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Ein Original sagt AdieuWalter Jordan gibt die Leitung des Bergneustädter Heimatmuseums ab

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Foto eines Mannes, der bei Kaffee und Kuchen sitzt.

Unzählige Anekdoten kann Walter Jordan bei einer Tasse Kaffee im Heimatmuseum in Bergneustadt erzählen.

Seit 2008 hat Jordan das Museum an der Wallstraße in Bergneustadt entwickelt, nun ist Schluss. Die Nachfolge steht schon fest.

Als erstes wird Tee gekocht. Als dann die bauchige Kanne auf dem Stövchen steht, durchzieht ein würziger Duft nach Darjeeling das kleine Büro im Bergneustädter Heimatmuseum. Museumsleiter Walter Jordan stellt Plätzchen hin, setzt sich und stellt klar: „Eigentlich möchte ich gar nicht so viel Aufhebens um meine Person.“ Ein Wunsch, der Utz Walter vom Heimatverein „Feste Neustadt“, dem Trägerverein des Museums, ein freundliches Kopfschütteln entlockt. „Walter war seit 2008 Herz und Seele unseres Museums. Ein würdiger Abschied muss sein.“

Bergneustädter will sich aber weiter um Hochzeiten kümmern

Denn Walter Jordan zieht sich – zumindest ein Stück weit – nun aus dem Tagesbetrieb zurück. Die Bergneustädterinnen Antje Schnellenbach, die sich demnächst vorrangig um die Hochzeiten kümmert, und Pavla Brandsch steigen in die Museumsleitung ein. Walter Jordan will unterstützen, eventuell einzelne Führungen anbieten und außerdem weiterhin Trauungen durchführen.

Und dann folgen gute zwei Stunden voller Geschichten, Erinnerungen und voller Lachfältchen, die sich um Walter Jordans Augen bilden, wenn er von Bergneustädter Originalen, von Hochzeitspaaren und Museumsgästen erzählt. Ein Schneeeinbruch ist Thema, der Museumsleiter stellte fest, dass er eingeschneit ist und beschloss, besser im Museum zu übernachten. Im oberen Stock existiert ein Schlafzimmer mit Bett – 1,40 Meter lang, mit Strohsack als Matratze. „Zum Schluss habe ich im Trauzimmer unter dem Tisch genächtigt, denn das Stroh war doch etwas muffig. Es wurde dann anschließend sehr zügig ausgetauscht“, berichtet Walter Jordan lachend.

Walter war seit 2008 Herz und Seele unseres Museums. Ein würdiger Abschied muss sein.
Utz Walter, Vorsitzender des Heimatvereins, über den Abschied für Walter Jordan

Als er 2008 als Museumsleiter anfing, war den Mitgliedern des Heimatvereins klar, dass sie genau die richtige Wahl getroffen hatten. Utz Walter sagt: „Wir kannten sein großes Organisationstalent schon von der 700-Jahrfeier der Stadt, bei der er die Gesamtkoordination innehatte.“ Dieses Talent, aber auch sein Blick fürs Detail, waren in der ersten Zeit als Museumsleiter genau richtig. Denn zunächst galt es, Spinnweben zu entfernen, unzählige Exponate zu sichten, gründlich aufzuräumen, ein Büro einzurichten und vor allem technische Verbesserungen in Angriff zu nehmen.

Außerdem ordnete Jordan bergeweise Schlüssel zu, die heute – nahezu alle – akribisch beschriftet sind. Mit ganz viel Fingerspitzengefühl gegenüber den Spendern der Exponate dünnte er die Stücke aus, so dass zum Schluss nicht mehr „30 Bügeleisen der exakt gleichen Machart“ in den Vitrinen standen. „Eine vorsichtige und diplomatische Ablehnung von Schenkungen ist durchaus eine Kunst“, ist Utz Walter überzeugt.

Walter Jordan prüft die Bergneustädter Bürgermeisterkette

Schließlich wurde auf Betreiben des Museumsleiters zudem eine neue Einnahmequelle aufgetan: das Heiraten im Museum. Rund um die Uhr wird seither in dem Museum in der Bergneustädter Altstadt getraut. Auch hier hat der 73-jährige seinen Blick für alle Details, damit der Tag unvergesslich wird. Dieser Blick fällt hie und da auch kritisch auf die Bergneustädter Bürgermeisterkette, die Jordan vor Festen eigenhändig putzt.

Für Führungen mit Walter Jordan mussten Besucherinnen und Besucher immer ein bisschen Zeit mitbringen, denn Geschichten erzählen kann er wie kein Zweiter. Schon als Ali ben Juffi auf Mittelaltermärkten hat er sich Geschichten erzählen lassen und selber viel geplaudert. Auch das, was die Museumsbesucher von nah und fern ihm aus der guten alten Zeit berichten, behielt er im Kopf.

Jede Menge weiteres Wissen, auch das für die Sprichwortführungen, hat er sich im Laufe der vergangenen Jahre angelesen. „Es passt schon ganz gut, dass einer meiner Freunde der syrische Schriftsteller und Märchenerzähler Rafik Schami ist“, verrät Walter Jordan lächelnd, um sich dann gleich wieder um die Details für die nächste Veranstaltung zu kümmern.