Putin und Ukraine im FokusEstnischer General zu Gast bei der CDU Engelskirchen
Engelskirchen – Muss Russland den Angriff auf die Ukraine in absehbarer Zeit einstellen – unter anderem, weil es Probleme mit der Moral der Truppe und mit dem Nachschub gibt? General a.D. Riho Terras, ehemaliger Oberbefehlshaber der Verteidigungskräfte der Republik Estland, hält das für möglich. Auf Einladung der CDU Engelskirchen sprach der 55-Jährige, der heute Mitglied des Europäischen Parlamentes ist, in der vergangenen Woche vor 50 Zuhörern im Neuen Wolllager und teilte dort erstaunliche Einschätzungen und Analysen zum russischen Angriff.
Terras äußerte sich auch konkret zu den russischen Überschallraketen. Ihre Einsatzbereitschaft sieht er beeinträchtigt, weil in Folge der Embargo-Politik wichtige Hightech-Bauteile wie Elektrochips fehlten. Zudem führte er die komplizierte Kommandostruktur der russischen Armee als Erschwernis für einen russischen Erfolg an.
Terras: Putin hat Ukraine unterschätzt
„Wie geht es weiter mit der Aggression Russlands?“ Unter diesem Motto stand der Abend mit dem ehemaligen Top-Militär, der seinen Wehrdienst einst noch in der sowjetischen Marine geleistet hat und nach wie vor Kontakte in die Ukraine pflegt. Putin habe Kampfkraft und Kampfmoral der Ukrainer unterschätzt, der Krieg schweiße sie als eine relativ junge Nation erst recht zusammen.
Der Westen wiederum, so Terras’ Analyse, habe Putins Aggression unterschätzt. Terras berichtete aus eigenem Erleben vom Auftritt Putins vor rund 20 Jahren auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Schon damals habe Putin – in Gegenwart von Gerhard Schröder, Angela Merkel und Joe Biden – unzweideutig gesagt: „Die Krim und der Donbass sind russisch und die Ukraine ist kein Land.“
Fragerunde in Engelskirchen: Atomwaffen als Thema
Eine klare Meinung hat Terras zu russischen Gaslieferungen nach Deutschland: Die Russische Föderation decke heute 40 Prozent des Staatshaushaltes durch den Verkauf fossiler Brennstoffe. Der Krieg, so Terras, wäre schneller beendet, wenn Deutschland den Import beendet. Als „vermessen“ bezeichnete er das von Teilen der deutschen Politik vorgetragene Argument, dass Deutschland keine schweren Waffen an die Ukraine liefern solle, um nicht für den Ausbruch eines Dritten Weltkriegs verantwortlich zu sein. „Wenn alle Länder um Sie herum dies tun, brauchen Sie sich diese Sorge nicht zu machen.“
In einer Fragerunde beantwortete der estnische Gast unter anderem die Frage nach dem Einsatz von Atomwaffen. Er sei sicher, so Terras, dass Chinas Staatspräsident Xi Jinping am Rande der Olympischen Spiele Putin klargemacht habe, dass die chinesische Unterstützung beendet wird, wenn Russland Atomwaffen einsetze. Denn China fühle sich bedeutender als Russland und würde es nicht zulassen, dass ein Land vor der eigenen Haustür mit Atomwaffen den eigenen wichtigen Handelspartner Europa attackiert.
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Und was würde Putin nach einer militärischen Niederlage tun, wie könnte er sein Gesicht wahren? „Er wird einfach sagen: Wir haben gewonnen – und die Russen werden ihm glauben.“