Im Interview berichtet die 54-Jährige unter anderem über ihre Arbeit als Jugendleiterin der Fußballabteilung in Engelskirchen.
InterviewDFB-Ehrenamtspreisträgerin Sabine Kalwellis lebt für den VfL Engelskirchen

Sabine Kalwellis, Jugendleiterin der Fußballer des VfL Engelskirchen, verbringt viel ihrer Freizeit im Leppestadion.
Copyright: Siegbert Dierke
Sabine Kalwellis wurde vor kurzem mit dem DFB-Ehrenamtspreis ausgezeichnet. Die 54-Jährige ist Jugendleiterin der Fußballabteilung im VfL Engelskirchen und blickt in dieser Funktion auf einen ungewöhnlichen, aber auch erfolgreichen Weg zurück.
Was Ihr Ehrenamt im Sport angeht, sind Sie ja eher eine Spätberufene. Fußball haben Sie selber nie gespielt. Wie kommt es zu dem Engagement?
Sabine Kalwellis: Im Prinzip hat alles schon sehr früh angefangen. Ich bin in Köln-Höhenhaus aufgewachsen und wir wohnten direkt neben dem Fußballplatz. Ich wollte Fußball spielen, doch mir wurde erklärt, dass das nicht geht, weil es unter anderem keine nach Frauen und Männern getrennten Umkleidekabinen gebe. Ich habe mir dann alle möglichen anderen Sportarten gesucht. Bis heute reite ich noch jeden Tag.
Wie sind Sie dann trotzdem zum Fußball gekommen?
Über meinen heute 16-jährigen Sohn Maximilian, der mit drei Jahren unbedingt auf den Fußballplatz wollte. Er hat bei den Bambini angefangen, zunächst mehr mit Blümchen pflücken und als der Winter kam in der Halle etwas ernsthafter. Als er in der F-Jugend spielte, hat der Trainer aufgrund einer Verletzung sein Amt niederlegen müssen. Zum Glück war ein neuer Trainer schnell gefunden und um ihn zu entlasten, wurde ich Betreuerin und habe mich um alles Organisatorische gekümmert.
Es ist aber nicht bei der Betreuerin geblieben, oder?
Nein, wir hatten viele Kinder und wenig Trainer. Ich habe dann den Trainerschein gemacht. Es hat mir unheimlich viel Spaß gemacht und anschließend habe ich die E2 übernommen.
Was ist Ihr Antrieb?
Ich finde Mannschaftssport einfach toll, in dem in der Gruppe draußen gemeinsam Sport betrieben wird. Ich möchte, dass die Mädchen und Jungen wenigstens für die Zeit des Trainings und des Spiels die Playstation verlassen. Ich habe zudem gesehen, wie unbeweglich und unkoordiniert viele Mädchen und Jungen sind. Es ist dann toll zu erleben, wie sie sich entwickeln und Teil einer Mannschaft werden. Noch heute bin ich Feuer und Flamme für die Jugendmannschaften und schaue mir, wenn zeitlich möglich, alle Spiele am Platz in Engelskirchen an.
In der Saison 2019/20 haben Sie auch noch das Amt der Jugendleiterin übernommen.
Fußball-Abteilungsleiter Christian Teipel und VfL-Geschäftsführer Dirk Büttner haben mich überredet. Ich hatte keine Ambitionen auf das Amt und auch ein bisschen Angst davor. Ich habe mir Bedenkzeit ausgebeten und dann doch zugesagt, da ich die Kinder und die Eltern schon alle kannte.
Wie bringen Sie das alles mit Ihrem Beruf unter einen Hut?
Der Jugendfußball in Engelskirchen ist fast meine gesamte Freizeit. Ich arbeite beim Jugendamt und bin dort für die Kitas zuständig. Mein Tag ist komplett durchgetaktet und beginnt damit, dass ich um 6 Uhr morgens Reiten gehe. Ich habe aber auch mit meinem Sohn gesprochen, ob er weiter Fußball spielen möchte. Er wollte und das ist für mich die Voraussetzung gewesen, das Amt anzunehmen. Ich habe dann den Vereinsmanager C, Profil Jugendleiter, während der Corona-Zeit gemacht. Und freue mich seitdem jedes Jahr auf das Wochenende, wenn sich die Jugendleiter zu einer Fortbildung treffen.
Als Sie starteten, war der VfL in der Jugend noch in einer Spielgemeinschaft mit zwei weiteren Vereinen unterwegs. Die haben Sie aufgekündigt. Warum?
