Die Gewerkschaft fordert im Arbeitskampf der Metall- und Elektroindustrie sieben Prozent mehr Lohn, die Arbeitgeberseite warnt vor diesem Volumen.
TarifrundeOrtsvorstand der IG Metall Gummersbach an einem Tisch mit dem Arbeitgeberverband
Das Prozedere ist altvertraut und die Forderungen im aktuellen Arbeitskampf der Metall- und Elektroindustrie bekannt. Sieben Prozent mehr Lohn fordert die IG Metall in der Tarifrunde der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie. Zudem soll es für die Azubis eine Lohnsteigerung von monatlich 170 Euro geben. Die Arbeitgeberseite hält diese Forderung für zu hoch – gerade in den aktuellen Zeiten, wie es heißt.
Am Donnerstagmittag traf sich der Ortsvorstand der IG Metall Gummersbach, angeführt vom 1. Bevollmächtigten Werner Kusel, mit Ulrich Koch, dem Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands in Oberberg und Vertreter von Kölnmetall, dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie Köln. Mit im Gepäck hatten die Gewerkschafter neben Präsenten auch einige überdimensionale Postkarten. Auf denen hatten die Kolleginnen und Kollegen der Betriebe die Forderungen im Arbeitskampf unterzeichnet. Kusel erklärte in dem mehr als einstündigen, harmonischen Gedankenaustausch, dass die Karten vor allem auch ein Beleg dafür seien, dass die Menschen in den Betrieben hinter den Forderungen der Gewerkschaft stünden.
Junge Menschen sollen ausbildungsfähig gemacht werden
Neben den reinen Lohnerhöhungen geht es der Gewerkschaft aber auch darum, junge Menschen, die nicht auf Anhieb die Voraussetzungen für eine Ausbildung mitbringen, darauf vorzubereiten und am Ende „ausbildungsfähig“ zu machen. Ein Ansatz, der auch von der Arbeitgeberseite unterstützt wird, wie Koch erklärte. Er betonte zudem , dass die Arbeitgeberseite die Forderungen nach mehr Lohn ernst nehme. Allerdings seien diese „auch mutig, ja übermütig“. In Corona-Zeiten habe die Arbeitnehmerseite mehr Augenmaß bewiesen, obwohl die wirtschaftlichen Umstände noch besser gewesen seien als heute. „Daher können wir nur davor warnen, die Betriebe jetzt tarifpolitisch zu überfordern“, sagte Koch.
Der Geschäftsführer übte auch deutliche Kritik an den Forderungen, weil die IG Metall die Lage in den Betrieben im Oberbergischen kenne und trotzdem „eine der höchsten Entgeltforderungen der jüngeren Vergangenheit“ aufstelle. In den vergangenen 30 Jahren habe die IG Metall nur zweimal eine höhere Forderung aufgestellt und das bei einer Inflation von aktuell nur noch gut zwei Prozent. Gewerkschafter Haydar Tokmak wollte nicht verhehlen, dass die wirtschaftliche Situation in Deutschland prekär sei. Auch die IG Metall habe ein Interesse daran, dass der Wirtschaftsstandort und die Arbeitsplätze erhalten blieben. Hier müsse allerdings auch die Politik mehr Verantwortung übernehmen, damit das gelingt.
Tokmak sagt, dass die Kaufkraft wieder stärker werden muss
Tokmak sagte, dass zumindest die Binnenwirtschaft funktionieren müsse wenn schon der Export schwächle. Also gehe es auch darum, die Kaufkraft zu stärken, um die Konjunktur auf den Beinen zu halten. Tokmak machte deutlich, dass die Kolleginnen und Kollegen bei ständig steigenden Kosten allein schon für Grundnahrungsmittel immer weniger im Portemonnaie hätten. Also gehe es auch darum, mit mehr Lohn in die Menschen zu investieren. Koch indes zweifelte an, dass mehr Lohn die Kaufkraft stärken wird. Und er warnte davor, Betriebe mit einer Tarifbindung mit einer zu hohen Forderung zu verschrecken. Gewerkschafter Kusel hielt dem entgegen, dass die Forderung von sieben Prozent begründet sei, wobei auch er zu erkennen gab, dass es noch nach unten gehen werde. „Aber die Zielzahl geben wir noch nicht aus“, so der 1. Bevollmächtigte.
Und am Ende werde es wieder einen Kompromiss geben, was auch Koch für sehr wahrscheinlich hält. Der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes gibt auch zu bedenken, dass die Beschäftigten aktuell noch von dem letzten Abschluss in Höhe von 8,5 Prozent profitierten.
Krankheitstage
Losgelöst von den aktuellen Forderungen ging es bei dem Treffen auch um das Thema der immer weiter steigenden Krankheitstage in den Betrieben. Ulrich Koch vom Arbeitgeberverband sagte, dass diese Entwicklung das Land im Jahr 2023 in die Rezession getrieben habe. Gewerkschafter Werner Kusel indes wehrte sich gegen ein Pauschalurteil. Er gab zu bedenken, dass ein Arzt feststellte, dass eine Kollegin oder ein Kollege arbeitsunfähig seien. Und er führte ins Feld, dass die Zahl derer, die psychisch krank seien, immer mehr würde. Woher das komme, müsse man sich auch mal fragen und klären, ob der Druck in den Betrieben vielleicht nicht zu hoch sei.