Ihre letzte Ruhestätte wollen immer mehr Menschen unter einem Baum finden. Ein „Urnengrab im Wurzelbereich von Bäumen“ ist sehr gefragt.
Mein Grab, der BaumImmer mehr Oberberger möchten sich in Begräbniswäldern bestatten lassen
„Vielen Menschen gefällt der Gedanke, die letzte Ruhestätte unter einem lebendigen Baum zu finden“, sagt Julia Gill vom Fachbereich Personenstandswesen der Gemeinde Reichshof. „Urnengrab im Wurzelbereich von Bäumen“ nennt sich diese Art der Bestattung, mit denen ihre Gemeinde diesen Wünschen nachkommt. Wie in Reichshof sind die Bestattungen unter einem Baum mittlerweile auf allen Friedhöfen der Städte und Gemeinden zwischen Marienheide und Morsbach möglich.
Bestatter weiß, wie sich Wünsche der Kunden gewandelt haben
„Damit gehen die Kommunen auf die entsprechend große Nachfrage ein“, sagt Inhaber Markus Lang von Bestattungen Werner Lang. Das Unternehmen in Nümbrecht gibt es seit 60 Jahren, und Markus Lang hat vor allem in den vergangenen Jahren erlebt, wie sich die Wünsche der Kundinnen und Kunden wandeln: „Immer mehr Menschen wollen ihren Angehörigen die Grabpflege ersparen und den meist entfernt lebenden Kindern die regelmäßige Anreise dafür ersparen.“
Für ein Grab unter Bäumen zahlt man derzeit je nach Liegedauer und Wahl des Ortes zwischen 1000 und 3000 Euro. So kostet ein Grab unter Bäumen für 25 Jahre auf dem Friedhof der Evangelischen Kirchengemeinde Holpe-Morsbach 3075 Euro, in der Gemeinde Marienheide sind für denselben Zeitraum rund 1600 Euro fällig und in der Stadt Bergneustadt 1560 Euro.
Viel preiswerter als ein Sarg in der Erde ist die Urne zwischen den Wurzeln damit nicht. Zum Vergleich: Im Begräbniswald auf dem Westfriedhof der Stadt Gummersbach liegen die Kosten für einen Baumgrab über 30 Jahre bei 2068 Euro, für ein Erdgrab zahlt man für denselben Zeitraum rund 2100 Euro.
Jürgen Mittler von der Friedhofsverwaltung der Stadt Waldbröl hat eine Begründung: „Für das Wachstum der Pflanzen und zur Sicherheit der Besucherinnen und Besucher ist unter anderem ein regelmäßiges Beschneiden notwendig.“ Bei den alten und hohen Bäumen auf dem Waldbröler Friedhof am Wiedenhof seien dafür ein Hubwagen und der sogenannte Steigerschein erforderlich. „Beauftragen wir eine Fachfirma, kostet uns das mitunter 10.000 Euro.“
Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, schaffen derzeit alle Kommunen neue Begräbnisstätten unter Bäumen. Keine Kapazitäten mehr gibt es momentan nur auf dem Wiehler Friedhof Steinacker. Es liefen zwar Bestrebungen, in Wiehl wieder Bestattungen unter Bäumen anbieten zu können, konkrete Angaben könne die Stadt bisher jedoch nicht machen, schildert Wiehls Sprecher Volker Dick.
600 Plätze im Begräbniswald auf dem Westfriedhof in Gummersbach
Anders ist das in der Kreisstadt: Nachdem auf dem Westfriedhof vor acht Jahren mit 450 Plätzen gestartet worden ist, gibt es im dortigen Begräbniswald heute fast 600 Plätze. „In diesem Jahr pflanzen wir weitere Bäume und schaffen damit 800 zusätzliche Grabstätten in deren Wurzelbereich“, berichtet Stadtsprecher Siegfried Frank.
Die Kreisstadt geht zudem auf das Bedürfnis trauernder Menschen ein und hält für sie einen Ort des Gedenkens mit dem bürokratischen klingenden Namen „Grabschmuckablegestätte“ bereit. „Denn wir merkten schnell, dass es ein wichtiges Bedürfnis der Trauernden ist, Blumen, bemalte Steine oder Engelfiguren zu hinterlegen“, sagt Frank. In Bergneustadt können Blumen und ähnliches neben die an den Bäumen angelehnten Findlinge mit den Namen der Verstorbenen gelegt werden, in der Marktstadt Waldbröl gibt es dafür die Basaltstelen mit den Namensschildern.
„Viele Menschen gehen auf unserem Friedhof am Wiedenhof spazieren und lesen interessiert, wer gestorben und hier begraben ist“, berichtet der Waldbröler Rathausmitarbeiter Mittler. Damit erfülle der Friedhof unter Bäumen eine weitere wichtige Funktion: „Er ist ein Ort für die Lebenden.“
Und auch wenn der Friedhof wie in allen Kommunen in erster Linie den Einwohnerinnen und Einwohnern vorbehalten sei, gestatte die Stadt daher auch das Bestatten von Menschen von außerhalb: „Etwa dann, wenn ein Waldbröler einen verstorbenen Angehörigen in seiner Nähe haben möchte oder eine aus Waldbröl stammende Kölnerin sich wünscht, bei uns in ihrer Heimat begraben zu werden.“ Unter einem Baum in Waldbröler Erde.