AboAbonnieren

TorwarttrainerFür den Oberberger Julius Büscher endet die Zeit im katarischen Nationalteam

Lesezeit 4 Minuten
Julius Büscher und Familie stehen gemeinsam vor einem beleuchteten Stadion.

Vor dem Stadion wurde Julius Büscher, der Torwarttrainer der katarischen Nationalmannschaft, von seiner Familie erwartet.

Der Torwarttrainer Julius Büscher aus Engelskirchen braucht nach der Weltmeisterschaft eine Pause vom Fußball.

Nein, die Fußball-Weltmeisterschaft war für Julius Büscher und die Gastgeber-Auswahl so gar nicht wunschgemäß verlaufen. Nach drei Niederlagen aus drei Spielen verabschiedete sich die katarische Nationalmannschaft sang- und klanglos aus dem Turnier, der Traum vom Achtelfinale war geplatzt. Daran hatte auch Katars Torwarttrainer aus Engelskirchen zu knabbern.

Nach dem bitteren Ausscheiden brauchte der 42-Jährige eine Auszeit vom Fußball. „Ich hatte während und nach der WM mit meinen Emotionen zu kämpfen“, schildert der einzige WM-Akteur aus Oberberg und erklärt: „Wir haben uns mit der Mannschaft sechs Monate akribisch auf dieses Ziel vorbereitet, haben auf die WM hingefiebert – da hast du ausschließlich das Turnier im Kopf und beschäftigst dich keine Sekunde mit der Zeit danach.“

Für Katar nahm die WM sportlich nicht den gewünschten Verlauf

Doch für Katar nahm die WM sportlich nicht den gewünschten Verlauf, das katarische Fußballwunder blieb aus. Im mit Spannung erwarteten Eröffnungsspiel gegen Ecuador verlor der Asienmeister mit 0:2 – und dabei machte auch Torhüter Saad Al-Sheeb keine gute Figur. Das zweite Spiel gegen den Senegal verpasste die Nummer eins angeschlagen und auch Ersatzkeeper Meshal Barsham sorgte nicht für die nötige Sicherheit. Die 1:3-Niederlage war quasi schon gleichbedeutend mit dem Aus. „Die Leistung der Torhüter war leider nicht wirklich gut“, konstatiert Büscher ohne zu beschönigen. Das beschäftigt ihn auch Wochen später noch. „In erster Linie tut mir das total leid für die Jungs, die ich seit vielen Jahren kenne. Und natürlich fühlt man sich auch mitverantwortlich.“

Nach Katars drittem und zumindest vorerst letzten WM-Spiel der Fußball-Geschichte war Schluss. Der Gastgeber unterlag den Niederlanden mit 0:2. „Es hatte sich ja schon angebahnt, trotzdem war es nachher in der Kabine eine sehr bedrückte Stimmung. Es war für uns eine ganz besondere Zeit, die in diesem Moment zu Ende gegangen ist. Wir hätten von Beginn an in einen Lauf kommen müssen, um in einem Turnier mit diesem Gegner-Level bestehen zu können, doch das ist uns leider nicht gelungen. Das war für uns alle sehr traurig“, berichtet Büscher.

Mit seiner Familie vor dem Stadion in Katar getroffen

Der 42-Jährige verließ das Stadion zu Fuß und traf sich mit seiner Familie. Anschließend packte er im Hotel seine Sachen und fuhr nach Hause. Es war der Schlusspunkt einer aufregenden, spannenden und intensiven Zeit. Für Julius Büscher war es das große Highlight seines Berufslebens und seines Weges in Katar, den er im Januar 2009 ohne Aussicht auf die Fußball-WM gestartet hatte.

„Vom größten mannschaftssportlichen Event der Welt fällt man gefühlt ins Nichts“, beschreibt der Engelskirchener seine Situation im Anschluss an die WM. Es sei ein Mix gewesen aus „Leere und Unsicherheit, ob beziehungsweise wie es weitergeht“. Kurz vor dem Jahreswechsel folgte die Gewissheit – und eine weitere Enttäuschung, die es zu verarbeiten galt.

„Wir haben am 30. Dezember die Information erhalten, dass unsere Verträge nicht verlängert werden. Zehn Tage später haben wir uns dann innerhalb des Trainerteams verabschiedet. Wir haben zwölf Jahre zusammengearbeitet, das war mehr als kollegial. Da sind auch Freundschaften entstanden und man vermisst die Menschen, die man zuletzt über eine lange Zeit täglich gesehen hat. Das ist einfach sehr schade“, berichtet Büscher.

Die Fußball-Weltmeisterschaft ist Geschichte. Wie fällt mit etwas Abstand der Rückblick auf dieses Highlight aus? „Vor dem Turnier ist man schon stolz, dass man ein Teil davon sein darf, man spürt aber auch enormen Druck und Anspannung. Eine Fußball-WM ist zu groß, um es währenddessen genießen zu können. In den Tagen steht man unter Strom und versucht sich auf das zu konzentrieren, was man eventuell beeinflussen kann.

Auch wenn es sportlich für uns nicht wie erhofft lief, haben wir die Chance gehabt, die Mannschaft des Gastgebers professionell auf ein großes Turnier vorzubereiten. Das war außergewöhnlich“, sagt Büscher und fügt an: „Ich bin unglaublich dankbar, dass ich das erleben durfte – die gesamte Zeit und nicht nur die WM.“

Nachdem er Anfang des Jahres erstmals seit 14 Jahren arbeitslos war, ist Büscher seit Mitte Februar wieder als Torwarttrainer bei der Aspire Academy tätig – zurück dorthin, wo 2009 alles begonnen hatte. Es war der Startpunkt einer verrückten Erfolgsgeschichte in der zweiten Heimat des Engelskircheners, die zwar sportlich nicht mit einem erfolgreichen Abschneiden bei der Weltmeisterschaft gekrönt wurde – doch die Erinnerungen und Erfahrungen, sowie selbst einmal Teil einer Fußball-WM gewesen zu sein, nimmt Julius Büscher niemand mehr.