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GeddidEngelskirchener App will dem Einzelhandel helfen

Lesezeit 5 Minuten
Das Team des Start-ups Geddid in einem Kölner Co-working-space. 
Nastassia Braun, Katharina Bregenzer, Kevin Styra, Christina Schaub, Fabian Binz, Matthias Schott (von links).

Das Team des Start-ups Geddid in einem Kölner Co-working-space.

Die App Geddid aus dem oberbergischen Engelskirchen will auch kleinen Einzelhändlern helfen, sich online zu behaupten.

In einem Jahrzehnt hat sich Janina Bockmeiers Kinderladen „Zwergenbande“ von einem Geheimtipp zu einer festen Größe in der Innenstadt entwickelt. Doch Anfang Juni musste sie die Türen schließen: Die Miete war so teuer, dass es sich trotz Stammkundschaft kaum rechnete. Auch die Flensburger Lokalzeitung berichtete.

Bockmeier verlegte die Zwergenbande in die 2700-Einwohner-Gemeinde Wanderup, 14 Kilometer entfernt von Flensburg. Ihre Kunden folgten ihr, neue kamen hinzu. Es geht weiter und geholfen habe ihr das Start-up „Geddid“ aus Engelskirchen-Ründeroth.

Hilfe für die „Zwergenbande“

Auf der Plattform von Geddid verkauft Bockmeier unter dem Namen „Pernilles Welt“ Kinderkleidung und skandinavische Produkte. Ab Oktober wird ihr neues Ladenlokal in Wanderup eröffnen und als Verkaufsstudio dienen.

Derzeit nutzen 35 Einzelhändler die App und erreichen damit 12000 Kundinnen und Kunden. Geddid ging im November 2023 live und befindet sich noch in der Startphase, was für das Gründertrio um Christina Schaub Sieben-Tage-Wochen bedeutet.

Investorensuche in München auf der Seamless Europe

Am Montag reiste die 34-jährige Schaub mit ihren Mitgründern Kevin Styra und Fabian Binz zur Digitalhandelsmesse Seamless Europe nach München. „Wir sind gerade mitten in der nächsten Finanzierungsrunde“, erklärt Schaub.

Das bedeutet, dass die Gründer nach Investoren suchen, um ihr Geschäft auszubauen. Diese Woche soll die Desktop-Version starten, damit Kunden auch ohne Smartphone über den Browser bei Geddid einkaufen können.

Geddid bietet ein Verkaufssystem für Einzelhändler, das für Live-Shopping-Events konzipiert ist. Verkäufer präsentieren ihre Waren in einem Stream, und die Zuschauer können bestellen, kommentieren und Fragen stellen.

Geddid übernimmt Bezahlung und Abrechnung

Geddid übernimmt die Abwicklung, Bezahlung und Abrechnung. „Wir haben einen Rahmenvertrag mit der Gema“, erklärt Schaub, sodass Händler auch Musik abspielen können. Das Konzept des Liveshoppings stammt ursprünglich aus Asien, wie Styra erläutert.

Er begann 2018 selbst als Live-Verkäufer für Secondhand-Mode. „In Asien ist das Einkaufssegment der Kurzvideo-App Tiktok bereits ein Wirtschaftsfaktor“, berichtet der 32-jährige Industriekaufmann.

Geddid hat das Prinzip an die mitteleuropäischen Einkaufsgewohnheiten angepasst. „Unsere Server stehen zum Beispiel ausschließlich in der EU“, betonen die Gründer.

Unterstützung für den Einzelhandel

Geddid soll vor allem den hiesigen Einzelhandel unterstützen. Gründerin Schaub kennt diesen aus dem Gardinenladen ihrer Mutter in Ründeroth. Sie ist überzeugt, dass Geddid kleinen Einzelhändlern neue Kundenstämme erschließen kann.

„Nicht jeder Händler muss technikaffin sein“, betont Fabian Binz, der oft „the Brain“ oder „der Problemlöser“ genannt wird. Er hat die Anwendung so gestaltet, dass ein Smartphone ausreicht, um teilzunehmen.

