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Fachkräftemangel in LindlarNoch bringt der Bäcker das Brot ins Dorf

Lesezeit 5 Minuten
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Thomas Lenort im Verkaufswagen. Seit einem halben Jahrhundert tourt der Familienbetrieb durch Lindlar. 

Lindlar – Seit über 50 Jahren versorgt Familie Lenort in Lindlar auch kleinste Orte mit frischem Brot und Brötchen. Doch der massive Fachkräftemangel bedroht die Lenorts und ihren ganzen Berufsstand in der Existenz.

Draußen ist es noch dunkel und auch in den meisten Häusern brennt noch kein Licht, als Thomas Lenort mit seinem Bäckerwagen durch Brochhagen fährt. Der 58-jährige Bäcker- und Konditormeister aus Hartegasse ist zu diesem Zeitpunkt schon seit Stunden auf den Beinen.

Sechs Tage pro Woche frühmorgens unterwegs

Sechs Tage die Woche ist der 58-Jährige am frühen Morgen und Vormittag mit dem Bäckerwagen unterwegs. Er verkauft Brot, Brötchen, Gebäck und Kuchen. Auch Eier, Wurst, Milch und Käse bekommen die Kunden bei ihm am Wagen. „In der Woche stehe ich bereits um halb eins nachts in der Backstube und ab morgens beginnt der Verkauf. Das ist ein langer Arbeitstag und auch am Wochenende muss die Arbeit getan werden“, sagt Lenort.

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Thomas Lenort schätzt den Kundenkontakt. Viele Lindlarer kennen den Bäckermeister, seit er als kleiner Junge mit dem Vater mitfuhr.

Frühes Aufstehen, lange Arbeitszeiten. Das dürfte ein Grund für den Personalmangel im Handwerk sein, weiß Lenort. Seine Bäckerei und Konditorei in Lindlar-Hartegasse ist vom Fachkräftemangel betroffen, einzelne Touren musste er mangels Mitarbeitender schon einstellen. Einer aktuellen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft zufolge fehlten dem Handwerk im vergangenen Jahr insgesamt 87.000 Fachkräfte.

Früher war jedes dritte Wochenende frei

Zwischen 80 und 100 Menschen versorgt Lenort mit seinem Verkaufswagen pro Tag, in manchen Außenorten ist er damit die einzige verbliebene Nahversorgung. Während Lenort den weißen Bäckerwagen zwischen Lindlarer und Frielingsdorf über die Dörfer fährt, steht in der Getränkehalterung des Wagens ein oranger Thermobecher gefüllt mit Kaffee.

Es sei schwierig, die Leute zu halten und neue Leute zu finden, berichtet er. „Früher waren wir in der Backstube noch so viele, dass wir jedes dritte Wochenende mal frei haben konnten, heute ist das nicht mehr möglich.“

Kunden kauften schon bei Thomas Lenorts Vater

Dem Bäckermeister fehlen sowohl Leute in der Backstube als auch im Verkauf. Und das, obwohl die Nachfrage groß ist. Die Ortschaften Fenke und Berghausen werden nun beispielsweise nur noch einmal statt zweimal die Woche angefahren.

Kleinere Straßen außerhalb von Ortschaften teilweise gar nicht mehr. „In manche Straßen kann ich nicht mehr für ein halbes Brot fahren, obwohl ich es gerne machen würde. Ich bringe den Leuten gerne ihr Brot nach Hause, aber man muss es auch stemmen können“, bedauert Lenort.

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Stammkunde, seit Jahrzehnten. Karl-Heinz Schulte schätzt das Brot aus Thomas Lenorts Backstube und die Pünktlichkeit, mit der Verkaufswagen vorfährt.

Der Bäckermeister führt den Fachkräftemangel auch darauf zurück, dass eine Ausbildung heutzutage nicht mehr so hochgehalten werde wie ein Studium. Er selbst habe die Lehre zum Bäcker in Marienheide begonnen, dann Außenhandelskaufmann gelernt und dann die angefangene Ausbildung zum Bäcker bei seinem Vater in der Bäckerei beendet. „Während dieser Zeit habe ich selbst auch immer wieder zu spüren bekommen, dass ein Studium einfach angesehener ist“, so Lenort.

