Nichts für SchnäppchenjägerGebrauchtwagenhändler in Oberberg haben zu kämpfen
Oberberg – Ein sparsamer Kleinwagen soll es sein? Wenig gelaufen, ruhig schon älter, aber im guten Zustand, so um die 3000 Euro darf er kosten. Gebrauchtwagenhändler Fathi Baydoun winkt nur müde ab. „Keine Chance!“ Dabei könnte er so ein Auto heute gut und gern für 5000 Euro verkaufen und damit für satte 2000 Euro mehr als noch vor einem Jahr und ein gutes Geschäft machen – wenn er denn eins hätte. „Schlimm, ganz schlimm“, beschreibt der Bergneustädter die Situation auf dem Gebrauchtwagenmarkt.
Dicke „Gebrauchte“ sind zur Zeit die Ladenhüter
Dabei sieht es auf dem ersten Blick bei ihm und seinen Kollegen gar nicht so schlecht aus – blank polierte SUVs, blitzende große Limousinen bevölkern dicht an dicht die Stellflächen. Doch dicke „Gebrauchte“ sind zur Zeit die Ladenhüter, „Autos, die um die 20.000 oder 30.000 Euro kosten, will keiner haben, sie schlucken Sprit, und wer genug Geld hat, bestellt gleich einen Neuwagen“, seufzt Baydoun.
„Selbst moderne Diesel mit Euro 6 bleiben stehen.“ Wer viel fahren muss, sei dabei mit einem Diesel immer noch gut bedient, findet Gunter Radtke von der Firma Autopartner in Niederseßmar.
Doch nicht die Konkurrenz durch die neuen E-Autos sei verantwortlich für die Krise im Gebrauchtwagenhandel. Dafür sei ihr Marktanteil noch zu klein, E-Autos würden vor allem geleast, noch seien Reichweite und Haltbarkeit der Akkus zu gering, die Preise der Neuwagen zu hoch, urteilen auch seine Kollegen. „Viele Kunden denken über ein E-Auto nach, aber wer sparen muss, kann sich das nicht leisten“, sagt Radtke.
Selbst wer einen Neuwagen bezahlen kann, muss lange warten. Lieferzeiten von ein oder zwei Jahren sind an der Tagesordnung, Chipmangel und Lieferkettenengpässe sind schuld. „Manche suchen zur Zeit einen Gebrauchtwagen, um die Wartezeit zu überbrücken“, beobachtet Arthur Wegert aus Waldbröl. „Den kann man dann sofort mitnehmen.“
Kleinwagen sind rar auf dem Gebrauchtwagenmarkt
Wegert hat sich auf Secondhand-Kleinwagen und Familienkombis spezialisiert. Doch gerade Kleinwagen sind rar auf dem Markt. Vor allem fehlten die Leasing-Fahrzeuge von großen Firmen, erklärt Fathi Baydoun: War es bisher so, dass die geleasten Firmenwagen nach vier Jahren zurück gegeben und von Gebrauchtwagenhändlern aufgekauft wurden, so würden die Leasingverträge zur Zeit verlängert, weil die Firmen sehr lange auf die bestellten Neuwagen warten müssten. „Das betrifft dann auf einen Schlag auch mal 2000 Fahrzeuge.“
Auch die Flutkatastrophe im vergangenen Jahr habe sich auf den Gebrauchtwagenmarkt in Oberberg ausgewirkt, meint Gunter Ratke. „Da sind einige tausend Autos untergegangen, die Menschen brauchten schnell wieder Fahrzeuge und haben sich im Umkreis von 100 Kilometern und auch bei uns umgeschaut.“
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Schlechte Karten für Schnäppchenjäger. Viele fahren zur Zeit ihren „Alten“ weiter so lange es irgendwie geht. „Diese Autos sind dann wirklich fertig, die taugen allenfalls noch für den Export“, weiß Ali Kocyigit von AS Automobile in Vollmerhausen. „Die Leute haben Angst, sie sehen, wie alles immer teurer wird, vor allem die rasant steigenden Energiepreise. Deshalb halten sie sich mit Neuanschaffungen zurück.“ Und wenn sie ihren Gebrauchtwagen doch verkaufen, dann wollen sie damit ein möglichst gutes Geschäft machen.
Der Einkauf sei schwierig und teuer geworden, beklagt Wegert. „Für ein Auto, dass ich noch vor ein paar Monaten für 6000 Euro eingekauft hätte, muss ich heute 10.000 Euro auf den Tisch legen. Die Preise sind um 40 Prozent gestiegen“, beschreibt Kocyigit die Situation.
Die Preissteigerung bekommen natürlich auch die Kunden zu spüren. Und auch das ist schlecht für’s Geschäft auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Von Umsatzeinbußen um die 50 Prozent sprechen manche Händler. So gehen bei Kocyigit in Vollmerhausen die meisten Autos in den Export: „Gerade erst habe ich eins in die Ukraine verkauft, ein anderes nach Portugal“. Nur jeder fünfte Gebrauchtwagen findet bei ihm einen Käufer in Oberberg. Bis er und seine Kollegen E-Autos als Gebrauchte im Angebot haben, wird es noch dauern. Bis dahin hoffen alle, dass sich die Lage wieder entspannt.