Der Oberbergische Kreis möchte die Zahl der neuen Notfallsanitäter pro Jahr verdoppeln.
AusbildungsoffensiveOberbergs Rettungsdienst braucht mehr Nachwuchs
Wer den Notruf wählt, braucht schnelle Hilfe. Damit die auch in Zukunft gewährleistet ist, braucht der Rettungsdienst gut ausgebildeten Nachwuchs – und genau daran fehlt es momentan, nicht nur zwischen Morsbach und Radevormwald. Birgit Hähn, Dezernentin der oberbergischen Kreisverwaltung und für den Rettungsdienst zuständig, spricht von einem landesweiten Mangel bei den Notfallsanitätern. „Es gibt praktisch keinen Markt, auf dem wir uns bedienen könnten.“
Dabei fehle es nicht an jungen Menschen, die sich für den Job als Retter interessierten, ganz im Gegenteil. Zuletzt bewarben sich in Oberberg mehrere hundert Frauen und Männer auf zwei Dutzend Ausbildungsplätze. Das Nadelöhr ist vielmehr die begrenzte Ausbildungskapazität. Die wiederum hat der Kreis über die Akademie Gesundheitswirtschaft und Senioren (Agewis) auf dem Steinmüllergelände selbst in der Hand.
Oberberg will Verdopplung der Sanitäter bis 2026 befristen
Im Gesundheitsausschuss des Kreistags stellten Hähn und die Leitung des hiesigen Rettungsdienstes jetzt einen Plan vor, der die Verdopplung auf 50 Ausbildungsplätze pro Jahrgang vorsieht – macht bei der dreijährigen Qualifikation zum Notfallsanitäter bis zu 150 neue Fachkräfte, die die Agewis in den kommenden drei Jahren verlassen könnten. Damit die Neulinge während ihrer Praktika auch vernünftig begleitet werden, soll zeitgleich die Zahl der Praxisanleiter von 32 auf 85 erhöht werden. Befristet werden sollen der Ausbau bis Ende 2026. Läuft alles nach Plan, dürfte dann genug Personal verfügbar sein, um alle Aufgaben des Rettungsdienstes erfüllen zu können.
Jörg Ossenbach, Abteilungsleiter Rettungsdienst, machte dem Ausschuss jedenfalls deutlich, dass er deutlich mehr Kapazität für alternativlos hält. Die aktuelle Zahl von 25 Absolventen pro Jahr gleiche lediglich die Fluktuation und Abbruchquote aus, diene also nur der Sicherung von Fachkräften, nicht aber deren Gewinnung. Auf der anderen Seite sehe der 2021 vom Kreistag verabschiedete Rettungsdienst-Bedarfsplan zusätzliche Fahrzeuge (siehe unten) und Wachen, die besetzt werden müssen – das generell steigende Einsatzaufkommen außen vor gelassen.
Der Ausschuss empfahl den Plan einstimmig, im Juni soll der Kreistag entscheiden. Abgeklärt werden muss die Finanzierung aber noch mit den Krankenkassen. Ob die mitspielen werden, ist laut Dezernentin Hähn allerdings noch völlig offen.
Neuer Fahrzeugtyp: Der oberbergische Rettungsdienst wird demnächst eine neue Kategorie bei den Rettungsfahrzeugen einführen. Der neue „Rettungswagen Akutfall“ (RTW-A) soll eine Zwischenstellung zwischen dem Krankentransportwagen (KTW) und dem klassischen Rettungswagen (RTW) einnehmen. Ersterer wird zum Beispiel genutzt, um Menschen ohne Zeitdruck ins Krankenhaus, zwischen verschiedenen Kliniken oder nach einem Krankenhausaufenthalt nach Hause zu transportieren. Der RTW ist das Einsatzfahrzeug, das mit Blaulicht etwa zum Herzinfarkt oder Verkehrsunfall ausrückt.
Äußerlich werde der RTW-A einem regulären RTW ähneln, auch die Qualifikation der Besatzung entspreche der des Rettungswagens, berichtete Dr. Ralf Mühlenhaus, Ärztlicher Leiter des oberbergischen Rettungsdienstes, jetzt dem Ausschuss für Gesundheit und Notfallvorsorge des Kreistags. „Das Auto wird allerdings nicht gegen die Zwölf-Minuten-Hilfsfrist zum Einsatz fahren.“ Konkret gehe es also um Patientinnen und Patienten, die versorgt werden müssten, allerdings nicht zwingend innerhalb von wenigen Minuten.
Mühlenhaus nannte etwa auch „soziale Notfälle“ als Beispiel. Der Kreis reagiere mit dem RTW-A auch auf die älter werdende oberbergische Gesellschaft. Vorgesehen sind kreisweit drei RTW-A, die in Gummersbach, Waldbröl und Hückeswagen stationiert werden sollen. Vorgesehen ist die Indienststellung in der Kreisstadt und Hückeswagen bislang für Juli. (sfl)