Heiliges QuellwasserWarum die Gezelinkapelle die Wasserabgabe einstellen musste
- Seit etwa 880 Jahren existiert die heilige Gezelinusquelle – nach dem heißen Sommer ist aber Schluss mit dem sprudelnden Wasser.
- Christian Kaltenbach sieht den Zustand der Quelle als Mahnung für den voranschreitenden Klimawandel.
Leverkusen – Christian Kaltenbach, der Küster von Schlebusch, öffnet die kleine Holztür, die in den schmalen Raum hinter dem Holzaltar in der Gezelinkapelle führt. Eine kleine Sakristei, dort ziehen sich sonst die Pfarrer um. „Hier sehen Sie es“, er deutet auf eine Skala, wie an einem Thermometer, an der ein über einen Seilzug gesteuerter Zeiger fast ganz oben den Wert 16 anzeigt. „Das heißt, wir haben heute 16 Zentimeter Wasser im Brunnen,“ sagt Kaltenbach und zieht die Stirn in Falten.
Der Zeiger ist über den Seilzug über mehrere Umlenkrollen mit einem Schwimmer verbunden, der den Wasserstand im Brunnen anzeigt. Er liegt nicht zufällig genau unter dem Altar. Der Brunnen spendet das heilige Gezelinuswasser, das auch zum Taufen verwendet wird. Meist stehen hier ein bis zwei Meter Wasser. Jetzt im Frühjahr nach dem Jahrhundertsommer ist es gerade noch eine Handbreit.
Wasserstand fällt kontinuierlich
Kaltenbach ist nicht nur Küster, sondern auch Imker und macht sich so seine Gedanken über die Veränderungen der Natur durch den Klimawandel. „Das ist der niedrigste Wasserstand, seitdem ich hier Küster bin.“ Der Wasserspiegel ist in den vergangenen Monaten langsam und kontinuierlich so weit gefallen, dass Kaltenbach die Pumpe ausstellen musste, über die sich viele Leute draußen ihr Wasser holen. „Die Pumpe würde heiß laufen, sich zerstören, wenn sie Luft ziehen würde.“
Das, sagt Kaltenbach habe er noch nicht erlebt. Ist es ein Grund zur Besorgnis, dass die Gezelinusquelle erst jetzt, Monate nach dem extrem trockenen Sommer 2018 so wenig Wasser führt, dass die Kirche unlängst die Wasserabgabe einstellen musste? Sicher, auch wenn der Brunnen nicht ganz versiegt ist, werden das manche als mahnendes Zeichen begreifen.
Geschichte des Gezelinus
Das Wasser ist nicht nur bei Tee- oder Kaffeefreaks beliebt. Auch auf die heilende Wirkung des an Bor reichen Wassers schwören manche, besonders bei Augenleiden. Der Legende nach existiert der heilige Quell ungefähr seit 880 Jahren. In einem trockenen Jahr, irgendwann nach 1135, soll der Altenberger Mönch und Schafhirte Gezelinus seinen Hirtenstab in den Alkenrather Boden gestoßen und ein Gebet gesprochen haben. Seitdem soll das Wasser sprudeln.
Gezelinus erlangte einen glanzvollen Status, weil er das Wasser-Wunder während einer Dürre vollbracht hatte, die die Menschen im heutigen Leverkusen schwer geplagt haben dürfte. Gute 820 Jahre quoll das Wasser aus dem Alkenrather Boden, der Grundwasserdruck war so hoch, dass keine Pumpe notwendig war. Fachleute nennen das eine artesische Quelle. Früh schon soll über der Quelle ein Heiligenhäuschen errichtet worden sein, im 15. Jahrhundert dann die Kapelle.
Gezelinuswasser auf Knopfdruck
Ende der 1950-er Jahre wurde das Grundwasser gestört. Bei Kanal-Bauarbeiten direkt neben der Quelle verletzte man wohl eine wasserundurchlässige Bodenschicht. Man versuchte zwar, die Schichten wieder abzudichten, doch die Gezelinquelle wollte einfach nicht mehr selbst sprudeln.
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Seither gibt es einen Brunnenschacht und die Elektropumpe, die auf Knopfdruck etwa eine Minute das klare, gut trinkbare Gezelinuswasser fördert. Bis neulich. Seither vergeht kein Tag, an dem Christian Kaltenbach nicht auf die Abgabepause an der Kapelle angesprochen wird.