Stimmt der Kreistag zu, soll der Kölner Martin Rüther in Oberberg eine umfassende Internetplattform über die NS-Zeit aufbauen.
Dunkle VergangenheitKölner Historiker soll die Nazizeit in Oberberg kritisch aufarbeiten
Den Namen von Martin Rüther wird man hierzulande künftig öfter hören. Rüther, promovierter Historiker, lange am NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln beschäftigt und inzwischen im Ruhestand, soll im Auftrag des Oberbergischen Kreises die Zeit des Nationalsozialismus in der Region aufarbeiten – und damit eine Aufgabe übernehmen, über deren Notwendigkeit lange gestritten wurde. Einzelheiten hat Landrat Jochen Hagt am Donnerstag im Kreisausschuss vorgestellt, dessen Mitglieder wiederum einstimmig dem Kreistag empfahlen, einen Vertrag mit Martin Rüther abzusegnen.
Oberbergs Kreistag soll den Historiker zunächst für 14 Monate engagieren
Der Historiker soll für zunächst 14 Monate engagiert werden, Kern seiner Arbeit der Aufbau einer Internetplattform sein, die mehrere Ebenen umfasst – im Zentrum die Geschichte des Kreises in seiner heutigen Ausdehnung, allerdings mit Verweisen auf die übergeordnete nationale Historie genauso wie auf lokale Ereignisse in den oberbergischen Kommunen.
Ins Visier soll Rüther dabei die Jahre zwischen 1918 und 1960 nehmen, „wobei die NS-Zeit und die Kontinuitäten nach 1945 den Fokus bilden“, heißt es in der Verwaltungsvorlage an den Kreistag. Vor allem gehe es darum „die in den oft schon älteren Werken gewonnenen Erkenntnisse mit dem aktuellen Stand der historischen Forschung abzugleichen, zu hinterfragen, neu zu bewerten und möglicherweise erneut zu untersuchen.“
Oberbergischer Kreis will auch unerforschte Quellen sichten lassen
Der Kreis verspricht einen kritischen Blick. Fester Bestandteil der Plattform soll deshalb eine Rubrik sein, in der „frühere Irrtümer oder Fehlinterpretationen in der lokalen Geschichtsschreibung vorgestellt und korrigiert werden.“ Rüther solle zudem „mehrere Quellen untersuchen, die bisher gar nicht gesichtet wurden“, sagte Hagt im Ausschuss, zum Beispiel die Chroniken der Volksschulen, Schulhefte aus der NS-Zeit oder Entnazifizierungsakten aus dem Archiv des Landes.
Mit dem Start des Projektes soll auch Oberbergs Bevölkerung dazu aufgerufen werden, Quellen aus Privatbesitz zur Verfügung zu stellen. Insgesamt stellt sich der Kreis eine Website vor, die zugleich Informations-, Kommunikations- und Forschungsplattform ist und zum Mitmachen einlädt.