DialektatlasForscher suchen Oberberger, die Platt sprechen können
Um die schwindende Vielfalt der Mundarten in NRW zu dokumentieren und zugleich einen Überblick über den Sprachwandel zu bekommen, haben Germanisten der Universitäten Bonn, Münster, Paderborn und Siegen vor zwei Jahren damit begonnen, einen „Dialektatlas Mittleres Westdeutschland“ zu erarbeiten. Ziel ist die systematische Erfassung der Dialekte in NRW und in angrenzenden Teilen von Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Die dialektale Sprache wird computergestützt erhoben und in einer Datenbank abgelegt. Die Aufnahmen sollen später durch Mausklick in einer Karte abrufbar sein.
Die Forscher haben die NRW-Landkarte in 9 mal 12 Kilometer große Felder unterteilt und in jedem Gitterfeld drei Orte mit mehr als 500 Einwohnern ausgewählt. Das sind vorrangig die Orte, die bereits in dem Dialektatlas auftauchen, die der Sprachwissenschaftler Georg Wenker in den 1870er Jahren zusammengestellt hat. Im Oberbergischen Kreis werden es etwa 30 Dörfer sein, in ganz NRW mehr als 1000. Über die Kommunalverwaltungen und Vereine nehmen die Sprachwissenschaftler Kontakt zu Mundartsprechern auf.
Für Oberberg ist die Uni Siegen zuständig. Petra Solau-Riebel vom Germanistischen Institut sucht in einigen Dörfern noch nach geeigneten Testpersonen. Konkret geht es um Morsbach-Holpe, Gummersbach-Niederseßmar, Reichshof-Eckenhagen, Bergneustadt-Pernze, Marienheide-Müllenbach und Gummersbach-Berghausen. Da der möglichst älteste Sprachgebrauch erfasst werden soll, werden zwei Personen ab 70 Jahren befragt. Möglichst eine Frau und ein Mann, die am Ort aufgewachsen sind und mindestens ein Elternteil haben, das ebenfalls dort geboren wurde. Um auch den Sprachwandel zu dokumentieren, sollen später in etwa der Hälfte der Orte zusätzlich jeweils zwei jüngere Personen im Alter von 30 bis 40 Jahren befragt werden. Die Testpersonen werden von einem Explorator zu Hause besucht und drei bis fünf Stunden lang befragt. Im Dialekt sollen sie Fragen beantworten, Redewendungen übersetzen und Bilder beschreiben. Als Grundlage für die Erhebungen dient ein Fragebuch mit 800 Aufgaben. Zum Beispiel die Antwort auf die Frage: „Wie viele Äpfel liegen da auf dem Tisch?“
Die Sprachforscherin Solau-Riebel ist auf die Ergebnisse gespannt: „Die Sprachgrenzen des sogenannten Rheinischen Fächers führen mitten durch das Untersuchungsgebiet. Ich erwarte eine ähnliche Mischung von Dialekten, wie ich sie aus dem Siegerland kenne, nur mit sehr viel härteren Einschnitten.“
Wer sich als Mundartsprecher zur Verfügung stellen möchte oder jemanden kennt, der geeignet wäre, melde sich unter solau-riebel@germanistik.uni-siegen.de oder unter V 0151/ 28 89 54 87. (tie)