Eine Gemeinde, zwei GroßbaustellenGemeindezentrum Steinenbrück soll verkauft werden
Gummersbach – Die Gemeindeglieder der evangelischen Kirchengemeinde Gummersbach bekommen immer neue Hiobsbotschaften. Die Nachricht von den explodierenden Kosten bei der Sanierung der historischen Kirche in der Gummersbacher Altstadt würde allein schon reichen, um graue Haare zu bekommen. Anfangs sollten für das Gotteshaus nebst Turm 2,8 Millionen Euro anfallen, inzwischen ist man bei 7,2 Millionen.
Pfarrer Markus Aust macht keinen Hehl daraus, dass der Kirchengemeinde „das Geld ausgeht“. Aktuell wird das Gerüst an der Kirche noch einmal aufgestockt, um auch den Turmhelm bis ganz nach oben inspizieren und marodes Holz austauschen zu können. „Eine Sanierung von Haupt- und Querschiff steht aktuell in den Sternen“, sagt Aust mit Hinblick auf die Kostenexplosion. In den nächsten Tagen will er das Gespräch mit Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein suchen und fragen, ob es weitere Fördermöglichkeiten gibt. Aus eigenen Mitteln könne die Gemeinde das nicht mehr schultern.
Einen Interessenten gibt es bereits
Doch jetzt wird auch noch darüber beraten, ob sich die Kirchengemeinde von ihrem Gemeindezentrum in Steinenbrück trennen muss. Aust betont, dass es keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Kirchensanierung gebe. Einen grundsätzlichen Beschluss, Steinenbrück und das Gemeindezentrum in Bernberg aufzugeben, gebe es bereits seit dem Jahr 2018, sagen die Pfarrer Uwe Selbach und Markus Aust. Voraussetzung sei, dass es eine Perspektive für die Quartiersarbeit gibt. Einen Interessenten für die Immobilien gebe es bereits. Aust und Selbach bestätigen Informationen dieser Zeitung, dass es sich um den Investor der benachbarten Kita an der Bickenbachstraße handelt. Doch bis es zum Notar geht, müssen noch einige Hürden genommen und Zustimmungen wie die vom Kreissynodalvorstand und der Landeskirche eingeholt werden.
Neben den Kosten für den Standort Steinenbrück führen Aust und Selbach die Auslastung der Standorte Gummersbach und Steinenbrück an, die bei jeweils 20 bis 30 Prozent liege. Warum dann nicht alles in der Stadtmitte konzentrieren, zumal die Standorte gerade einmal 1,5 Kilometer auseinander liegen? Und das auch vor dem Hintergrund, dass die Gottesdienste in Steinenbrück an die 30 Gläubige besuchen, in der Hauptkirche auch schon mal nur 20. Das eingesparte Geld, so argumentieren Selbach und Aust, könne man in zukunftsträchtige Projekte und vor allem in die Jugendarbeit investieren.
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Judith Thies, Sprecherin des Kirchenkreises An der Agger, berichtet, dass alle Gemeinden in der Rheinischen Landeskirche gehalten seien, ihren Gebäudebedarf zu überprüfen. „Laut einem Schlüssel der EKD haben die meisten Gemeinden zu viele Flächen.“ Ein denkbarer Weg in Steinenbrück wäre auch eine Kooperation mit der katholischen Kirche. Wie das aussehen könnte, darüber werden Aust und Selbach mit Kreisdechant Christoph Bersch sprechen.
In Steinenbrück sorgen die Pläne derweil für Unmut, denn die Aufgabe der Kirche in Strombach Ende 2012 mit dem Hinweis auf die Konzentration am Standort Steinenbrück haben viele Gläubige noch immer in Erinnerung. „Ob das Presbyterium gut beraten ist nach einem angeblich aktuellen Gutachten nach inzwischen stark angestiegenen Immobilienpreisen Gemeindehaus, Pfarrhaus und Areal für zu wenig Geld verkaufen zu müssen, ist mehr als fraglich und bedenklich“, sagt Klaus Haarbrücker, der selbst lange Presbyteriumsmitglied war. Dass die Gemeindeglieder der Außenbezirke in Zeiten des demografischen Wandels den Weg nach Gummersbach nehmen, hält er für unwahrscheinlich. Und auch er sieht die Zivilgemeinde bei der Altstadtkirche gefordert.