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Sexueller MissbrauchProzess gegen Oberberger ist in Bonn erneut gestartet

Lesezeit 3 Minuten
Vor dem Landgericht in Bonn muss sich ein heute 56-Jähriger verantworten. Als Lehrer an einer Schule im Süden Oberbergs soll sich der Mann insgesamt 15-mal an minderjährigen Jungen vergriffen haben. Unser Foto zeigt das Eingangsportal des Gerichts.

Vor dem Landgericht in Bonn muss sich ein heute 56-Jähriger verantworten. Als Lehrer an einer Schule im Süden Oberbergs soll sich der Mann insgesamt 15-mal an minderjährigen Jungen vergriffen haben.

Nachdem der Prozess gegen einen früheren Lehrer aus Oberberg ruhte, muss sich der Mann ab sofort wegen sexuellen Missbrauchs verantworten.

Nass vom Regen und ganz allein auf der Anklagebank: So begann am Dienstagmorgen der Prozess gegen einen ehemaligen Lehrer aus Oberbergs Kreissüden vor dem Landgericht in Bonn – und das zum zweiten Mal. Im vergangenen November waren die Verhandlungen ausgesetzt worden, weil das mutmaßliche Opfer, das den Prozess ins Rollen gebracht hatte, nicht vor Gericht erschienen war. Es heißt, der heute etwa 30 Jahre alte Mann habe nichts von seiner Ladung gewusst und habe sich mit dem Fahrrad auf eine Weltreise begeben.

Die Bonner Staatsanwaltschaft wirft dem heute 57-Jährigen sexuellen Missbrauch in insgesamt 15 Fällen vor. Während der Beschuldigte auf seinen Anwalt Peter-René Gülpen wartete, hatte er sich mit dem Rücken zum Zuschauerraum in eine Ecke vor dem Richterpult zurückgezogen. Zum Schutz vor neugierigen Blicken trug der Mann im tropfnassen Sakko zudem eine Schutzmaske. Als sich herausgestellt hatte, dass sich der Hauptbelastungszeuge auf eine Weltreise begeben hatte, setzte das Gericht das Verfahren zunächst auf unbestimmte Zeit aus, vier Monate dauerte diese Pause am Ende, sodass der Auftakt aus Rechtsgründen nun wiederholt werden muss.

Angeklagter aus Oberberg könnte einige der Vorwürfe bereits eingeräumt haben

Nach der Verlesung der Anklage musste der Angeklagte dann zunächst die Blicke der Öffentlichkeit nicht mehr scheuen: Auf Antrag seines Verteidigers schloss der Vorsitzende Richter der Achten Großen Strafkammer, Volker Kunkel, die Öffentlichkeit für die Dauer der Aussage des Angeklagten aus. Wie der Angeklagte zu den Vorwürfen steht, bleibt vorerst unbekannt. Aus den Anträgen seines Anwalts lässt sich aber herauslesen, dass er die Taten wohl weitgehend eingeräumt haben dürfte. Die ersten Übergriffe sollen sich bereits im Jahr 2006 ereignet haben, drei Jahre nachdem der Lehrer seine Tätigkeit im Süden Oberbergs aufgenommen hatte. Zudem war er bei mehreren Sportvereinen in der Region als Trainer tätig.

Wenn die Vorwürfe der Anklage zutreffen, dann wäre das Vorgehen des Angeklagten höchst perfide: Seine Stellung als von den Schülerinnen und Schüler gewählter Vertrauenslehrer soll der Mann laut Anklage gezielt ausgenutzt haben, um in den Schulakten geeignete Opfer ausfindig zu machen. So soll er entdeckt haben, dass ein damals 13-jähriger Junge bereits Opfer sexueller Übergriffe geworden war. Das Kind war offenbar auch deshalb an der Schule angemeldet worden, um das Erlittene besser verarbeiten zu können. Auch soll der Lehrer laut Anklage die Fußballweltmeisterschaft 2006 genutzt haben, um sich das Vertrauen des fußballbegeisterten Jungen zu erschleichen.

Nach der Aussage des Angeklagten stellte das Gericht die Öffentlichkeit für die Aussage der Schwester des ersten mutmaßlichen Opfers vorübergehend wieder her: Allerdings hatte der junge Mann ihr nicht das gesamte in der Anklage skizzierte Geschehen berichtet. Dann trat er selbst in den Zeugenstand: Auf seinen Wunsch wurde die Öffentlichkeit erneut ausgeschlossen. Der Anklage zufolge war er das erste Opfer des Angeklagten; zu seinen Lasten sollen die meisten der Übergriffe gegangen sein. Erst im Erwachsenenalter fasste er den Mut, seinen alten Lehrer anzuzeigen. In der Folge soll sich der Mann dann zwei weitere Opfer gesucht haben, eines davon mit ähnlicher Vorgeschichte.

Ein Urteil soll bis Ende dieses Monats verkündet werden.