„Prozessschutzwald“Nach Brand soll ein Urwald für die Urenkel in Oberberg enstehen
Gummersbach – Auch wenn es einen einfacheren Weg gegeben hätte, sich die Informationen zu beschaffen, als bei tropischer Hitze über den abgebrannten Hömerich zu stapfen: Die Kreistagsfraktionen von SPD, Grünen und Linken wollten sich in ihrer gemeinsamen Sitzung am Ort des größten Waldbrands der letzten Jahrzehnte in Oberberg selbst einen Eindruck davon verschaffen, welche Folgen Trockenheit, Käfer und Fahrlässigkeit in den heimischen Wäldern haben können.
Es war die erste gemeinsame Fraktionssitzung des Dreierbündnisses überhaupt. Sie sollte den offiziellen Auftakt markieren für die weitere Zusammenarbeit und gleichzeitig der Kreistagsmehrheit signalisieren, dass sie es ab jetzt mit einer stärkeren Opposition zu tun bekommt als bislang gewohnt.
Forstwirtschaftlich eine Katastrophe, jedoch eine Zukunftschance
Zweites, noch wichtigeres Thema war die Frage, wie der bergische Wald angesichts der dramatischen Klimaveränderung in Zukunft aussehen kann. Engelskirchens Bürgermeister Dr. Gero Karthaus, von Hause aus Bioökologe, überraschte mit dem Vorschlag eines „Prozessschutzwaldes“. Dahinter verbirgt sich Naturwald, der nicht nur für 30 Jahre in Ruhe gelassen wird, sondern für 200 – ein „Urwald für die Urenkel“ (Karthaus). Das sei forstbetriebswirtschaftlich zwar eine Katastrophe, könne aber eine Zukunftschance sein, denn: „Der Wald stirbt nicht, er verändert sich nur gerade.“
Zusammen mit der evangelischen Kirche und mit Sponsorenhilfe will Karthaus das in Engelskirchen auf 140 Hektar ausprobieren. Auch der Kreis könne hier Vorbild sein. Dessen Wald sei ohnehin gerade abgeschrieben worden, da spielten Einnahmeausfälle auch keine Rolle mehr. Vielleicht wird der Prozessschutzwald ja Thema im Arbeitskreis Wald, den der Kreis einrichten möchte, wofür Karthaus Planungsdezernent Frank Herhaus ausdrücklich dankte.
Das könnte Sie auch interessieren:
Ein anderes Beispiel künftiger Waldwirtschaft stellte Jutta Velte von der Waldgenossenschaft Remscheid vor, laut Velte die einzige Vereinigung ihrer Art in Deutschland mit inzwischen 300 Mitgliedern. Sie kauft Waldflächen auf, um sie als Bürgerwald schonend und nach ökologisch ausgerichteten Kriterien zu bewirtschaften.