Nach Abmeldung der Montagsdemo1300 Menschen „spazierten“ dennoch durch Gummersbach
Gummersbach – 1300 Menschen haben sich am Montagabend laut Polizeiangaben ohne Anmeldung in der Gummersbacher Innenstadt versammelt und gegen eine Impfpflicht demonstriert. Dis bisherige Veranstalterin hatte ihre Anmeldung am Sonntag per Mail zurückgezogen, weil sie laut Polizei nicht die erforderliche Zahl von Ordnern zusammenbekommen habe. Eine als „Spaziergang“ deklarierte Versammlung war die Folge.
Zu Beginn zogen vom Kino Seven kommend mehr als 75 Prozent der Teilnehmenden ohne Maske durch die Stadt. Später, nachdem das Gummersbacher Ordnungsamt per Lautsprecher-Durchsage mehrfach auf eine Maskenpflicht und drohende Bußgelder hingewiesen hatte, stieg die Zahl der Maskenträger auf etwa 50 Prozent. Das Gummersbacher Ordnungsamt sprach von bis zu zwei Dritteln.
Nach Leserbrief: Lothar Gothe wird bedroht
Sechs städtische Bedienstete und Kollegen der Polizei hatten Teams gebildet, die stichprobenartige Kontrollen durchführen, Platzverweise aussprachen und Zugteilnehmer ermahnten, ihre Maske zu tragen. In der Summe wirkte das aber wie der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Polizeisprecher Michael Tietze berichtete im Nachgang von neun Anzeigen wegen des Verstoßes gegen die Maskenpflicht.
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Polizeidirektor Sascha Himmel, der am Montag den Einsatz in der Kreisstadt leitete, sagte, dass es der Polizei nicht möglich sei, den Aufzug trotz der offenkundigen Verstöße gegen des Infektionsschutzgesetzt aufzulösen. Er verwies darauf, dass die Polizei ausschließlich für Verstöße gegen das Versammlungsrecht zuständig sei. Zum Ende des Protestzugs forderte die Polizei die noch verbleibenden Teilnehmenden auf dem Platz vor dem Kino auf, diesen zu verlassen, was mit gellenden Pfiffen quittiert wurde.
Teilnehmer verwahren sich gegen Rechtsextremismus-Verdacht
Schon im Vorfeld hatte sich rund um die Montagsdemos eine erregte Debatte entfacht, ob und inwiefern auch in Gummersbach rechtsextreme Ansichten eine Rolle spielen. Auslöser sind vor allem die Ermittlungen des Staatsschutzes wegen entsprechender Äußerungen in der Telegram-Gruppe „Oberberg bewegt!“ Das Credo vieler Teilnehmer: Rechtsextreme und ihre Ansichten haben mit dieser Veranstaltung nichts zu tun.
Ins Kreuzfeuer geraten ist der Bergneustädter Lothar Gothe, der in einem Leserbrief in dieser Zeitung Verbindungen hergestellt hatte. Gothe bezeichnet sich selbst gerne als „Troublemaker“ und eckt mit von ihm selbst als unbequem bezeichneten Ansichten nicht nur, aber vor allem zur aus seiner Sicht nach wie vor ungenügenden historischen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im Oberberg immer wieder durchaus bewusst an.
Jetzt, so Gothe (siehe auch „Im Wortlaut“), seien es ausgerechnet Menschen „aus meinem Freundeskreis“ gewesen, die ihn wegen seiner Einschätzungen zu den Impfprotesten angegriffen hätten: Sie seien keine Nazis, aber trotzdem in Gummersbach dabei – und die gebe es da auch nicht. Menschen, die er für klug halte, mit denen er aber zum Teil nicht mehr darüber diskutieren könne, dass er ihre Ansichten über die vermeintliche Verschwörung hinter der Impfkampagne nicht teilen könne.
Bestätigt sieht sich Gothe durch die andere Seite des Kreuzfeuers: massive Beleidigungen und offene Drohungen, denen er in sozialen Medien wie Facebook und Telegram sowie E-Mails von ganz anderen Teilnehmern ausgesetzt ist. Es sei doch absurd, so Gothe: „Da beschimpfen mich Rechtsradikale quasi als Nazi.“
Ein Zufall sei der Widerstand von rechts gegen ihn nicht. Da sei er ohnehin ein rotes Tuch. Wie massiv der ausfällt, damit habe er aber so nicht gerechnet. „Man hat mir davon erzählt und ich bin entsetzt“, räumt Gothe ein. Er denke inzwischen auch darüber nach, selbst Anzeige bei der Polizei zu erstatten.