50 Jahre EheEine bewegende gemeinsame Reise
Nümbrecht – Als Paulina Heinrichs im Sommer 1968 die Haustüre öffnet, traut sie ihren Augen kaum. „Dass da so ein gut aussehender Mann vor der Tür steht, das gibt es doch gar nicht, habe ich gedacht“, erinnert sich die heute 69-Jährige.
Wer hätte ahnen können, dass dies der Anfang einer langen gemeinsamen Geschichte war. „Die Hochzeit meines Cousins war damals die erste nach dem Krieg in unserem Dorf im Südural, und einige Männer kamen gleich nach der Feldarbeit und wollten sich noch frisch machen. Darunter auch Johann.“ Die zwei verstehen sich prompt.
Aus einem Heiratsgerücht wurde Wahrheit
„Sie konnte zwar nicht gut tanzen, aber sie drehte sich, das war der Wahnsinn“, weiß er noch heute. Eine Nachbarin beobachtet die beiden und verbreitete das Gerücht, die beiden wollten heiraten. „Meine Mutter war enttäuscht, weil sie dachte, wir hätten ihr das verheimlicht. Dabei wussten wir selbst nichts davon“, lacht sie. Aber wenig später kommt dann der Antrag. „Als Johann mich fragte, musste ich so lachen, weil ich ja kurz vorher mit meiner Mutter darüber gesprochen habe. Und natürlich habe ich Ja gesagt.“
Eigentlich war die standesamtliche Hochzeit für den 2. Juli 1971 geplant. „Das Standesamt wurde aber gerade renoviert, also haben wir am 4. Juli kirchlich geheiratet und am 5. erst standesamtlich“, sagt Johann Heinrichs, der nach der Hochzeit erstmal zwei Jahre zum Militär geht. Danach baut das junge Paar ein Haus. „Zwei Wohnungen zu finanzieren, war zu teuer. Und dann haben wir dort gebaut, wo wir damals zum ersten Mal spazieren gingen.“
Die Jubilare
Was schätzt sie an ihm?
„Dass er so fleißig ist.“
Was ist den Heinrichs besonders wichtig?
„Liebe und das Vertrauen in Gott.“
Und in schlechten Zeiten?
„Man muss immer neu anfangen, darf nie aufgeben und muss über alles reden können.“ (nis)
Bald erblickt die erste Tochter das Licht der Welt. Zwei weitere Kinder folgen. „Wir lebten damals in einer deutschen Kolonie und mein Mann war sehr fleißig. Wir konnten uns sogar ein eigenes Auto leisten. Einen gelben Lada Niva“, erinnert sich Paulina Heinrichs. Die ständigen Ausgrenzungen und Anfeindungen, die sie wegen ihrer deutschen Herkunft in Russland erfahren müssen, prägen die Familie sehr. „Wir waren immer die Nazis. Für unsere Kinder war das eine große Belastung, und so haben wir irgendwann entschieden, alles hinter uns zu lassen.“ Ein großes Haus, den Hof, die Tiere. Die haben wohl gespürt, dass es das letzte Mal war“, erzählt sie mit Tränen in den Augen. In Nümbrecht finden sie Asyl und fangen ihr neues Leben an.
„Wir werden im kleinen Kreis feiern. Anders ist es leider im Moment nicht möglich.“
„Zwei Schwestern von uns waren bereits in Nümbrecht. Eine ging mit uns einkaufen. Das musste ich auch erstmal lernen. Mit einem vollen Einkaufswagen sind wir da raus.“ Das fleißige Paar schafft langsam aber sicher ein neues Zuhause für die Familie. „Ich werde nie vergessen, als wir von einem Ausflug nach Belgien mit dem Deutsch-Sprachkurs zurückfuhren und die Kinder das erste Mal sagten, dass wir jetzt nach Hause fahren. Das war ein schöner Moment“, erinnert sich Paulina Heinrichs. Am 4. Juli leben die Heinrichs 31 Jahre in Nümbrecht. „Wir sind sehr dankbar. Für alles.“ Die Jubilare reisen gern und treffen sich regelmäßig mit Freunden und der großen Familie. Fast alle leben in Deutschland. „Wenn wir uns treffen, essen wir gemeinsam und spielen was das Zeug hält.“
Die große Feier haben die Jubilare abgesagt, obwohl die Einladungen bereits gedruckt waren. „Wir werden im kleinen Kreis feiern. Anders ist es leider im Moment nicht möglich.“ Das Paar hat drei Kinder und vier Enkel.