AboAbonnieren

Heiße Phase für StollenWie die Bäckerei Felder in Engelskirchen die Kosten auffängt

Lesezeit 4 Minuten
Stefan Felder blickt durch ein Regal mit historischen Stollenbackformen in die Kamera.

Die Stollen backt Stefan Felder nach wie vor in den Formen, die schon der Großvater 1909 benutzt hat.

Ob Gebäck oder Stollen. In der Vorweihnachtszeit laufen auch in Oberberg die Backöfen in den Bäckereien auch Hochtouren. Das Problem: Den Handwerken laufen die Kosten davon. Sei es bei der Energie oder den Rohstoffen.

Knusprige Engelchen drängeln sich in durchsichtige Tüten, Heere von Spekulatiusmännern warten auf hungrige Schleckermäuler. „Das ist jetzt die heiße Phase für Stollen und Gebäck“, sagt Bäcker- und Konditormeister Stefan Felder und verziert dabei eine ganze Stadt von Schokoladen-Hexenhäusern mit bunten Kringeln, Gummibärchen und Konfekt. Alles liebevoll per Hand, sogar die Platten für die Wände und die Dächer der rund 90 Häuschen hat er selbst aus Vollmilch-Kuvertüre gegossen.

Das Christkind wartet schon

Das Christkind in seinem Postamt wartet schon auf die süßen Kunstwerke. An einem anderen Tisch in der großen Backstube zuckert Andreas Felder eine ganze Ladung von 80 Butterstollen. Damit werden die zwölf eigenen Geschäfte und Cafés beliefert, außerdem noch 30 Wiederverkäufer, Krankenhäuser und Altenheime.

„Unsere Stollen werden auch heute noch in den alten eisernen Formen gebacken, die schon unser Großvater im Jahr 1909 bei der Gründung der Bäckerei benutzt hat“, erklärt er stolz.

Tradition wird groß geschrieben

Wie in so vielen Backstuben im Oberbergischen, wird auch in der Engelskirchener Engels-Bäckerei Tradition groß geschrieben, mit bewährten Rezepten und guten Zutaten. „Aber das ist gerade alles andere als einfach“, seufzt Andreas Felder, der zuständig ist für die kaufmännischen Angelegenheiten des Familienbetriebs, und damit auch für 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Energie- und die Materialkosten fliegen uns um die Ohren
Andreas Felder, Kaufmann

„Die Energie- und die Materialkosten fliegen uns um die Ohren.“ Mehl und Zucker kosteten 60 Prozent mehr als bisher, Eier und Butter seien 70 Prozent teurer, die Preise mancher Zutaten hätten sich verdoppelt. „Wir haben sogar kurzzeitig mal überlegt, Margarine statt Butter zu verwenden. Aber Stollen, Spekulatius oder Heidesand ohne Butter – das geht gar nicht!“ Da schaudert es Konditormeister Stefan Felder. „Die Idee haben wir ganz schnell wieder verworfen.“

Einsparungen bei der Energie

Wenn schon nicht an den Zutaten – am Sparen führe dennoch kein Weg vorbei. So setze er vor allem auf Einsparungen im Energiebereich. Viele Strahler in den Geschäften bleiben aus, beleuchtet wird nur zu Zeiten, wenn es nötig ist. Auch die Kühlschränke mit Getränken werden über Nacht abgeschaltet.

„Wir haben 50 Wlan-Steckdosen installiert, damit man den Bedarf an Strom automatisch oder mit dem Smartphone steuern kann. Den großen, zentralen Gasbrenner im Keller der Backstube haben wir so programmiert, dass das Thermo-Öl, mit dem die Öfen gewärmt werden, etwas kühler ist und so zehn Prozent Energie eingespart werden“, zählt Kaufmann Andreas Felder auf.

Nur Butter- und Marzipanstollen

Die Stollen bekommen trotzdem ihre benötigte Backtemperatur, allerdings nur Butterstollen und Marzipanstollen. „Wir laufen nicht jedem karierten Hund hinterher, da sind wir bewusst konservativ“, erklärt Bäckermeister Stefan Felder. Allerdings: Vor zehn Jahren hätten sie mal für einen Weihnachtsmarkt auf Mallorca Orangenstollen mit Likör gebacken – den kauften dann aber nur deutsche Auswanderer, während die Einheimischen eigene Spezialitäten bevorzugten, erinnert sich der 57-Jährige schmunzelnd.

Stollen mit Bier und Whiskey sucht man in der Engels-Bäckerei vergeblich, ebenso Cranberry-, Dinkel- oder Nougatstollen. „Durch die Beschränkung auf unsere Highlights haben wir weniger Ausschuss, der am Abend übrigbleibt“, erklärt Kaufmann Andreas Felder und setzt dabei auf der Verständnis der Kunden, dass nicht immer jedes Produkt bis zum Ladenschluss vorrätig ist.

Gute Erfahrungen mit Vorbestellungen

Gute Erfahrungen habe man auch mit Vorbestellungen gemacht. Obendrein hilft eine App, nichtverkaufte Ware noch loszuwerden. „Das deckt wenigstens einen Teil der Rohstoffkosten ab.“ Lauter kreative Lösungen, an die vor einem Jahr noch niemand gedacht habe, resümiert der 49-Jährige, die sich aber sicherlich weiterhin bewährten, wenn die gegenwärtige Krise mal überstanden sei.

Das ist in dieser Adventszeit allerdings wohl frommer Wunsch. „Wir merken schon, dass manche Kunden ganz weg bleiben“, stellt Vera Felder, die zuständig ist für den Verkauf, fest. „Das spüren wir täglich in den Kassen, die Preissteigerungen betreffen ja nicht nur uns, sondern alle.“

Weihnachten sind alle Engelchen weg

Um Spekulatius, Engelchen und Stollen muss sie sich allerdings keine Sorgen machen. „Das ist zu Weihnachten alles weg“, weiß ihr Mann Stefan aus Erfahrung. Bis dahin werden in der Engels-Bäckerei die Öfen nicht kalt, da müssen alle mit anpacken und an Freizeit ist in der Familie Felder wie auch für ihre vielen Bäcker-Kolleginnen und Kollegen überall im Land vorerst nicht zu denken. „Durchatmen können wir erst nach Neujahr, denn nach der Weihnachtsbäckerei geht es nahtlos mit den Silvesterbrezeln weiter!“