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Ansichtskarten der VergangenheitWie Oberberg sich weihnachtlich geändert hat

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Im Gebet: Die Engel verliehen der Volksfrömmigkeit Flügel.

Engelskirchen – Schon in frühchristlicher Zeit tauchen in den Werken der bildenden Kunst Engel auf. Sie scheinen männlichen Geschlechts zu sein, Flügel sucht man bei den Darstellungen vergeblich. Erst ab dem vierten Jahrhundert werden die Engel nach dem Vorbild antiker Götterfiguren in weiße Gewänder gekleidet, mit Sandalen, einer Schriftrolle, Zepter und Heiligenschein ausgestattet.

Mit B davor: Ein Neujahrsgruß – humorvoller als die Polizei erlaubt.

Im Laufe der Jahrhunderte unterliegt das Bild der Himmelsboten einer weiteren Wandlung. Im zwölften Jahrhundert kommen die „Kindsengel“ auf. In der Frührenaissance entstehen daraus die Putten – nackte Knaben mit und ohne Flügel. Auf der Postkarte ab Ende des 19. Jahrhundert haben Engel dann meist die Gestalt kleiner Mädchen.

Engelmuseum

Die Weihnachtsausstellung im Engelskirchener Engelmuseum zeigt bis 8. Februar Figuren mit Schwerpunkt auf der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre. Darunter Rauschgoldengel, die in der Zeit des Wirtschaftswunders insbesondere im Süden Deutschlands Einzug in die guten Stuben hielten, aber auch ein Unikat aus der Biedermeierzeit. (sül)

Die Briefbeförderung war bis in die 1870er Jahre umständlich und teuer. Zudem konnten viele Menschen im ländlichen Oberberg nicht lesen und schreiben. Reisen waren für die meisten unerschwinglich. So benötigten die wenigsten eine schriftliche Kommunikation. Hauptsächlich höhere Gesellschaftsschichten, Adel und Bürgertum, korrespondierten per Brief, ansonsten wurde geschäftliche Post befördert. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs das Bedürfnis, kurze Nachrichten preiswert zu versenden. Ansichts- oder Postkarten wurden ab 1870 als Medium von der Post zugelassen. Schon in den ersten Monaten wurden unerwarteter Weise massenweise Postkarten versandt. Man könnte die Ansichtskarte von damals als eine Art Vorläufer der heutigen Handy-Kurznachricht bezeichnen. Allerdings kostete das Porto einer Ansichtskarte bis 1910 noch immer stolze fünf Pfennige, was einem Viertel des Stundenlohnes vieler Arbeiter entsprach.

Vor dem Weihnachtsbaum: Die geschmückte Tanne zog im 19. Jahrhundert in oberbergische Stuben ein.

Eine Flut von Motiven wurde produziert, aber auch Fotos wurden versandt. 30 000 Personen in Deutschland waren 1900 mit der Herstellung von Postkarten befasst. Sie produzierten jährlich etwa 750 Millionen Postkarten. Engel treten vermehrt vor dem Ersten Weltkrieg anlässlich christlicher Feste auf den Postkarten auf.

Im Schnee: Dieser belgische Engel landete vor dem Krieg in Oberberg.

Kulisse ist häufig die Idylle eines Dorfs oder mittelalterlichen Stadt, oft tief verschneit, meistens des Nachts, es ist eine von der Hetze des täglichen Lebens entfernte Umgebung. Nicht immer halten sich Menschen in der Szene auf. Die Engel tauchen unbemerkt auf. Situationen wie eine schwere Krankheit werden thematisiert. Zuweilen wachen sie über unbeaufsichtigte Kinder in gefährlichen Situationen. 1914 tritt der Krieg in den Vordergrund. Der Engel schützt die schlafenden Soldaten. So wird der deutschen Bevölkerung suggeriert, dass Gott mit dem Kaiserreich kämpft.

Das erscheint heute abwegig. Aber so ganz sind die Engel nicht aus dem Bewusstsein des modernen Menschen verschwunden: In einigen Umfragen glaubt noch jeder dritte Befragte an die Existenz von himmlischen Boten.