Duell der GenerationenKabarettist Jens Neutag nimmt Familienfeier aufs Korn

Lesezeit 3 Minuten
Jens Neutag mit gastierte mit „Gegensätze ziehen sich aus“ im Schauspielhaus Bergneustadt.

Jens Neutag mit gastierte mit „Gegensätze ziehen sich aus“ im Schauspielhaus Bergneustadt.

Der Kabarettist Jens Neutag präsentierten in Bergneustadt scharfzüngige Pointe

Obwohl der sonnige Sommerabend dazu einlud, bei einem erfrischenden Kaltgetränk die Fußballspiele der Europameisterschaft zu verfolgen, fand sich dennoch am Samstag ein 15-köpfiges Publikum im kleinen, aber feinen Bergneustädter Schauspielhaus ein, um den scharfzüngigen Pointen des Kabarettisten Jens Neutag zu lauschen.

Im Mittelpunkt seines neuen Soloprogramms „Gegensätze ziehen sich aus“ stand eine lebhafte Erzählung von einer zwar skurrilen, aber zum Teil auch realitätsnahen Familienfeier, wie man sie als Zuhörerin und Zuhörer nur zu gut kennt. „Onkel Heini“ hatte anlässlich seines 95. Geburtstags die ganze Sippe eingeladen. Verschiedene Generationen mit unterschiedlichen Meinungen und Weltansichten prallen dabei aufeinander, und das birgt reichlich Konfliktstoff. Einer der Protagonisten ist Cousin Karsten, ein, laut Neutag, stereotyper „Mann-Mann“ mit einem Weltbild aus den 80er Jahren: „Böse Zungen würden sagen, er ist sehr schlicht. Ich würde es so beschreiben: Sein Alltag wird nur selten von Nachdenken belästigt. Er wohnt weit draußen auf dem Land und sein Panoptikum ist Schraubenschlüssel, Schnitzel, Schützenfest. Sozusagen ein menschgewordenes Radevormwald“, so der gebürtige Remscheider.

Ey Digga, wenn arbeiten, dann höchstens Vier-Stunden-Woche, aber maximal einmal im Monat
Jens Neutag in seiner Rolle als „Neffe Marvin“

Im starken Kontrast dazu steht Neffe Marvin, Berliner Großstadt-Hipster mit Jugend-Slang aus der Generation Z, der sich mit Mitte 20 beruflich noch nicht so ganz festgelegt hat: „Ey Digga wenn arbeiten, dann höchstens Vier-Stunden-Woche, aber maximal einmal im Monat“, ist Marvin überzeugt. Und so lieferten sich die Beteiligten einen verbalen Schlagabtausch und diskutierten über aktuelle gesellschaftliche und politische Themen wie Klimawandel, Krieg oder Sprachwandel.

Bis Onkel Heini genug hat von den Diskussionen darüber, welche Generation im Recht ist und ob früher nicht alles so viel unbeschwerter war, als heute und seinen streitlustigen Verwandten eine Lebensweisheit mit auf den Weg gibt: „Welches ,Früher' war denn besser? Die 50er Jahre mit Lebensmittelknappheit? Die 60er, als Homosexualität noch verboten war? Oder die 70er, als Frauen nur dann arbeiten durften, wenn sie ihre Arbeit an Herd und Familie nicht vernachlässigten? Früher war nicht alles besser. Früher ist nur länger her. Das Vergangene machen wir uns oft sehr viel schöner, als es tatsächlich war. Wir gucken depressiv nach vorne und mit einer rosaroten Brille zurück“, resümiert Jens Neutag in der Rolle von Onkel Heini.

Humor und Denkanstöße

Der Kabarettist überzeugt das Publikum an diesem Abend mit seiner pointierten Erzählweise und einer perfekten Balance zwischen Humor und tiefgründigen Denkanstößen. Ganz ohne Requisiten, allein durch Mimik, Gestik und Sprechweise, schlüpft er in die Rollen der verschiedenen Charaktere, der er überaus glaubhaft verkörpert. Auf überspitzte, aber humoristische Art und Weise stellt der Remscheider die Stereotype der „alten weißen Männer“-Generation und der Generation Z in starken Kontrast zueinander und macht deutlich, dass es Meinungsverschiedenheiten geben darf, am Ende aber das Miteinander statt das Gegeneinander zählen sollte.

Nachtmodus
KStA abonnieren