Turnen vorm LaptopSo läuft der Distanzunterricht in Oberbergs Familien ab
Osberghausen – Die Zeugnisse sind verteilt, am Montag hat das zweite Schulhalbjahr begonnen und der Lockdown geht in die nächste Runde. Dabei gilt: Der Distanzunterricht fällt von Familie zu Familie ganz unterschiedlich aus, manchmal ist er auch kein Homeschooling, das zeigt ein Besuch bei den Familien Singer und Krieger in Engelskirchen-Osberghausen.
Dort meistern Alicia (10) und Madita (7) Singer und ihre Freunde Lena (10) und Jan (7) Krieger ihren außergewöhnlichen Schulalltag. Die Singer-Mädchen besuchen die Gemeinschaftsgrundschule Ründeroth und nehmen derzeit die Notbetreuung der Offenen Ganztagsschule (OGS) in Anspruch, weil die Eltern in Vollzeit arbeiten.
Lernvideos und Aufgaben gibt es im Internet
Bis 15.30 Uhr werden sie in der Schule beaufsichtigt. „Wir machen in der OGS normal unsere Schulaufgaben, nur nicht in unseren Klassenräumen“, erzählt Alicia. „Die OGS-Betreuer schauen, dass wir mit den Aufgaben vorankommen.“ Die Kinder arbeiten mit Aufgabenblättern und schauen sich Internetvideos an. Die Zehnjährige meint: „Cool finde ich, dass wir viel weniger Schüler sind – da kann man besser lernen. Doof ist, dass man niemanden mehr aus der Klasse sieht.“ Für die Nachbereitung der Lehrinhalte zu Hause ist Mama Nicole zuständig, die Eltern stehen mit den Lehrern per E-Mail in Kontakt. „Das Pensum ist sehr hoch, deshalb konzentrieren wir uns auf die Hauptfächer“, berichtet Mutter Singer.
Nachbarsjunge Jan ist ebenfalls ein Ründerother Grundschüler, geht aber nicht in die Betreuung. Seinen Wochenplan arbeitet er am Esstisch ab, wo er ein Elternteil jederzeit um Hilfe bitten kann. „Wir arbeiten beide und müssen uns jede Woche neu organisieren, wer die Betreuung übernimmt“, schildert Mama Carmen . „Ich merke schon, dass ich keine Pädagogin bin, wenn ich Jan etwas erkläre. Es ist eine Herausforderung.“
Durchgängig Schule nach Stundenplan
Anders ist es bei der zehnjährigen Lena, die schon auf das Aggertal-Gymnasium geht. „Ich habe von 7.45 bis 13 Uhr durchgängig Schule über die Videosoftware Microsoft Teams. Wir haben unseren normalen Stundenplan – sogar Sportunterricht“, berichtet die Gymnasiastin. „Dann lege ich mir eine Isomatte auf den Boden und stelle den Laptop so hin, dass der Lehrer mich sieht. Der turnt dann vor der Kamera und macht Hampelmänner.“ In den Kinderzimmern hampelt die Klasse mit.
Nicht so schön für die Zehnjährige: „Wir kriegen auch in Fächern Hausaufgaben auf, in denen wir sonst keine bekommen hätten. In der Kunststunde lernen wir zum Beispiel, wie 3D-Malen funktioniert und als Hausaufgabe sollen wir dann zwei Bilder malen.“ Und das Erklären funktioniert übers Internet auch nicht so leicht, wie im Klassenraum. „In Teams muss ich erst einmal beschreiben, wo ich gerade im Buch bin und was ich nicht verstehe. In der Klasse kann ich dem Lehrer mein Problem einfach zeigen.“
Vorfreude auf das große Wiedersehen
In normalen Zeiten konnten sich die Nachbarskinder auf ihre gemeinsamen Hobbys nach dem Unterricht freuen. „Jan und ich spielen zusammen beim TSV Ründeroth Fußball“, sagt Madita. Schwester Alicia erzählt: „Lena und ich sind zusammen in der Engelskirchener Schlossgarde und in der DLRG. Jetzt spielen wir stattdessen zusammen draußen.“ Die gemeinsame Zeit an der frischen Luft ist für die Kinder der Höhepunkt des Tages. Sie spielen Fangen, schießen auf das Fußballtor im Garten, sprechen mit Walkie-Talkies, die von Haus zu Haus reichen, oder denken sich eigene Spiele aus.
Die älteren Mädels haben außerdem das Schreiben für sich entdeckt. „Wir schreiben uns Zettel, stecken sie in einen Joghurt-Becher und stellen ihn vor die Haustür“, verrät Alicia. Briefe schreibt die Zehnjährige auch an ihre Lehrerin. An eine Freundin und ihren Onkel schreibt sie zur Übung sogar auf Englisch.
Dennoch können die Kinder alle kaum erwarten, ihre Schulkameraden und Freunde wiederzusehen. Jan sagt: „Ich freue mich am meisten auf Fußballturniere. Da spielt man den ganzen Tag gegen viele Mannschaften.“