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ATP-Turniere in KölnJeder Tennisschläger wird einzeln verpackt

Lesezeit 3 Minuten

Der Weltranglistensiebte Alexander Zvervev ist in diesen Tagen der Hauptauftraggeber von Frank Messerer (l.).

Gummersbach/Köln – „Zwei ATP 250-Turniere hintereinander am gleichen Ort, das hat es noch nie gegeben, ein echtes Novum – und dann Corona“, sagt der Gummersbacher Frank Messerer, offizieller Besaiter der Tennisturniere in der Kölner Lanxess-Arena. „Die Corona-Auflagen sind sehr streng“, schildert er. So habe er sich am Anfang voriger Woche mit seinem vierköpfigen Team täglichen Corona-Tests unterziehen müssen. Mittlerweile sei die Untersuchungsspanne jedoch auf drei Tage ausgedehnt worden. Alle Tennisschläger müssten einzeln mit Cellophan umwickelt und zusätzlich in separate Tüten verpackt werden.

Schwierig sei die Lage auch für die Spieler in der gut 18 000 Zuschauer fassenden Halle. Am Montag und Dienstag seien sie richtig glücklich gewesen, da sie vor Publikum spielen konnten, ab Mittwoch nur noch vor leeren Rängen.

Keine Linienrichter am Platz

Durch die Nutzung des elektronischen Hawk-Eye-Systems gebe es nicht einmal Linienrichter am Platz. „Das muss man sich mal vorstellen: Nur zehn Leute in der Riesenhalle.“ Dass der Beifall jetzt vom Band kommt, irritiere viele Spieler. Einer habe sich beschwert: „Da habe ich einen Ball ins Aus geschossen und hörte dann begeisterten Applaus.“

Während der Turniere hat Messerer viel zu tun. So benötige ein Spieler „locker“ 1000 bis 1500 Besaitungen in einer Saison. Zwischen fünf und acht Schläger präpariere er für ein Match, für das Training wird extra besaitet.

So frisch wie möglich

Jeden Morgen würden die alten Besaitungen herausgeschnitten. „Die Spieler wollen das befreiende Gefühl, immer einen identischen Schläger zu haben – das ist auch eine Kopfsache“, erklärt er.

Sein Hauptauftraggeber Alexander Zverev mache besonders strikte Vorgaben: Damit der Weltranglistensiebte ständig mit einer frischen Besaitung spielen kann, dürfe er erst rund eine Stunde vor dem Match mit seiner Arbeit beginnen. Darum habe er extra eine Besaitungsmaschine in der Halle aufgebaut. Der Aufwand lohnte sich: Zverev gewann das Finale am Sonntagmittag gegen den Kanadier Felix Auger-Aliassime nach 1:19 Stunden in zwei Sätzen mit 6:3 und 6:3.

Privat-Besaiter der Weltklasse

Messerer ist seit rund 30 Jahren im Tennissport zu Hause. Als Spieler hatte er ständig Schwierigkeiten mit der für ihn passenden Besaitungshärte. So entschloss er sich, das Problem selbst in die Hand zu nehmen, und wurde später zum Privat-Besaiter von Weltklassespielern wie Thomas Muster, Stefan Edberg oder Roger Federer.

Für ein optimales Ergebnis nutzt Messerer das von ihm entwickelte „S-M-F Stringing System“, an dem er „jahrelang getüftelt“ hat. Dabei werden die Saiten in Längsrichtung weicher als in der Querrichtung gespannt. Mehr möchte er jedoch nicht über diese Technik verraten, durch die sich der Sweetspot (optimaler Bereich für den Ballkontakt) um rund 30 Prozent vergrößert. „Der beste Schläger nutzt nichts, wenn die Besaitung nicht stimmt“, sagt der Inhaber von vier Sportgeschäften in Gummersbach, Waldbröl, Engelskirchen und Köln.

Viele Tennisspieler würden diesen Aspekt vernachlässigen. Er vergleicht einen Tennisschläger mit einem Auto: Der Rahmen entspricht der Karosserie, die Besaitung dem Motor und der Griff ist Bremse, Lenkung und Dämpfung zugleich. „Alles muss perfekt aufeinander abgestimmt sein – was nützt eine Mercedes-Karosserie mit einem Goggomotor?“ So hat er in den letzten Jahren auf der Intersport-Tennis-Tour zahlreiche Kunden in ganz Deutschland beraten: „Das hat nicht nur den Tennisboom befeuert, bei vielen ist danach der Tennisarm geheilt.“