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Streit um die JogginghoseDas darf in Oberbergs Klassenzimmern getragen werden

Lesezeit 3 Minuten
Zu sehen sind Menschen, die jeweils ein Plakat vor sich halten.

Ein eigenes Seminar zur Kleiderordnung hat es am Aggertal-Gymnasium in Engelskirchen gegeben. Herausgekommen ist ein Plakat, das Balthasar Rechner, Tom, Luisa, Jakob, Marie, Agnes, Lilli jetzt vorstellten.

Angemessene Kleidung ist in Oberberg oft eine Frage der Mitbestimmung.

„Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Der dem Modeschöpfer Karl Lagerfeld nachgesagte Ausspruch erhält derzeit mediale Aktualität. Anlass ist ein Vorfall an der Sekundarschule Wermelskirchen: Weil sie entgegen der dortigen Schulordnung mehrfach in Jogginghosen zum Unterricht erschienen, wurden einige Schüler nach Hause geschickt.

Mittlerweile hat ein Sprecher der Bezirksregierung gegenüber Tagesschau und weiteren Medien erklärt, wann ein Verbot bestimmter Kleidungsstücke rechtens ist: „Es ist gemäß dem Schulgesetz NRW dann zulässig, wenn die Schulkonferenz sich auf eine Kleiderordnung einigen kann und die Schülervertretung diese mitträgt.“ Aber wie ist das an Oberbergs Schulen? Sind Jogginghose und andere Bekleidungen ein Krisenthema?

Gesamtschule Derschlag verzichtet auf explizite Vorschriften

„Bei uns nicht“, sagt Schulleiter Ingolf Weber von der Gesamtschule Gummersbach in Derschlag. Vorschriften gebe es nicht, dafür den Aufruf zu „angemessener Kleidung“. Im Einzelfall bedeutet das: „Wir möchten keine T-Shirts mit rassistischen oder sexistischen Sprüchen sehen und im Sommer keine knappen Oberteile, Hosen oder Röcke.“ Nach Einzelgesprächen werden dann Shirts auf links gedreht oder Pullover übergezogen. Oft komme dies jedoch nicht vor, sagt Schulleiter Weber. Jogginghosen im Unterricht sind an der Schule in Derschlag nicht verboten. Und überhaupt sollten Erwachsene sensibel und tolerant auf die Bekleidung junger Menschen reagieren, sagt Ingolf Weber. „Denn Jugendliche sind in einer Findungsphase und probieren sich mit einem eigenen und auch häufig wechselnden Modestil aus.“

Das kann Schulleiterin Anita Kallikat von der TOB-Sekundarschule in Bielstein unterschreiben: „Kleidung ist ein Mittel, mit dem sich Jugendliche von den Erwachsenen abgrenzen.“ Auch an ihrer Schule gibt es rund um Hosen, Pullover und T-Shirt weder strikte Vorschriften noch Streit. „Doch auch wir unterbinden diskriminierenden Aufdrucke und das Zeigen von zu viel Haut.“

Intime Körperzonen sind privat, und deswegen zeigen wir sie nicht in der Schule.
Aufdruck auf einem Plakat am Aggertal-Gymnasium in Engelskirchen

„Intime Körperzonen sind privat, und deswegen zeigen wir sie nicht in der Schule“, heißt es auch auf einem Plakat im Aggertal-Gymnasium in Engelskirchen. Darauf abgedruckt ist die mit den Schülerinnen und Schülern abgestimmte Kleiderordnung, die von der Schülervertretung erarbeitet worden ist. „Wir haben uns bei einem Seminar zusammengesetzt, um Klarheit bei der Kleiderordnung zu schaffen“, sagt Schülervertreterin Marie. „Und nun haben wir eine Regelung, die den Schülerinnen und Schülern ermöglicht ihre Persönlichkeit zu entfalten, aber das unter gewissen Richtlinien“, ergänzt die 18-Jährige.

Sekundarschule Bielstein will Schülerschaft zum Nachdenken anregen

Keinen Platz an dem Gymnasium haben demnach Drogen und Gewalt verherrlichende Motive, tiefe Ausschnitte und kurze Röcke. Eine klare Schulordnung in Bezug auf Kleidung sei auch Anliegen der Eltern gewesen, sagt Schulleiter Balthasar Rechner. Denn gerade in der Sommerzeit störten sich viele an der knappen Bekleidung der Jugendlichen. Wie auf dem Plakat mit der Schulordnung zu lesen, sind Jogginghosen dagegen unter dem Motto „Wohlfühlen auch an langen Schultagen“ ausdrücklich erlaubt.

Auch die Sekundarschule in Bielstein regt ihre Schülerinnen und Schüler immer wieder zum Nachdenken über das äußere Erscheinungsbild an. „Wir haben viele Veranstaltungen mit Kooperationspartnern und unsere Jugendlichen leisten Praktika in Betrieben, daher sprechen wir mit ihnen über angemessene Bekleidung und über die Wertschätzung, die man seinem Gegenüber mit ihr vermittelt“, berichtet Schulleiterin Anita Kallikat. Erfreulich findet sie eine ganz andere Entwicklung, die sie seit einigen Jahren in Bielstein beobachtet: „Markenklamotten und der Druck, sie zu tragen, sind kaum noch ein Thema, da sind die jungen Menschen mittlerweile eher konsumkritisch eingestellt.“