Vom Buschfeuer bis zum Verkehrsunfall: Der Engelskirchener Matthias Steinfort (38) bildet Einsatzkräfte im Distrikt Karagwe aus.
Heißes EhrenamtEngelskirchener trainiert Feuerwehrleute im Norden Tansanias
Wenn es in Kayanga und Umgebung kokelt, ist der Schaden schnell enorm. Die welken Blätter der Bananenpalmen bieten jedem Funken den perfekten Nährboden, vor allem aber kann sich das Feuer im Norden Tansanias in Seelenruhe ausbreiten. Genau sechs Feuerwehrmänner haben den Schutz von Mensch und Besitz in dem Distrikt übernommen, der so groß ist wie der Kölner Regierungsbezirk, den aber nur eine Handvoll befahrbarer Pisten durchzieht. Es dauert also, bis die Feuerwehr überhaupt eintrifft.
Engelskirchener zog es 2013 zur Feuerwehr in Abu Dhabi
Nun hat die Truppe um Bezirksfeuerwehroffizier Peter Mmbare Tipps und Tricks zur Bekämpfung von Flammen und zur Lösung allerlei anderer Aufgaben bekommen – und zwar aus Oberberg. Matthias Steinfort (38) hat die eigene Karriere als Floriansjünger bei der Lindlarer Jugendfeuerwehr gestartet und sich anschließend im Löschzug Engelskirchen engagiert. Seit 2013 jagt er das Feuer bei der Berufsfeuerwehr Abu Dhabi. Aus der Hauptstadt der Arabischen Emirate ins ostafrikanische Nirgendwo unweit des Viktoriasees kam er über das European Fire and Rescue Support Team (EST), das eine Art ehrenamtliche Entwicklungshilfe durch deutsche und österreichische Feuerwehrleute koordiniert.
Drei Wochen brachte Steinfort den Männern der Feuerwache in Kayanga die komplette Grundausbildung bei, vom einfachen Handgriff bis zur kniffligen Löschtaktik. An Ausrüstung fehlte es dort nicht, im Gegenteil. Im Vorfeld hatte das EST Helme, Schutzjacken und viel Technik nach Tansania geschickt – oft ausrangierte, aber durchaus noch funktionstüchtige Gegenstände, die etwa Werksfeuerwehren großer deutscher Firmen gespendet hatten. Tatsächlich waren die Pakete auch in Kayanga angekommen, allerdings hatte sich niemand getraut, sie auszupacken, da die Männer unsicher waren, wozu man sie benutzen könnte.
Riesig war dafür das Interesse an Steinforts Besuch. War anfangs die Schulung von 15 Feuerwehrleuten geplant, vergrößerte sich die Gruppe schnell auf mehrere Dutzend Einsatzkräfte, auch aus den Nachbardistrikten. „Zum Teil haben die Jungs zehn Stunden Anreise mit dem Auto auf sich genommen. Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass da ein weißer Typ kommt, der was über die Feuerwehr erzählt“, berichtet Steinfort und schmunzelt. Täglich wurde zwölf Stunden lang geübt: Steinforts Schützlinge stellten Leitern auf, stauten einen Bach und wagten sich an die Pumpe. Sie lernten alles über Gefahrenschilder auf Fässern und wie man Löschschaum erzeugt. An einem Samstag funktionierte der Oberberger die benachbarte Schule zum Trainingsareal für Atemschutztrupps um. Um die schlechte Sicht im Rauch zu simulieren, wurden die Masken mit Folien abgeklebt.
„Das Training war für beide Seiten ein riesiges Erfolgserlebnis“, betont der 38-Jährige. „Wäre es nach der Gruppe gegangen, hätten wir abends sogar noch zwei oder drei Stunden länger gemacht.“ Zwischen den Einheiten standen Gespräche mit Feuerwehr-Chef Mmbare und Politikern auf dem Programm, um für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Feuerwehr und vor allem die Einrichtung eines Notrufs zu werben. Den gibt es in dem Bezirk mit rund 650 000 Einwohnern nämlich bislang gar nicht. „Wenn etwas passiert ist, fährt einer zur Feuerwache und hofft, dass einer da ist“, erklärt Steinfort das übliche Prozedere.
Nachdem das Tanklöschfahrzeug von Kayanga im vergangenen Jahr den Geist aufgegeben hat, düst Mmbare inzwischen mit einem umlackierten Notarztwagen aus Niedersachsen vorweg, um die Situation zu erkunden. Seine Männer folgen mit Gerät, das sie eilig auf den Pick-up des Metzgers gleich neben der Feuerwache wuchten. Trotzdem: Matthias Steinfort ist überzeugt, dass der Grundstein für einen deutlich besseren Brandschutz gelegt ist.
Natürlich seien die erwähnten Buschbrände immer noch nicht mit einer Handvoll Feuerwehrleuten schnell zu löschen. Aber die Männer hätten jetzt eine Vorstellung, wie man die Flammen auf unbewohntes Gebiet lenken könne und sich selbst weniger in Gefahr bringe, so Steinfort. Über eines freut er sich ganz besonders: Von der Wache in Kayanga trudeln inzwischen mehr und mehr Anfragen nach Ersatzteilen ein – für Matthias Steinfort der eindeutige Beweis, dass die Feuerwehrmänner von Kayanga mittlerweile tatsächlich mit der Technik arbeiten.
Hinter der European Fire and Rescue Support Association steckt eine Hilfsorganisation, in der sich Einsatzkräfte der Berufs- und der Freiwilligen Feuerwehr sowie Mitarbeitende im Rettungsdienst aus Deutschland und Österreich zusammengetan haben. Ziel ist es, die Hilfe bei Notfällen, vor allem in Kenia und Tansania, zu professionalisieren. Matthias Steinfort gehörte 2015 zu den Gründungsmitgliedern. Er verantwortet die Ausbildungskonzepte, der Trip nach Karagwe war sein erster Einsatz dort.