Dem MVZ in Derschlag drohen laut Betreiber Verkauf, Übergabe oder Insolvenz.
„Gehörige Schieflage“5000 Patienten in Gummersbach bald ohne Hausarzt?
Der Fortbestand des „MVZ Der Arzt – Hausarztzentrum Gummersbach“ steht auf der Kippe. An die 5000 Patienten des Versorgungszentrums könnten in Zukunft ohne Hausarzt dastehen. Nach Informationen dieser Zeitung soll den Patienten bereits gesagt worden sein, dass sie sich einen anderen Hausarzt suchen mögen. Mitarbeitenden soll dem Vernehmen nach bereits gekündigt worden sein. Das klingt nicht nach Fortbestand.
„Die Art und Weise, wie das MVZ in Derschlag fortgeführt wird, ist unklar“, bestätigt der Vorstandsvorsitzende der in Köln ansässigen „MVZ Der Arzt“-Gruppe, Oliver Krenzer, auf Nachfrage dieser Zeitung. Denkbar sei ein Verkauf, eine Übergabe, aber auch eine Insolvenz, die nicht das Ende bedeuten müsse. Ziel sei es, das MVZ zu erhalten, die Arbeitsplätze zu sichern und die Versorgung der Patienten am Standort in Derschlag sicherzustellen, so Krenzer.
Suche nach Investoren
Er bestätigt im Gespräch, dass sich das MVZ in Derschlag in einer „gehörigen Schieflage“ befinde. Als Grund nennt er die „nicht auskömmliche Abrechnung des Betriebs über die Kassenärztliche Vereinigung (KV)“.
Laut Krenzer soll ein MVZ wie das in Derschlag mit ausschließlich angestellten Ärzten 35 bis 40 Prozent weniger abrechnen können als ein niedergelassener Arzt in einem MVZ. Der Grund ist offenbar, dass einem niedergelassenen Arzt mehr Stunden Arbeitszeit pro Quartal zugestanden werden als einem Arzt im Angestelltenverhältnis. Das Derschlager MVZ verfügt über vier Sitze, drei davon sind laut Krenzer besetzt. Er sagt, dass man versuche mit neuen Investoren, der KV und dem Hausärzteverband über mögliche Lösungen zu sprechen.
Dr. Ralf Krolewski spricht von einer „besorgniserregenden Situation“
Mit Dr. Ralf Krolewski, dem hiesigen Vorsitzenden des Hausärzteverbands, hat Krenzer aber noch nicht gesprochen. Dass in Derschlag die Abwicklung droht, hat Krolewski dennoch längst gehört. Er spricht von einer „besorgniserregenden Situation“. Wenn das MVZ in Derschlag wegfallen würde, wäre das nach seiner Einschätzung „eine Katastrophe, die nicht mehr aufzufangen“ wäre.
Vor diesem Hintergrund könnte es sein, dass von offizieller Seite eine Notlage festgestellt würde, sodass dann die KV vor Ort tätig werden und die Versorgung sicherstellen könnte. Dr. Krolewski sieht das genossenschaftsbasierte Investorenmodell des „MVZ Der Arzt“ als gescheitert an. Investoren würden mit einer Rendite von vier Prozent rechnen, offenbar gehe das aber nicht.
Und die Schieflage in Derschlag ist offenbar nicht das einzige Problem, dass „MVZ Der Arzt“ aktuell lösen muss. Krenzer bestätigt auf Nachfrage Berichte, nach denen sein MVZ in Gerolstein ebenfalls auf dem Prüfstand stehe. Der „Trierer Volksfreund“ zitiert den Vorstandsvorsitzenden dort mit dem Worten „doch so, wie es jetzt ist, machen wir nicht weiter“. Auch in diesem Bericht ist die Rede davon, dass das MVZ nicht wirtschaftlich betrieben werden könne.
Bürgermeister Frank Helmenstein sieht die KV gefordert
Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Entwicklung mit den lokalen Vertretern der KV Kontakt aufgenommen. Einen Lösungsweg gebe es laut Auskunft der KV-Vorsitzenden Dr. Renate Krug-Peltier indes noch nicht, sagt er im Gespräch. Der Bürgermeister beklagt in diesem Zusammenhang die „mangelhafte Transparenz“. Im Grunde wisse aktuell niemand, was passiert. Mit der lokalen KV ist er sich einig, dass die Situation „hoch dramatisch“ ist.
Und das vor allem, weil die niedergelassenen Ärzte die Patienten ohne Hausarzt nicht übernehmen könnten. Daher erwartet auch Helmenstein von der KV im Falle einer festgestellten Notlage einzugreifen. Am Ende gehe es um Patienten, die versorgt werden müssten, betont der Gummersbacher Bürgermeister.
Die KV sagt auf Nachfrage, dass sie sich über die wirtschaftliche Situationen externer Unternehmen nicht öffentlich äußern dürfe. Die aktuelle Entwicklung in Derschlag sei den Fachabteilungen bekannt und „wir sind derzeit dabei, unter Einbeziehung unserer örtlichen KVNO-Verantwortlichen uns ein konsistentes Lagebild von der Situation zu verschaffen“. Insbesondere vor dem Hintergrund der ambulanten Versorgung vor Ort.