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PassivhausZwei Engelskirchener leben im Eigenheim ohne Heizung

Lesezeit 3 Minuten
Das Passivhaus ist mit vielen Solarpaneelen auf dem Dach ausgestattet.

Dicke Wände, gut isoliert: Das Passivhaus in Engelskirchen müssen die Bewohner nicht beheizen.

Ein Passivhaus in Ständerbauweise und einen halben Meter dicken Wänden macht es einem Paar in Engelskirchen möglich, ohne Gas- oder Ölheizung klarzukommen.

„Es gibt keine Heizung in unserem Haus und wir sind damit bis jetzt prima gefahren“, sagt Michael Weithe, der sein vor zehn Jahren gebautes Eigenheim zusammen mit seiner Ehefrau Claudia Benner bewohnt. Die steigenden Energiepreise lassen ihn unberührt: „Wir haben weder eine Öl- oder Pelletheizung noch einen Gasanschluss – nicht mal einen offenen Kamin im Wohnzimmer. Wenn wir den anheizen würden, hätten wir schnell Temperaturen um die 70 Grad – wie in einer Sauna.“

Lediglich auf Strom ist er angewiesen, doch der werde durch die Panels auf dem Dach erzeugt: „Wir haben nur einen minimalen Stromverbrauch.“ Das Geheimnis dahinter ist eine spezielle Bauweise. Das Gebäude aus Holzständerwerk hat fast einen halben Meter dicke Wände, die für eine gute Isolation sorgen. Dazu kommen großflächige Fenster mit sehr dünnen Rahmen, die viel Licht und vor allem Sonne in das Haus lassen.

Passivhaus in Engelskirchen: Kältebrücken dürfen nicht entstehen

„Wichtig ist, bei der Konstruktion darauf zu achten, dass keine Kältebrücken entstehen“, erklärt er. Zudem sei das Gebäude „luftdicht“, wodurch keinerlei Wärme verloren gehe. Für den kontrollierten Luftaustausch gebe es daher eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung: Aus Küche, Bad und Toilette werde Luft abgesaugt und leicht erwärmte Frischluft in die übrigen Räume geblasen: „So gibt es bei uns keine Gerüche im Haus und auch keinen Schimmel.“

„Ich mag es, etwas Besonderes zu erschaffen, und bin fasziniert davon, das technisch Machbare umzusetzen“, berichtet der Hauseigentümer. Mit einem Schmunzeln schildert er, dass er vor rund 20 Jahren durch eine „Sendung mit der Maus“ auf dieses Thema gekommen sei. Der Gedanke habe ihn dann nicht mehr losgelassen. Weithe schildert, dass die Sonne das Gebäudeinnere erwärme, hinzu kommen etwa Herd, Backofen oder Staubsauger – und die Bewohner: „Jeder Mensch erzeugt rund 100 Watt. Wenn wir Besuch haben, wird es schnell ziemlich warm im Wohnzimmer.“

Claudia Benner steht vor ihrer selbst aufgezogenen Tomatenpflanze.

Claudia Benner nutzt die Wärme, um Pflanzen großzuziehen.

Kostenmäßig sei ein Passivhaus etwa fünf bis 30 Prozent teurer, schildert Weithe. Das variiere allerdings gerade jetzt stark und sei auch abhängig vom Bautyp. In Engelskirchen gebe es nur dieses eine Passivhaus, in Overath weitere vier, berichtet er. Ob es darüber hinaus noch Passivhäuser im Oberbergischen gibt, war nicht zu ermitteln.

Eine Nachfrage dieser Zeitung bei Kommunen und Kreis ergab, dass die bauaufsichtliche Prüfung auf der Basis der Genehmigungsplanung und nicht der tatsächlichen Ausführungsplanung erfolge und somit ein „Passivhaus“ nicht separat erfasst werde. Dass dieser Gebäudetyp nicht verbreiteter sei, hält Weithe für ein psychologisches Problem: „Die Leute können sich nicht vorstellen, in einem Gebäude ganz ohne Heizung zu leben.“ Zweifel hatte er allerdings anfangs auch und mehrere Räume mit kleinen Infrarotstrahlern ausgestattet: „Die haben wir nie gebraucht, bis auf den im Wohnzimmer und auch nur dann, wenn es richtig knackig kalt war.“

Der kommende Winter soll ein Testlauf werden: „Wir wollen versuchen, ganz auf den Strahler zu verzichten.“ Seine Frau Claudia Benner nutzt die Wärme direkt hinter den bis zum Boden reichenden Fenstern im Wohnzimmer, um allerlei Pflanzen anzuziehen. Nach dem Urlaub im September hat sie eine Tomatenpflanze auf dem Kompost gefunden, die sich selbst dort ausgesät hatte. Mittlerweile ist sie schon mehr als einen halben Meter hoch: „Das wird jetzt meine Weihnachtstomate.“