Mutig und einfühlsamZehn ehrenamtliche Notfallseelsorger neu in Dienst eingeführt
Gummersbach – Horst Rau und Andreas Groß wurden im Gottesdienst am Buß- und Bettag nach vielen Jahren als Notfallseelsorger verabschiedet, Thorsten Klein und Stefanie Krumm gehören zu den zehn neuen ehrenamtlichen Notfallseelsorgern, die am Mittwoch für ihren Dienst beauftragt wurden. Wir haben sie nach ihren Gedanken gefragt.
Stefanie Krumm (50): Großer Respekt vor der neuen Aufgabe
„Bei meiner Arbeit als Pfarramtssekretärin in Denklingen begegnen mir immer wieder Menschen in schwierigen Lebenssituationen, die sich bei jemandem aussprechen wollen. In Zukunft wird es auch immer weniger hauptamtliche Seelsorger geben. Da war es mir wichtig, mehr über richtige Gesprächsführung in Notsituationen zu lernen. Deshalb habe ich mich Anfang des Jahres für den Kurs angemeldet. Ich habe großen Respekt vor meiner künftigen Aufgabe, Menschen beizustehen in schwierigen Momenten, auch bei Todesfällen, und für ihre Seele da zu sein, in welcher Form auch immer. Auch wenn ich am Anfang noch nicht jeden Einsatz annehmen möchte. So traue ich mir noch nicht zu, Eltern die Todesnachricht ihres Kindes zu überbringen. Da möchte ich erst einmal nur mitgehen. Aber Angst habe ich nicht. Da vertraue ich auf die Hand Gottes, die mir die Kraft gibt, das Richtige zu tun. Und ich überlege schon, wo ich mein Handy positioniere, dass ich demnächst auch nachts auf jeden Fall den Alarm höre.“
Gottesdienst am Buß- und Bettag
„Nah sein in schwierigen Zeiten“ – das war das Thema des Gottesdienstes und der Predigt von Koordinator Gisbert von Spankeren am Buß- und Bettag, zu dem die Ökumenische Notfallseelsorge Oberberg die Mitarbeitenden aus Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr, Hilfsorganisationen in die Evangelischen Kirche in Gummersbach eingeladen hatte. Sie alle schloss Kreisdechant Christoph Bersch in seine Fürbitten ein, ihnen galt der Psalm „Aus der Tiefe rufe ich Herr zu dir“.
Den Opfern, Angehörigen, Passanten zur Seite zu stehen nach schweren Unfällen, verheerenden Bränden, Suizid, in existenzieller Verzweiflung, nahe zu sein, wenn es gilt, eine Todesnachricht zu überbringen oder wenn die Retter selbst ihre Erlebnisse verkraften müssen – dafür werden Notfallseelsorgekräfte von der Leitstelle gerufen. Beistand leisten, auch wenn Corona gerade die körperliche Nähe verhindert, etwa eine Umarmung unmöglich macht.
45 ehrenamtliche und hauptamtliche Seelsorger stehen in Oberberg in besonderen Krisensituationen Tag und Nacht bereit, rund 100-mal im Jahr werden sie zu Einsätzen gerufen. Innehalten in der oft belastenden Arbeit, die Gedanken vor Gott und in die Gemeinschaft tragen, das sollte der Gottesdienst ermöglichen, der vom Gummersbacher Pfarrer Markus Aust gehalten wurde.
Zehn neue ehrenamtliche Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger wurden jetzt für ihren Dienst beauftragt, andere dagegen in den Ruhestand verabschiedet. (ms)
Thorsten Klein (50): Mit Gottes Hilfe richtige Worte finden
„Ich habe selbst in meiner Familie erlebt, dass eine Person, die mir sehr nahe steht, reanimiert werden musste. Da habe ich erfahren, wie wichtig es ist, dass in so einer Situation jemand da ist und man nicht so total verloren ist. Ich möchte für die Menschen da sein, ihnen aus der Erstarrung heraushelfen. Ich habe schon bei Einsätzen hospitiert, daher weiß ich, dass es jedes Mal unterschiedliche Situationen sind, die niemand vorhersehen kann und auf die auch die Ausbildung nicht unbedingt vorbereitet. Ich hoffe, dass ich mit Gottes Hilfe die richtigen Worte des Trostes finde. Manchmal hilft es sicher auch, einfach da zu sein oder den Kontakt zu Angehörigen herzustellen, damit die Betroffenen nicht ins Bodenlose fallen. Auch bei meiner Arbeit als Lehrer habe ich erfahren, wie wichtig es ist, sich mit dem Sterben auseinanderzusetzen und es nicht zu tabuisieren. So besuche ich mit Klassen das Hospiz in Wiehl, das prägt die Jugendlichen sehr eindrücklich.“
Horst Rau (71): Psychische Betreuung als Herzensangelegenheit
„Ich war 48 Jahre lang aktiv bei der Feuerwehr. Deshalb liegt mir die psychische Betreuung der Einsatzkräfte nach belastenden Erlebnissen besonders am Herzen. Die Notfallseelsorge ist da eine wichtige Ergänzung, deshalb habe ich mich für ihren Aufbau im Oberbergischen eingesetzt und war seit 2010 selbst an vorderster Front aktiv, um Menschen in schweren Situationen zur Seite zu stehen. Auch bei der Betreuung von Selbsthilfegruppen und von Eltern, die ihre Kinder verloren haben. So plötzlich wie der Entschluss, mich zu engagieren, kam die Entscheidung, aufzuhören. Da saß ich morgens um Viertel nach Vier im Auto, nachdem ich einer Familie die Nachricht vom Tod des Ehemanns und Vaters überbracht hatte und wusste: Das kann ich nicht mehr. Ich wünsche allen, die jetzt ihre schwere Aufgabe beginnen, dass sie gesund von allen Einsätzen wiederkommen und keinen Schaden an ihrer Seele nehmen. Und dass sie immer jemand haben, mit dem sie über das Erlebte sprechen können. Deshalb ermöglicht der Förderverein Notfallseelsorge nach einem belastenden Einsatz innerhalb von 24 Stunden therapeutische Betreuung.“
Andreas Gross (63): Notfallseelsorge von Beginn an begleitet
„Notfallseelsorger zu sein, das ist eine Berufung. Für mich als Krankenhausseelsorger lag es nahe, Hilfe zu leisten, wenn die Seele in Not ist und die frohe Botschaft zu überbringen, gleich in welcher Situation. Ich habe den Aufbau der Notfallseelsorge in Oberberg von den Anfängen an mit begleitet, als die Rettungskräfte uns noch eher als lästig betrachteten. Das hat sich in den 15 Jahren seitdem gründlich geändert und wir sind als wertvolle Unterstützung anerkannt. Acht Jahre lang war ich katholischer Koordinator, die neuen ehrenamtlichen Notfallseelsorger, die jetzt eingeführt werden, habe ich ausgebildet. Ihnen möchte ich ans Herz legen, mutig zu sein, einfühlsam in den unvorhergesehenen Situationen ihre Frau und ihren Mann zu stehen und zu signalisieren: Ich bin für Dich da! Echtheit und Akzeptanz sind wichtig, ebenso die Lebenserfahrung, die die einzelnen Ehrenamtler einbringen, während die Koordination besser in hauptamtlichen Händen liegt. Ich selbst habe immer gut für mich gesorgt und Supervision in Anspruch genommen und die Unterstützung des guten Teams geschätzt. Aber man muss aufhören, ehe man selbst krank wird. Für mich ist dieser Zeitpunkt jetzt gekommen.“