Wie sie die Belastung der Profispieler und der U20-Handballer des VfL Gummersbach steuern und Verletzungen vorbeugen kann, berichtet Kim Kron.
Seit FebruarKim Kron erzählt über ihre Arbeit als Athletiktrainerin beim VfL Gummersbach
Kim Kron (31) ist seit Februar Athletiktrainerin der Profihandballer und der U20 des VfL Gummersbach. Durch Bundesliga und Europa League stehen für sie und die Handballer harte Wochen an. Wie sie die Belastung der Spieler steuern und Verletzungen vorbeugen kann, darüber sprach Andrea Knitter mit ihr.
Jede Woche zwei Spiele im Oktober, lange Reisen und wenn die Liga pausiert, ruft die Nationalmannschaft. Wie können Sie als Athletiktrainerin die Spieler darauf vorbereiten und fit halten?
Eine solche Fülle an Spielen ist für mich und auch für die meisten Spieler Neuland. Es ist ein Prozess, in dem wir gemeinsam herausfinden müssen, was den Spielern guttut und was der Verletzungsprävention dient. Ich denke, der Fokus wird eher auf der Regeneration und der Spielaktivierung liegen. Wie bisher auch, arbeiten wir komplett als Team zusammen, das sind der Trainerstab, die Physios, die Ärzte, Betreuer und ich als Athletiktrainerin.
Wie sieht die Zusammenarbeit aus?
Trainer Gudjon Valur Sigurdsson ist derjenige mit der meisten Erfahrung, der alleine schon durch seine lange Spielerkarriere die Belastung am besten einschätzen kann. Co-Trainer Goncalo Miranda ergänzt das mit seiner intensiven Videoanalyse und den in den Spielen gesammelten Beobachtungen. Dazu fragen wir vor dem Training die Befindlichkeiten der Spieler ab und testen nach dem Training mit einem Countermovementjump die neuronale Ermüdung.
Was bedeutet das?
Wir ermitteln zu Beginn der Saison, wie hoch ein Spieler springen kann, mithilfe einer Kontaktplatte und sehen anhand der erreichten Höhe nach dem Training den Grat der Erschöpfung. Das ist aber nur ein Mittel, um die Belastung zu steuern. Durch die langen Reisen, beispielsweise auch mögliche Flüge, gibt es jetzt auch andere Einflüsse.
Wollten Sie immer Athletiktrainerin werden?
Nein, ich wusste ganz lange nicht, was ich machen wollte. Mich hat der Sport, vor allem der Handball und die Therapie gereizt. Ich bin dann im Bereich der Sporttherapie und dem Training hängengeblieben. Als der VfL mir die Chance auf die Stelle als Athletiktrainerin gab, war das etwas, was ich nicht ablehnen konnte.
Wie ist Ihr Werdegang?
Ich habe an der Sporthochschule Köln Sport mit Schwerpunkt Gesundheit in Prävention und Therapie studiert. Nach dem Bachelor habe ich einen Job gesucht und ein Jahr als Sportwissenschaftlerin in einer Physiopraxis in Köln auf der Trainingsfläche gearbeitet. Den Masterstudiengang „Prävention, Sporttherapie und Gesundheitsmanagement“ habe ich berufsbegleitend begonnen und beim VfL hospitiert. Zunächst auf Mini-Job-Basis habe ich als Rehatrainerin beim VfL gearbeitet. Um mich weiterzubilden, bin ich nach Berlin gezogen, um dort als Sportwissenschaftlerin in der Reha zu arbeiten. Als mein Vorgänger Johannes Scheidgen in Elternzeit ging, hat mir der VfL die Nachfolge angeboten.
Das war am 1. Februar gleich ein Sprung ins kalte Wasser, oder?
Stimmt, ich habe nach der EM-Pause mitten in der Woche angefangen und drei Tage später war das Pokalspiel bei den Füchsen Berlin, dem wiederum drei Tage später die Bundesligapartie bei Hannover folgte.
Gilt das jetzt auch für die Behandlung von Julian Köster und Teitur Einarsson, die sich beide im Spiel in Leipzig schwer verletzt haben?