Die Vorstellungen der Jugendabteilungen der drei Vereine gingen weit auseinander und es hat nicht mehr gepasst. Meine Vorschläge und Ideen fanden leider keinen Anklang, sodass für uns nur ein Neustart infrage kam. Wir hatten uns damit arrangiert, in unserer ersten eigenständigen Saison nur mit den Bambini, der F- und D-Jugend an den Start zu gehen, konnten jedoch wider Erwarten alle Jugendmannschaften besetzen, auch wenn es in der C-Jugend zu diesem Zeitpunkt nur eine Neuner-Mannschaft gab. In der zweiten Saison ist eine Mädchenmannschaft dazugekommen. Erst eine und dann zwei. Heute haben wir neben der D- und C-Mädchenmannschaft, Bambini ohne Ende, eine große F-Jugend, jeweils zwei E- und D-Jugendteams und ausreichend Fußballer für die C-, B- und A-Jugend.
Wie hat sich das auf die Zahl der Mitglieder ausgewirkt?
Die Zahl der Jugendfußballer hat sich mehr als verdoppelt. 2019 hatte die Fußballabteilung insgesamt 205 Mitglieder, wovon die Hälfte Kinder und Jugendliche waren. Heute sind e s insgesamt 430 Mitglieder, wovon 270 Kinder und Jugendliche sind.
Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Mit der Einstellung pro Kind. Wir bieten jedem Kind die Möglichkeit, bei uns Fußball zu spielen, egal, ob es ein Flüchtling ist, ein Handicap oder keine finanziellen Möglichkeiten hat, sich im Verein anzumelden. Wir sehen den Fußball auch als Teil der Integration. So spielen zum Beispiel in unserer A-Jugend acht Nationalitäten. Alle Trainer haben den C-Schein oder mindestens den Basis-Coach. Doch auch wir haben Probleme, Trainer und Betreuer zu finden. Ideal ist es, pro Mannschaft zwei Trainer und einen Betreuer zu haben, der oder die sich um das Administrative kümmert. Wir haben noch ganz viel vor und eigentlich bin ich nie mit meiner Arbeit zufrieden.
Was heißt das?
Ich würde noch gerne Kooperationen mit den Schulen und Kindergärten eingehen. Schön wäre es, wieder einen FSJler zu haben. Wie wir es mit Paula Kaltenbach hatten, die ihr FSJ beim Fußballkreis Berg gemacht hat, und unsere Fußballabteilung an mindestens zwei Tagen in der Woche unterstützt hat. Sie war eine tolle Unterstützung, ist aber zum Studieren nach Paderborn gegangen. Ich hoffe, dass sie später nach dem Studium zum VfL zurückkehrt. Sie war sehr beliebt bei den Kindern.
Ich würde mir auch wünschen, dass mehr junge Leute im Vorstand mitarbeiten. Es sind ganz viele kleine Ziele, wozu auch gehört, dass wir in der kommenden Saison noch eine B-Mädchenmannschaft haben möchten. Ich weiß aber, dass wir nicht viel größer werden dürfen, denn schon jetzt ist das Leppestadion ausgebucht. Aber ein bisschen Luft nach oben ist noch. Vor allem fände ich es gut, die Abteilung noch besser online zu präsentieren. Es wäre schön, wenn ich dafür jemand finden würde.
Gibt es daneben noch weitere Pläne?
Ich möchte, dass wir ein moderner Verein sind und dazu gehört neben den sportlichen Aspekten in meinen Augen auch das Thema Kinderschutz. Gut ist, dass der DFB in diesem Bereich sehr engagiert ist, gerade was den Kampf gegen sexualisierte Gewalt angeht. Wir haben uns daher sehr gefreut, dass wir für die Position der Kinderschutzbeauftragten eine engagierte Kinder- und Jugendpsychologin gewinnen konnten.
Mit Christian Teipel habe ich außerdem einen Abteilungsleiter an der Seite, der mich bei diesen Themen hundertprozentig unterstützt. Zudem haben wir mit unserem ersten Vorsitzenden Klaus Füchtler einen Juristen im Verein, der sich in allen rechtlichen Fragen auskennt. Mit Spannung schaue ich auf das Pilotprojekt, in dem der Fußballverband Mittelrhein gemeinsam mit dem Polizeipräsidium Bonn ein Bündnis zur Stärkung des Kinder- und Jugendschutzes erarbeitet.
Das alles hört sich nach einem großen Aufwand an. Wie oft sind Sie in der Woche am Fußballplatz?
Mindestens drei Tage die Woche, meistens jedoch noch öfter. Wie gesagt, die Fußballjugend des VfL Engelskirchen bestimmt meine gesamte Freizeit.