlern, die er erhält, würde er am liebsten korrigiert zurück schicken, sagte er. Davon rate ihm aber seine Agentin ab.

Sträter hat ein Talent für Erzähltempo und fesselte die Zuhörerinnen und Zuhörer mit seiner sonoren, betonten Stimme. Er ist Meister des Abschweifens. Was ist Programm, was improvisiert? Der Titel „Schnee, der auf Ceran fällt“ ist nur ein Hinweis auf die wilden Gedankensprünge, die sich durch diesen Abend ziehen. Hauptsache unterhalten, das beherrscht der Komiker mit seinem trockenen Humor.