Traurige SzenenGummersbacher Karstadt schließt endgültig
- 45 Jahre Kaufhausära gingen am Samstag in Gummersbach zu Ende. Die örtliche Karstadt-Filiale musste nach harten Jahren schließen.
- Nicht nur die zahlreichen Mitarbeiter trauerten an diesem Tag um ihren Arbeitsplatz und ihre Kollegen, sondern auch Gummersbacher Bürger sind betroffen.
- Monika Siegfried-Hagenow war dabei, als das Kaufhaus zum letzten Mal die Türen öffnete.
Gummersbach – Es ist die letzte Stunde für die Karstadt-Filiale in Gummersbach. Die Stunde des Abschieds. Eine Stunde der Trauer, die sich beklemmend über die gespenstisch ausgeräumten, kahlen Flächen legt, die letzten nackten Kleiderständer, die Rolltreppe, die in die Leere des bereits gesperrten Obergeschosses führt. Im Erdgeschoss ist zusammengeräumt, was von 45 Jahren Kaufhausära übrig geblieben ist.
Ein Sammelsurium, das für zehn Prozent des ursprünglichen Preises verschleudert wird: Ostergras für fünf Cent, Weihnachtskugeln, Konfettibeutel. Letzte Schnäppchenjäger finden Beute: Ein großes Plastikherz, einen Besenstiel, zehn Blumenketten in Deutschlandfarben.
Ein letztes Mal bilden sich Schlangen vor den beiden verbliebenen Kassen. Auf einem Ständer für Karten zu besonderen Anlässen sind nur zwei übrig geblieben: „Abschied – sei nicht traurig“ steht auf einer Kondolenzkarte, daneben ein silberglänzender Glückwunsch zum neuen Job.
Ob die Verkäuferinnen, die sich weinend in den Armen liegen, sich aneinander festhalten, letzte Selfies knipsen und versuchen, diese letzte Stunde irgendwie zu überstehen, auf neue Arbeitsplätze hoffen können? Bis zum 31. Oktober wird noch weiter ausgeräumt, dann gehen alle Beschäftigten für ein halbes Jahr in eine Auffanggesellschaft. Und dann?
Unter die Trauer mischt sich Wut
Wolfgang Scharschmidt, der in der Logistik arbeitet, ist 58 Jahre alt, seit 43 Jahren im Unternehmen. An die Zukunft mag er nicht denken an diesem Tag. Obwohl er eigentlich frei hat, ist er gekommen, um sich von allen persönlich zu verabschieden. „Ein tolles Team, das zusammengehalten hat wie Pech und Schwefel“, sagt er bewegt, und in die Trauer mischt sich auch Wut.
Damit ist er nicht allein. Haben sie nicht alle gekämpft bis zuletzt? Alles gegeben und gehofft? Haben schon in der Vergangenheit auf Lohn verzichtet, um „ihre“ Filiale zu retten, die bis zuletzt im Vergleich mit anderen ganz gut da stand?
Ein Magnet für ganz Oberberg
„Derjenige, der an der Schließung Schuld ist, kann gar nicht hart genug bestraft werden“, stößt eine Frau hervor. Wie zahlreiche Gummersbacher ist sie gekommen, um Lebewohl zu sagen. „Es ist nicht zu begreifen, dass so ein Anziehungspunkt in Gummersbach weg ist.“ „Das dürfte nicht sein, das war ein Magnet für ganz Oberberg. Unfassbar!“, erklärt Renate Kyborg.
Manche hier haben selbst jahrelang bei Karstadt gearbeitet, andere sind Mitarbeitern eng verbunden. „Wir wollen unsere Tochter trösten, die nach 30 Jahren ihren Arbeitsplatz verliert“, seufzt Rosemarie Berkey.
Viele, die gekommen sind, gehören zu den 17 000 Oberbergern, die sich mit ihrer Unterschrift für den Erhalt der Filiale eingesetzt haben. „Wir sind alle miteinander betroffen“, bedauert Alexandra Erban-Gerdt. Ihr Bruder habe beim Bau des EKZ als Praktikant mitgeholfen, erzählt sie, und sie selbst war als 15-Jährige bei der Eröffnung dabei. „Das war toll, was ganz Großes, die Menschen drängten sich!“Die bunte, vielfältige, glitzernde Einkaufswelt, die es bis dahin nur eine Himmelfahrt entfernt in Köln gab, hatte Einzug in Gummersbach gehalten. „Das Bummeln, mal zwanglos reingucken, das bietet kein Internet“, vergleicht Erban-Gerdt. Bernhard Kyborg eröffnete am selben Tag sein Bastelgeschäft, „die Stadt stand Kopf“, erinnert er sich. „Die Feste wie das Oktoberfest“, schwärmt Barbara Köhler. „Meine Mutter arbeitete bei Ackermann, da gingen die Blaummänner mittags ins Karstadtrestaurant zum essen.“
„Mal sehen, was jetzt kommt“, seufzt Bruno Kosch, und Andreas Rabach von der Firma Heim und Haus in der Mall fürchtet, dass auch bei ihnen in Zukunft vor allem die Laufkundschaft weniger wird. „Man kann nur hoffen, dass gute Nachmieter gefunden werden, sonst sieht es schlecht aus für Gummersbach“, sorgt sich Renate Kyborg.