Fünf Igel im WohnzimmerBarbara Geiger päppelt jeden Winter Igel auf
Waldbröl – Noch sind die fünf jüngsten Igel, die gerade bei Barbara Geiger ein Zuhause auf Zeit gefunden haben, putzmunter. Neugierig recken sie ihre kleinen Nasen in die Luft, schnaufen und knöttern, wenn ein Geschwisterchen zu nahe kommt und futtern, was das Zeug hält: „Katzenfutter, gekochte Hähnchenflügel, Rührei, auch hin und wieder mal Tartar“, zählt die Waldbrölerin den Menüplan auf.
Das ist auch gut so, denn obwohl es jetzt mit den kälter werdenden Nächten allmählich Zeit für den Winterschlaf wäre, ist daran für die Kleinen noch nicht zu denken. „Sie würden den Winter nicht überleben, bevor sie schlafen gehen, müssen sie noch ordentlich Gewicht zulegen“, erklärt Geiger. Der Größte hat es mit einem Gewicht von 500 Gramm beinahe geschafft, die Kleinste muss bis zum Wunschgewicht von 700 Gramm noch eine Menge Mehlwürmer mit Haferflocken verspeisen.
Dieses Jahr sind besonders viele Igel bei Geiger
Dabei sind die fünf Geschwister schon aus dem Gröbsten heraus. Als sie bei Barbara Geiger ankamen, mussten sie mit Spezialmilch aus puppenkleinen Fläschchen aufgepäppelt werden. „Das sind unruhige Nächte“, sagt die Tierliebhaberin und schmunzelt. „Da muss man mehrmals aufstehen, um zu füttern.“
Seit 20 Jahren kümmert sich die 60-Jährige um verwaiste Igelkinder, um verletzte Tiere und um kleine Igel, die im Herbst gefunden werden und noch zu winzig und zu schwach für den Winterschlaf sind. In diesem Jahr seien es besonders viele, stellt sie fest. „Die Igel haben im trockenen Sommer nicht genügend Regenwürmer und Schnecken gefunden. So haben viele ihre Jungen erst spät bekommen, vielleicht auch als zweiten Wurf.“
Ihr würden auch – häufiger als in den Vorjahren – erwachsene, aber sehr geschwächte und sogar halbverhungerte Tiere gebracht. Mal von Tierheimen, mal von Tierarztpraxen, häufig von Privatleuten, die ihre Telefonnummer auf den Internetseiten des Waldbröler Naturschutzbundes gefunden haben. „Die rufen an, ich lasse mir den Fall schildern, dann bitte ich sie, ein Foto zu schicken.“
„Das ist eine Berufung“
Denn nicht jeder Igel gehört in Geigers Igelstation: Gesunde, kräftige Igel kommen in der Natur allein zurecht, schwer verletzte oder stark von Maden befallene Tiere gehören sofort zum Tierarzt. Wer bei ihr ankommt, wird erst einmal gründlich untersucht, entwurmt und entfloht. Und wenn er kräftig genug ist, zieht er aus dem Wohnzimmer um in die kühle Garage. Da findet er in seinem Käfig ein Häuschen voller Schnipsel aus Zeitungspapier, in denen er es sich für die Wintermonate gemütlich machen kann. 24 überwinternde Igel haben zurzeit das Auto verdrängt.
Futter, Inkontinenzunterlagen, Aufzuchtmilch, Winterquartiere und Wärmelampen finanziert die Zeitungsbotin aus Spenden und aus eigener Tasche. „Das ist mehr als ein Hobby, das ist eine Berufung“, sagt die Waldbrölerin, die von der Urtümlichkeit der stachligen Gesellen fasziniert ist. Ihr erstes Igelkind hat sie aufgepäppelt, als sie 14 Jahre alt war. Weil sie es wichtig findet, Kinder über die Tiere, ihren Schutz und ihre Bedürfnisse aufzuklären, besucht Geiger Schulen und Kindergärten. „Zurzeit muss das alles wegen Corona ausfallen“, bedauert sie.
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Bald, wenn sie dick und rund sind, werden auch die munteren Fünflinge umziehen. Richtig ruhig wird es dann nicht in der Igelstation, denn immer wieder werden ihr auch andere hilfsbedürftige Tiere gebracht – mal eine abgestürzte Taube, jetzt leistet ein flugunfähiger Eichelhäher ihren beiden Hundesenioren Gesellschaft, bis seine Schwungfedern nachgewachsen sind. „Es ist immer eine große Freude, wenn ich Tiere auswildern kann“, verrät Barbara Geiger.
Im März, wenn die Sonne die Garageneinfahrt wärmt, wird die ganze Igelbande ausziehen in verschiedene Gärten. „Manchmal kehren sie dahin zurück, wo sie gefunden wurden. Manchmal melden sich auch Leute, die gern einen Igel in ihrem Garten aufnehmen möchten.“ Ob der dann auf die Dauer dort wohnen bleibt, ist eine andere Sache.
Denn Igel sehen nicht nur ganz unterschiedlich aus, sondern haben unter den Stacheln ihren ganz eigenen Kopf. „Einer hat tatsächlich mal bis Ende Mai geschlafen. Da waren die andern schon seit zwei Monaten draußen unterwegs“, sagt Barbara Geiger und lacht.
Das Igeltelefon von Barbara Geiger ist unter (02291) 80 70 44 zu erreichen.