Ein Online-Shop lässt sich auch aufbauen und betreiben, die Bezahlung erfolgt wie beim Liveshopping über eine Provision. „Wir haben auch eine Agentur für Liveshopping, falls jemand partout nicht selbst vor die Kamera will“, fügt Schaub hinzu.

Gründer lernten sich durch Zufall auf der IAW in Köln kennen

Schaub und Styra lernten sich 2022 per Zufall auf der Internationalen Aktionswaren- und Importmesse IAW in Köln kennen. Die Event-Managerin und der Industriekaufmann sahen Potenzial im Liveshopping, suchten aber noch nach der richtigen Umsetzung.

Fabian Binz, der sich um die Technik kümmert, stieß als Dritter hinzu. „Er hatte gerade in Aachen Luft- und Weltraumtechnik studiert“, erinnert sich Schaub. Zwischen den drei Gründern stimmte die Chemie, und Christina Schaub wurde zur CEO – zur Chief Executive Officer und Firmensitz wurde Ründeroth.

Wir wollen Online-Shopping mit der persönlichen Beratung und sozialen Interaktion des stationären Handels verbinden
Christina Schaub (34), Co-Gründerin von Geddid

„Im Moment geht das noch, aber wir wollen wachsen“, erklärt Schaub. Perspektivisch sucht Geddid nach Geschäftsräumen, idealerweise in einem Gründer-Hub. „Netzwerken mit anderen Gründern ist unglaublich wichtig“, betont Schaub.

Hilfe vom Kölner Investor Ardeschir Habibi

Das erste Jahr war dennoch hart, und das Gründertrio fand Unterstützung bei dem Kölner Investor Ardeschir Habibi. Über seine Firma Cologne Invest finanziert Habibi auch ausgefallene Geschäftsideen und lotst Gründer durch die Anfänge. Im Start-up-Jargon heißt das „Angel Investor“ – Engelinvestor.

Aktuell wollen die drei Gründer die Reichweite von Geddid erhöhen, aber nicht um jeden Preis. „Wir wählen aus, wer zu uns passt“, betont Schaub. Es sollten qualitativ hochwertige Produkte sein, keine Billigware.

In Wanderup hat Janina Bockmeier an diesem Morgen eine neue Lieferung erhalten: Seife aus einer dänischen Manufaktur. Sie filmt sich beim Auspacken und Testen live. Bockmeier ist ohnehin oft auf Instagram aktiv. „Da fiel mir das leicht und ich kann meine Kunden teilhaben lassen.“

Nicht jedes Produkt aus dem Laden zieht auch Online

Beim Wechsel vom reinen Ladenlokal hin zum Liveshopping-Seller stellte sie jedoch fest, dass nicht jedes Produkt aus dem Laden auch online gut läuft – und umgekehrt. Jüngst entdeckte sie einen Lakritze-Hersteller aus Finnland, dessen Produkte sich online gut verkaufen: „Das würde in der Innenstadt im Laden oft übersehen. “

Auch Gründer Styra hat aus seiner eigenen Arbeit als Liveshopping-Seller eine Erkenntnis gewonnen: „Es gibt weniger Retouren als im klassischen Online-Handel, weil ich die Kunden ja live berate. “


So funktioniert die Shopping-App Geddid

Über die App Geddid können Einzelhändler ohne viel technisches Vorwissen Produkte live verkaufen und einen Online-Shop aufbauen. Händler führen im Stream Verkaufsgespräche wie im Laden und zeigen Produkte, während die Kundinnen und Kunden zuschauen und Fragen stellen können.

Die Plattform will so Online-Shopping mit „der persönlichen Beratung und sozialen Interaktion des stationären Handels“ verbinden, sagt Co-Gründerin Christina Schaub aus Engelskirchen-Ründeroth.

Auch größere Events kann die App stemmen, so sendete der Comedian und Stimmenimitator Matze Knop (Richie) live vom Benefiz-Fußballturnier „Numero Uno Cup“ in Lippstadt und verkaufte zugunsten des gemeinnützigen Vereins Kinderlachen unter anderem signierte Fußbälle und Trikots.

Die App kann für iOS und Android in den jeweiligen App-Stores geladen werden, Kontakt für Händler über die Homepage.