Engelskirchener MultitalentCharly Klauser arbeitet an ihrem ersten eigenen Album
Engelskirchen – Peter Maffay lobte in der Runde ihre „Vielseitigkeit“ und „Konsequenz“. Der frühere Außenminister (und „Beauftragte für Popkultur und Popdiskurs der SPD“) Sigmar Gabriel hörte interessiert zu. Viel Ehre für eine junge Musikerin, aber Charlotte „Charly“ Klauser blieb beeindruckend locker in der illustren Gesellschaft bei Bettina Böttingers „Kölner Treff“.
Die Fernsehsendung aus dem August 2019 kann man sich bei Youtube ansehen. Dort sind zudem einige Videos veröffentlicht, die einen schönen Eindruck von ihrer erstaunlichen Vielseitigkeit und Bühnenpräsenz geben.
Zeit für die eigenen Songs
Seit April wohnt Charly Klauser (31) in Engelskirchen. Zusammen mit ihrem Mann Simon und zwei Freunden ist sie als WG in das Haus der Musikerfamilie Laukamp gezogen, nachdem ihr die Bleibe in der Kölner Innenstadt wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde.
Da traf es sich, dass die Musikerkollegin Linda Laukamp das von deren Eltern schön ausgebaute Fachwerkhaus im Oberbergischen vermitteln konnte. Dieses ist für Musikerzwecke ideal, ein Flügel und ein kleines Studio gehören zum Inventar.
In der konzertarmen Corona-Zeit war es auch weniger schlimm, dass die Musikerin hier etwas ab vom Schuss gelandet ist. So hatte sie endlich Zeit und Muße, sich auf die Endproduktion ihres ersten eigenen Albums zu konzentrieren.
Konzerte für Peter Maffay
Von Peter Maffay und anderen Größen wird Charly Klauser meist vor allem als Sängerin gebucht. Dass sie noch viel mehr auf dem Kasten hat, ist dabei aber nicht hinderlich. Ihr Lieblingsinstrument ist das Schlagzeug, für Maffay hat sie schon komplette Konzerte getrommelt. Zudem spielt sie bühnenreif Geige, Klavier und Gitarre.
Bei den Aufnahmen für die elf Songs hat sie denn auch ausnahmslos alle Instrumente selbst eingespielt. Das trauen sich sonst nur Kaliber wie Stevie Wonder, Phil Collins, Prince oder Dave Grohl zu.
Zur Person
Charly Klauser stand das erste Mal mit zweieinhalb Jahren in der ersten Reihe eines Geigenorchesters auf der Bühne. Die Tochter einer aus Kasachstan zugewanderten Musikerfamilie gründete als Teenager mit Schwester Johanna die Rockband The Black Sheep, mit der sie es bis in den WDR-Rockpalast schaffte. Mit dem Jazzduo Cold Fusion gewann sie 2005 einen WDR-Jazzpreis. Später war Charly Klauser erfolgreich mit der ebenfalls rein weiblichen Kölsch-Rockabilly-Band Rockemarieche.
Als Sängerin, Schlagzeugerin, Percussionistin, Geigerin, Pianistin, Gitarristin und Produzentin ist sie sehr gefragt: Sie gehört nicht nur zur Band von Peter Maffay und Sasha, sondern stand auch mit Johannes Oerding, Tim Bendzko und Alvaro Soler auf der Bühne. Zudem spielt sie in der Band von Carolin Kebekus’ Fernsehshows. (tie)
Kein Wunder, dass das deutschsprachige Album den Titel „Mehr“ tragen soll. Die ersten Popsongs hat sie bereits auf Streaming-Portalen und als Videos auf Youtube veröffentlicht, das sensible „Was in aller Welt“, das muntere „Im Überall“ und das hymnische „Tür auf, Tür zu“. Am Ende soll es ein komplettes Album werden, das vielleicht sogar auf Vinyl veröffentlicht wird. Da ist die 31-Jährige noch ganz alte Schule.
Die musikalische Selbstbestimmung ist ihr wichtig, deshalb hat sie die Songs auch komplett produziert, obwohl sie zeitweise sogar mit einem renommierten Produzenten in Los Angeles daran gearbeitet hat. „Ich habe schon erlebt, wie es ist, wenn man Kompromisse macht und dann doch keinen Erfolg hat.“
„Ich bin nicht blauäugig, habe aber trotzdem Träume"
Diesmal will sie vor allem selbst stolz auf das Ergebnis sein, auch auf die Gefahr, dass die Musik nicht zur besten Sendezeit auf EinsLive zu hören sein wird. Charly Klauser sagt: „Ich bin nicht blauäugig, habe aber trotzdem Träume.“ Der Erfolg im Musikgeschäft, das hat sie von anderen Profis gelernt, hängt meist davon ab, dass man Fleiß und Disziplin investiert. Aber auch vom Glück.
Von der mädchenhaften Gestalt und den blauen Haare sollte man nicht täuschen lassen. Charly Klauser ist nicht nur eine reife Künstlerin, sondern auch eine so reflektierte wie eloquente Beobachterin. Ihr Leben als Musikerin in Deutschland ist für sie „ein Privileg“, auch und gerade in Zeiten der Corona-Krise.
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Dass manche Musikerkollegen über Freiheitsentzug klagen und „Ich will mein Leben zurück“ fordern, dafür hat sie kein Verständnis. „Die Unterhaltung ist wichtig, aber eben nicht systemrelevant. Dass ich so denke, hat vielleicht mit meinem familiären Hintergrund zu tun. Meine Eltern und Großeltern haben in Kasachstan ganz andere Kämpfe ausstehen müssen.“
Seit 2020 engagiert sich Charly Klauser für „Ozeankind“, eine Umweltorganisation, die weltweit Recycling- und Bildungsprojekte unterstützt. Die Musikerin lächelt: „Corona hat zumindest zeitweise dafür gesorgt, dass nicht dieser ganze Festivalmüll anfällt.“Auf Einladung der Engelskirchener Kulturinitiative Engelsart spielt Charly Klauser als Gast des Duos Roads & Shoes am Donnerstag, 9. September, 19 Uhr, im Alten Wolllager, Engels-Platz 2. Der Eintritt ist frei; um eine Spende wird gebeten.