Das letzte Geschäft in Hartegasse

1963 hatte Thomas Lenorts Vater die Bäckerei von seinem Vater übernommen. 2003 ging sie in die Hände von Thomas Lenort über. Der Bäckerwagen rollt bereits seit über 50 Jahren durch Lindlar. In Hartegasse ist die Bäckerei das einzig verbliebene Geschäft.

Dass Lenort schon als Kind im Bäckerwagen mitgefahren ist und seine Kunden teilweise kennt, seit er denken kann, merkt man ihm an. Bei seinen Kunden in der Straße angekommen hupt er laut, fährt die Klappe des Wagens hoch und stellt sich hinter die gut befüllte Verkaufstheke.

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Torben Sauermann mit seinen Kindern Leo und Greta. Mit Nachbarn setzte sich Sauermann dafür ein, dass Thomas Lenort auch eine Runde über den Dimberg dreht.

Nach und nach öffnen sich die Haustüren der umliegenden Häuser und die Kunden kommen. Die meisten ausgestattet mit einem Jutebeutel. Bereits um kurz vor halb sieben erklingt die Hupe vor dem Haus von Karl-Heinz Schulte.

Der 86-Jährige ist langjähriger Kunde der Bäckerei Lenort. „Ich kaufe mein Brot schon immer hier am Wagen, schon seit dieser existiert“, so Schulte. Besonders schätzt er die Zuverlässigkeit und die Pünktlichkeit, auf die er beim Bäckerwagen zählen kann. Dass Thomas Lenort heute sogar zehn Minuten früher dran war als sonst, ist dem 86-Jährigen sofort aufgefallen.

Auch Alexandra Burkelc, die einige Straßen weiter wohnt, schätzt den Service des Nahverkaufs. Mit einem gut gelaunten „Guten Morgen“ und einem kurzen Plausch begrüßt Thomas Lenort die 50-Jährige. „Es ist einfach Tradition, dass der Bäckerwagen kommt. Das ist schon seit drei Generationen so, und dafür stehe ich auch früh auf“, erklärte Burkelc.

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In Frielingsdorf kannte Marvin Weynell den Verkaufswagen der Lenorts nur durch die Oma, dann wurde er selbst Stammkunde.

Tatsächlich sind es seit vielen Jahren dieselben Straßen, die von den Lenorts angefahren werden. Mit der Zeit sind aber auch neue hinzugekommen. So zum Beispiel die Dominikus-Böhm-Straße in Frielingsdorf.

Mancherorts kommen neue Haltepunkte hinzu

Als Torben Sauermann aus Brochhagen vor zwei Jahren hierhin zog, haben er und ein Nachbar dafür gesorgt, dass der Bäckerwagen auch zu ihnen kommt. Die Idee wurde von der Nachbarschaft gut angenommen. „Ah, da ist auch schon der erste Gummibärchen-Kandidat“, freut sich Lenort, als er Torben Sauermann mit seinem dreijährigen Sohn Leo am Straßenrand entdeckt.

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Für viele Kunden bietet der Wagen neben der Möglichkeit der Nahversorgung auch eine Gelegenheit zum nachbarschaftlichen Austausch. Auch Thomas Lenort findet immer ein paar Minuten, um ein paar Sätze mit den Kunden auszutauschen. Er kennt ihre Namen, erfährt oft auch Persönliches. „Manchmal ist es schon ein schweres Gespräch, wenn beispielsweise jemand gestorben ist, den man dann auch kannte“, berichtet er.

Genau so oft seien aber auch gute Nachrichten dabei. Der Kundenkontakt sei ein Grund, warum „ich meine Arbeit gerne mache“, so der Bäckermeister und hofft, dass das auch in Zukunft so bleibe, trotz Fachkräftemangels.