Bestattungsfachkraft19-jährige Lindlarerin erklärt ihre außergewöhnliche Berufswahl
Lindlar/Bergisch Gladbach – Es gibt eine Sache, um die niemand herumkommen wird: den Tod. Doch offen darüber sprechen wollen die Wenigsten von uns. Für Menschen wie Rosa Braun aus Lindlar ist das Thema ganz normal und alltäglich, denn die 19-jährige hat sich für eine Ausbildung als Bestatterin entschieden. Ausbildungsbetrieb ist das Bestattungshaus Pütz-Roth in Bergisch Gladbach.
„Oh Gott, Rosa, wieso?“, das war die erste Reaktion von Freunden und Familie, als sie ihren Entschluss bekanntgab, Bestatterin zu werden. Mittlerweile hat sich ihr Umfeld an die Ausbildungswahl gewöhnt und alle finden es gut, sie stellen viele Fragen.
„Beerdigung hat man nur einmal im Leben“
Auf die Idee gekommen, sich für diesen Berufszweig zu entscheiden ist sie, nachdem sie als Siebzehnjährige mit ihrer Firmgruppe in einem Beerdigungsinstitut zu Besuch war. „Ich war sehr verwundert, dass ich so gar kein Problem damit hatte“, erinnert sich Braun. Ein Praktikum im Anschluss bestätigte die zierliche junge Frau umso mehr.
Ihr täglich Brot ist es, Verstorbene abzuholen und die Einsargung zu übernehmen. Sie schlägt die Särge aus, richtet den Toten für seine letzte Ruhe schön her und bereitet die Beerdigungen vor. Dabei findet sie es besonders spannend, den Fortschritt zu betrachten und dabei involviert zu sein, den Verstorbenen für seine letzte Reise vorzubereiten. „Beerdigung ist wie eine Hochzeit, das hat man nur einmal im Leben“, so die 19-Jährige. Sie war nach eigener Aussage erst einmal überrascht, wie hübsch man einen Verstorbenen herrichten kann.
Ausbildung zur Bestattungsfachkraft
Berufsschulen in Deutschland bilden Bestattungsfachkräfte aus, denn der Beruf Bestatter ist nicht geschützt. Eine Berufsschule ist das Bergische Berufskolleg Wipperfürth-Wermelskirchen am Standort in Rhein-Berg mit der Landesfachklasse NRW. Für Bestatterinnen und Bestatter gelten zahlreiche, genau genormte, handwerkliche Abläufe im Arbeitsalltag. So ist zum Beispiel die hygienische Versorgung der Leichname ebenfalls Teil der Ausbildung zur Bestattungsfachkraft. Ein spezielles Regelwerk schreibt Bestatterinnen und Bestattern genau vor, wie sie Verstorbene zu waschen und zu desinfizieren haben und das war bereits vor der Corona-Pandemie der Fall. Dazu kommt die zwingend erforderliche, zwischenmenschliche Kompetenzen wie Einfühlungsvermögen für die besondere Situation von Trauernden, informiert der Bundesverband Deutscher Bestatter (BDB).
Zu der theoretischen Ausbildung an Berufsschulen gehören deshalb neben dem kaufmännisch-verwaltenden Bereich, zum Beispiel auch fachbezogener Religions- und Ethikunterricht sowie Trauerpsychologie.
Auch die Begleitung der Hinterbliebenen und das Dekorieren für die anstehende Beerdigung gehören zu ihren Aufgaben. „Das ist ein Punkt, den so manchen dazu motiviert, sich für den Beruf bei uns bewerben. Doch wenn wir dann zum Praktikum einladen und die Anwärter mit in den Raum nehmen, wo die Toten aufgebahrt sind, schrecken viele zurück. Das war es dann mit dem Praktikum und sie können nach Hause gehen“, erzählt Brauns Ausbilder Florian Dorff, selbst gerade einmal 25 Jahre jung.
Es gehöre halt mehr dazu, als nur kreativ und empathisch zu sein. Für 2021 seien schon um die 25 Bewerbungen hereingekommen, aber die meisten hätten dann doch falsche Vorstellung, was es bedeutet, Bestatter zu werden. So abwechslungsreich der Job ist, so körperlich anspruchsvoll ist er, die Toten müssen transportiert werden – mit und ohne Sarg, aber immer mit Würde.
Der Beruf hat viele Facetten
Braun besucht das Berufskolleg in Wermelskirchen während der dreijährigen Ausbildung. Weil es eine der wenigen Berufsschulen ist, die den Ausbildungsberuf anbieten, kommen die Klassenkameraden aus ganz Deutschland. Das Verhältnis zwischen Frauen und Männer sei recht ausgeglichen. In der Regel seien die Azubis zwischen 16 und 25 Jahren alt.
Schlucken müssen auch Braun und Ausbilder Dorff, beispielsweise, wenn jemand keine natürliche Todesursache hatte. Das schlimmste, an das sich Braun, die im ersten Lehrjahr ist, erinnern kann, sei ein ungefähr dreijähriges Kind gewesen, das sie einbetten musste. „Da war ich dann froh, dass ich zwei Tage frei hatte. Das war hart“, entsinnt sich die junge Frau. „Auch ist es nicht so schön, wenn jemand keine Angehörigen hat, da kann es auch mal sehr streng in der Wohnung riechen, wenn wir zum Abholen kommen“, fügt Dorff hinzu.
Zwar tragen Bestatter dienstlich alle einen schwarzen Anzug, die Männer Krawatte und treten eher klassisch elegant auf, doch abseits der beruflichen Verpflichtungen seien sie in ihrer Ausbildungsklasse fröhliche junge Leute mit ganz normalen Hobbys und Interessen. „Wir verbringen auch privat alle viel Zeit miteinander, berichtet sie. Vor allem sei es für das Team wichtig, sich auffangen und miteinander Spaß haben zu können, alles muss menschlich passen.
Normalerweise sind die Auszubildenden auch eingebunden in die Vorbereitung und Durchführung von Trauerfeiern, was coronabedingt aktuell eher wegfällt. Trotz, dass Braun auch mal nicht so schöne Sachen erlebt, überwiegen für sie die positiven Momente in ihrem Job und dazu gehört für sie zu einem ganz großen Teil die Dankbarkeit der Angehörigen: „ein Gefühl, das man nicht beschreiben kann“.