Natürlich bedeutet eine Verletzung von einem wichtigen Spieler immer Druck, gerade auch im Hinblick auf die Rehaplanung. Der medizinische Staff und ich tun alles, um die Spieler so gut und so schnell wie möglich wieder fit zu bekommen. Wir müssen es als Chance sehen, in der Zeit an anderen „Baustellen“ zu arbeiten und die Zeit dafür gut zu nutzen.
Hatten Sie Erfahrung mit Leistungssportlern?
Ja, vor allem in meiner Zeit in Köln. Da waren es vor allem Fußballer, ab und zu aber auch mal ein Handballer. Ich habe mich, als das Angebot kam, gefragt, ob ich mir das zutraue und das tat ich.
Als Athletiktrainerin sind Sie eine Ausnahme, es gibt zwar Physiotherapeutinnen, aber Frauen im Athletikbereich der Männer sind selten. In der Handball-Bundesliga sind Sie die Einzige. Wie gehen Sie damit um, und wie reagiert man auf Sie?
Ich bin selbstbewusst genug, um damit umzugehen. Manchmal sind die gegnerischen Mannschaften ein bisschen irritiert, wo sie mich hinstecken sollen, aber mit den Jungs hatte ich nie Probleme. Ich kannte sie ja schon vorher. In der ersten Woche habe ich gleich Giorgi Tskhovrebadze und Ellidi Vidarsson betreut, die angeschlagen von der EM zurückgekommen waren. Ich war zuständig für ihr Belastungsmanagement und ihr Rehatraining neben dem Feld. Es geht immer darum, herauszufinden, was der Spieler braucht und wie ich das mit meiner Arbeit umsetzen kann. Wir haben hier in Gummersbach den großen Vorteil, dass alles vor Ort ist, so kann man einen Reha- und Trainingsplan ganz anders aufbauen.
Sind Sie daran beteiligt, wenn es beispielsweise darum geht, die Trainingsbereiche aufzubauen?
Oh ja, das war zu Beginn meiner Arbeit gleich eine echte organisatorische Herausforderung, denn ich sollte den Kraftraum neu machen.
Nochmal zurück zu der Frage, wie die VfL-Handballer Sie aufgenommen haben. Es war ja auch für sie eine neue Erfahrung, eine Athletiktrainerin zu haben.
Die Jungs haben mich gut aufgenommen. Da ist nicht der entscheidende Faktor „Mann oder Frau“, sondern Qualität und Leistung stehen im Vordergrund. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass mehr Frauen und Mädchen im Profisport der Männer arbeiten. Daher sollte es kein Thema mehr sein. Ich denke, dass ich in manchen Dingen etwas feinfühliger als meine männlichen Kollegen sein kann. Die Spieler vertrauen mir aber, weil ich das fachliche Wissen habe. Es ist wichtig, dass auch Frauen zum Team gehören, um ein Gleichgewicht zu schaffen.
Wenn Sie auf die vergangenen acht Monate blicken, was hat sich verändert?
Ich habe einiges geändert, was die Konzepte und Strukturen im Bereich Athletik angehen. Goggi lässt mir Freiräume und vertraut mir, was die Belastungssteuerung angeht.
Sie haben selber Handball gespielt, zuletzt bei Fortuna Köln. Haben Sie überhaupt noch Zeit dafür?
Nein, denn wie die Spieler bin ich auch fast täglich in der Halle und arbeite anschließend anhand des Trainings die Pläne aus. Da bleibt nicht viel Zeit, zumal ich auch schon morgens um 7 Uhr beim Frühtraining der Handballakademie dabei bin. Da passt es, dass in Gummersbach die Wege kurz sind.
Betreiben Sie beim Nachwuchs auch so einen Aufwand wie bei den Profis?
Ja und Nein, da bin ich viel auf die Hilfe der beiden Trainer Goncalo Miranda und Jan Schwenzfeier sowie Julian Heisterkamp, den Athletiktrainer der U15 bis U17-Mannschaft, angewiesen. Mit Rehaplanung, Training und Athletik der Profis bin ich schon sehr ausgelastet.