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Ärzte melden volle PraxenGrippewelle rollt auch durch Oberberg

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann liegt mit Taschentüchern, Teetasse, Nasenspray und Tabletten im Bett (gestellte Szene).

Ruhe und Tee mit Honig – so lautet ein ärztlicher Rat.

Große Lücken in Schulen und Kitas, hoher Krankenstand in vielen Betrieben: Schon vor Karneval hat viele Oberberger die Grippe erwischt.

Gefühlt haben die Schniefnasen das Regiment in Oberberg übernommen. Rundum wird gehustet, viele klagen über Husten, Fieber, Gliederschmerzen. Schulklassen und Kita-Gruppen sind auf die Hälfte geschrumpft. Viren und Bakterien suchen zurzeit vor allem die Kinder heim: „Wir haben eine schwere Grippewelle, dazu kommen Magen-Darm-Infekte, Erkältungen, und gerade schwappt die zweite RSV-Welle über Oberberg. Es kommt auch zu Doppelinfektionen. Manche Familien mit mehreren Kindern kommen seit Wochen nicht mehr aus dem Krankheitsmarathon heraus“, stellt der Waldbröler Kinderarzt Guido Weißhaar fest. „Kaum ist ein Kind nach fünf bis acht Tagen auf dem Weg der Besserung, steckt sich das nächste an.“

Nachwehen der Cororona-Pandemie

Es sei normal, dass sich Kinder in dieser Jahreszeit in der Schule und im Kindergarten anstecken, „allerdings sind bestimmt noch die Nachwehen der Cororona-Pandemie mit im Spiel, die Grundimmunität gegen Grippe hinkt“, meint der Kinderarzt, in dessen Praxis großer Andrang herrscht. Die gute Nachricht: Weniger Babys als bisher leiden an RSV, gefühlt sei das ein Effekt der Impfung. Thorsten Birnstengel, Filialleiter der Cosmas-Apotheke in Wipperfürth, hatte im Notdienst am Wochenende alle Hände voll zu tun: Vor allem Antibiotika für Kinder waren gefragt, „manche husten seit Wochen, sie werden und werden nicht gesund“, so seine Erfahrung.

„Auch die Kinderstation im Klinikum ist voll“, informiert der Leiter der Kinderklinik, Roland Adelmann. „Vor allem kleine Kinder leiden unter Flüssigkeitsverlust und bekommen schlecht Luft, sie brauchen Infusionen und Unterstützung beim Atmen.“ Eltern können mit Tests aus der Apotheke selbst herausfinden, ob ihr Kind die echte Grippe hat oder „nur“ eine Erkältung. „Zwei Drittel der Patienten mit Atemwegerkrankungen sind Kinder“, beobachtet auch der Gummersbacher Hausarzt Ralph Krolewski. „Da ist der Teufel los.“

Oberberg: Viele Patienten kommen mit akuten Atemwegserkrankungen

Aber auch Erwachsene bleiben nicht verschont: Seit drei Tagen steht das Telefon in seiner Praxis nicht mehr still, „ein Drittel der Patienten kommen mit akuten Atemwegserkrankungen, um die zehn pro Tag.“ Im Lockdown der Coronazeit waren es halb so viele. Dabei spiele das Covid-Virus zurzeit mit rund zwei Prozent der Fälle nur eine geringe Rolle. Die meisten Patienten hätten sich ein Grippevirus eingefangen, entweder vom gefährlicheren Typ A oder vom Typ B.

Im Kreiskrankenhaus Waldbröl werden, so Kliniksprecherin Angela Altz, zurzeit zehn Patienten mit Influenza behandelt, in Gummersbach sind es 20. „Bei den vulnerablen älteren Patienten, die im Herbst geimpft wurden, gibt es nur wenige Infekte“, stellt der Hausarzt Krolewski fest. Bei den Erwachsenen treffe es vor allem die jungen Leute und die im mittleren Alter. Zurzeit gebe es weniger schwere Krankheitsverläufe, dafür aber eine steigende Zahl: „In vielen Betrieben fallen rund 20 Prozent der Belegschaft aus.“

Grippe: Masken sind wirkungsvolles Mittel gegen Ansteckung

Was tun, wenn das Fieber steigt und der Husten die Nachtruhe raubt? „Gegen Viren gibt es kein Medikament“, erklärt Krolewski. Er bedauert, dass die meisten Leute leichtsinniger geworden seien und die Masken, an die sich alle in der Coronazeit gewöhnt hatten, von ihren Nasen verbannt hätten. „Dabei sind sie ein wirkungsvolles Mittel, sich und andere vor Infekten zu schützen.“

„Ruhe und ein Tee mit Honig funktioniert am besten“, rät auch Kinderarzt Weißhaar und vom Klinikum heißt es, dass die meisten Patienten, die in die Ambulanz kommen, danach wieder nach Hause gehen und sich dort auskurieren können. Eine gute Nachricht hat Apotheker Birnstengel für geplagte Eltern und Kinder: Im Gegensatz zum vergangenen Jahr gibt es ausreichend Fiebersäfte und Zäpfchen.

Ob nun der Höhepunkt der Welle erreicht ist, wie bundesweite Statistiken verkünden? Krolewski ist skeptisch. „Wenn wie jetzt die Temperaturen steigen, werden die Infekte noch mal richtig angebrütet“, fürchtet er. Auch Kinderarzt Guido Weißhaar ist vorsichtig mit Prognosen. „Karnevalsfeiern haben ja jede Menge Viren im Gepäck, die finden ihren Weg noch in die letzten Orte“, fürchtet er. „Wir sind darauf vorbereitet. Denn Grippe und Erkältungen haben noch bis April Saison.“


Hier gibt es Hilfe für an Grippe erkrankte Menschen

Treten starke Symptome auf oder verschlechtert sich der Zustand, sollte die Hausarzt- oder Kinderarztpraxis kontaktiert werden, möglichst vorab per Telefon. Das rät die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV). Wer außerhalb der regulären Praxiszeiten medizinische Hilfe benötigt, findet Informationen zu den gut 90 Notdienstpraxen unter www.kvno.de/notdienst oder kann sich über die kostenlose Hotline 116 117 an den ambulanten Bereitschaftsdienst der niedergelassenen Ärzte wenden. Patienten, die nicht mobil sind, können über diese Rufnummer einen ärztlichen Hausbesuch anfragen.

Für Eltern erkrankter Kinder bietet die Kassenärztliche Vereinigung eine kinderärztliche Videosprechstunde an. Dieser Service der KV ist samstags, sonntags und feiertags und auch am Rosenmontag von 10 bis 22 Uhr verfügbar. Termine können ebenfalls über die Hotline 116 117 oder im Internet vereinbart werden.