Dr. Uwe Moshage ist seit November neuer Vorstand des Aggerverbands. Nach rund 100 Tagen im Amt berichtet er von seinen Erfahrungen.
„Bloß nicht stehen bleiben“So ergeht es dem neuen Aggerverbandschef in seinem neuen Amt
Herr Dr. Moshage, Ihr Vorgänger im Amt, Prof. Dr. Lothar Scheuer, ist bekennender Konsument Ihres Wassers, wie sieht es bei Ihnen aus?
Uwe Moshage: Ich trinke unser Wasser aus dem Wasserhahn oder ich sprudle es. Gekauftes Wasser kommt mir auch daheim in Attendorn nicht ins Haus, und hier im Büro ist das ohnehin kein Thema für uns. Ich bin von unserer Qualität absolut überzeugt.
Was Ihr Wasser kann, wissen Sie ja nicht erst seit Ihrer Wahl im September vergangenen Jahres.
Das stimmt, denn ich bin bereits seit dem Jahr 2018 beim Aggerverband. Bis zu meiner Wahl habe ich die Abteilung Abwasser geleitet. Das ist unsere größte Abteilung, in der 175 unserer insgesamt 400 Beschäftigten arbeiten. So gesehen kannte ich den Aggerverband bereits recht gut, als ich an dessen Spitze gewählt wurde.
Die Sicherung der Fachkräfte ist nur eine von vielen Aufgaben
Mit welcher Expertise sind Sie zum Aggerverband gekommen?
Ich habe an der Universität Hannover Bauingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Wasserwirtschaft studiert und am Institut für Siedlungswasserwirtschaft der TU Braunschweig promoviert. Bevor ich ins Oberbergische gekommen bin, war ich zwölf Jahre lang Mitglied der Geschäftsleitung und leitete den internationalen Geschäftsbereich in einem der führenden Ingenieurbüros für Wasserwirtschaft in Essen.
Nach gut 100 Tagen haben Sie einen ersten Eindruck des gesamten Verbandes. Welchen Eindruck haben Sie?
Ein funktionierendes Unternehmen, was aber nicht bedeutet, dass wir stehen bleiben dürfen. Vielmehr müssen wir uns weiter entwickeln.
Um welche Themen geht es dabei?
Neue Gesetze, Klimaveränderung, Umwelt und die Frage, wie wir auch in Zukunft unsere Fachkräfte bekommen.
Apropos Klimaveränderung: Erst am 12. Januar hatten wir im Aggertal nach tagelangem Regen wieder Hochwasser. Was können Sie als Verband unternehmen, dass die Agger nicht immer wieder in die Häuser vordringt?
Unsere ständige Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass die Engstellen entlang der Flussläufe frei gehalten werden, damit sich dort schon mal nichts stauen kann. Und wenn im Bereich von Fließgewässern gebaut werden soll, können wir in unserer Stellungnahme deutlich machen, ob das aus unserer Sicht sinnvoll ist. Vielfach werden unsere Hinweise berücksichtigt, allerdings können wir keine Verbote aussprechen.
Welche präventiven Maßnahmen können Sie als Verband betreiben?
Ein großes Thema ist die Schaffung von Retentionsflächen. Davon würden wir gerne mehr schaffen. Aus diesem Grund sind wir dabei, mit Kommunen, Städten, Kreisen und dem Wupperverband die Zusammenarbeit zu intensivieren und Kooperationen einzugehen. Vielfach scheitern wir aber daran, dass sich Eigentümer von ihren Flächen nicht trennen wollen.
Der Aggerverband will mehr Energien durch Photovoltaik gewinnen
Für die Wasseraufbereitung wird im Verband viel Strom gebraucht. Wie weit können oder wollen Sie diesen selbst erzeugen?
Die Energiekrise hat auch uns deutlich höhere Preise bei der Beschaffung beschert. Ich lote zurzeit aus, wie wir mehr eigene Energie mit Photovoltaikanlagen erzeugen können. Sei es auf unseren Dächern, mit Freianlagen oder mit sogenannten Floating Panels, also auf dem Wasser schwimmenden Anlagen.
Wie würde das aussehen?
Solche schwimmenden Anlagen bieten sich für unsere beiden Trinkwassertalsperren Wiehl und Genkel an. Wichtig dabei ist natürlich, dass die Wasserqualität nicht leidet. Eine Umsetzung kann ich mir gut vorstellen für den Fall, dass so eine Anlage wirtschaftlich ist.
Und was ist mit Windkraft?
Am Ende werden wir als Verband auch darüber nachdenken müssen. Aktuell ist es aber so, dass zwar viele alternative Energien haben wollen, aber nicht im eigenen Vorgarten.
Für den Fall eines Blackouts gibt es Notstromaggregate
Wie viel Energie verbrauchen Sie als Verband?
Pro Jahr sind das 23 Millionen Kilowattstunden. Für den aktuellen Bedarf haben wir noch günstig einkaufen können, aber für das Jahr 2024 rechne ich mit einer signifikanten Erhöhung.
Ein totaler Stromausfall, ein sogenannter Blackout würde auch Sie fordern. Wie können Sie reagieren, um trotzdem Wasserversorgung und -entsorgung zu garantieren?
Wir haben unsere Abwasseranlagen mit Notstromversorgungen ausgerüstet. Noch wichtiger ist die Aufrechterhaltung der Frischwasserversorgung. Für den Fall der Fälle schaffen wir 50 Liter pro Einwohner am Tag zu liefern.
Ein anderes Thema ist der Tourismus und der Wunsch, im Reichshof die Wiehltalsperre erlebbarer zu machen. Wie weit gehen Sie mit?
Unserer oberste Priorität hat die Sicherung des Rohwassers von Wiehl und Genkel, also den beiden Trinkwassersperren. Dort kann man nicht so dran. In der Agger indes kann geangelt und gebadet werden. Das aktuelle Regionale -Projekt an der Wiehltalsperre unterstützen wir aber wo es geht. Zum Beispiel mit dem Ausbau des Wegenetzes.
Ein anderes Regionale-Projekt spielt an der Aggertalsperre, wo Hecken verschwinden und die Gehwege wie eine Promenade näher ans Wasser kommen sollen.
Dort ist die Ausgangslage eine ganz andere. Hier sind ja bereits ausgewiesene Badestellen. Was die Umsetzung der Pläne angeht, sind wir mit der Stadt Gummersbach in Kontakt und haben zeitnah auch einen Termin.