Per Fahrrad zum AuslandssemesterGummersbacher Student radelt bis nach Portugal
Gummersbach – Mit dem Fahrrad zur Uni? Klingt erst mal nicht so spannend. Es sei denn, der Weg führt über die Alpen, dauert sechs Wochen und endet an der Atlantikküste. So war’s bei Jannik Reker, der eigentlich am Campus Gummersbach der TH Köln den Masterstudiengang Produktdesign und Prozessentwicklung belegt hat. Sein Auslandssemester führte den 29-Jährigen vergangenen Sommer in den Norden Portugals, an die Universität in Aveiro. Jetzt hat er sich auf den Rückweg gemacht – wieder auf dem Fahrrad.
Warum per Rad? Um die Flüge zu vermeiden? „Nein, das war ein schöner Nebeneffekt, aber wenn es nur darum gegangen wäre, hätte ich eine andere Route gewählt“, berichtet Reker. Der passionierte Radfahrer suchte das Abenteuer, wollte minimalistisch leben, sagt er. „Ich hatte schon länger eine Radreise geplant, wollte zwei, drei Wochen durch die Alpen fahren.“ Als er dann die Zusage der portugiesischen Universität in Händen hielt, war klar: Dorthin sollte die Radreise gehen.
„Man schaltet einfach ab.“
Am ersten Tag der Hinfahrt, im August letzten Jahres, begleiteten ihn noch zwei Freunde. „Wir haben die ganze Zeit gequatscht.“ Die Umstellung auf die unbegleitete Weiterreise habe etwas gedauert, sagt Reker. „Erst war es superkomisch, allein zu sein. Immer, wenn ich irgendwo schöne Sachen gesehen habe, fiel mir ein, dass das jetzt gerade außer mich selbst niemanden interessiert. Aber ab dem zweiten Tag war ich total zufrieden. Man schaltet einfach ab.“ Es sei vielleicht nicht für jeden was, er aber habe das Gefühl gewonnen, dass er eine Zeit lang auch alleine glücklich sein kann. „Das ist eine schöne Erkenntnis.“
Sechs Wochen Zeit hatte sich Jannik Reker für die Anreise genommen, die ihn durch die Alpen bis Norditalien führte, durch Südfrankreich Richtung Bilbao in Nordspanien, durch die Pyrenäen und schließlich die Atlantikküste hinunter bis Alveiro.
Wenn sich die Möglichkeit bot, schlug Reker sein Zelt abends da auf, wo es ihm gefiel, oder er machte auf einem Campingplatz Halt. Zwischen 400 und 500 Euro an Campinggebühren sind in der Zeit angefallen. Nicht die preiswerteste Methode, um nach Portugal zu kommen: „Meine Mitbewohnerin kam auch aus Deutschland – sie hat für den Hinflug zehn Euro bezahlt und war nach zwei Stunden da“, sagt Reker lachend.
5000 Kalorien am Tag, und trotzdem abgenommen
Aber wie gesagt – es ging ja ums Abenteuer. Und das fand der Student, teils auch in negativer Form wie einer Schleimbeutelentzündung und einer Borreliose, die nach einem Zeckenbiss noch in Deutschland später zu Tage trat. Diese setzte ihn eine Woche außer Gefecht, außerdem musste er Antibiotika nehmen, die sich auf die körperliche Leistungsfähigkeit negativ auswirkten. In Nordspanien war es auch, als er tatsächlich mit dem Gedanken spielte, den Rest der Reise mit dem Zug hinter sich zu bringen. „Die Etappe war wirklich schrecklich“, sagt Reker, „man fuhr 300 Meter hoch und sah schon, dass es nach der nächsten Talfahrt wieder bergauf ging, und so ging das den ganzen Tag.“
Um bei Kräften zu bleiben, nahm der 23-Jährige rund 5000 Kalorien am Tag zu sich und verlor trotzdem acht Kilo Gewicht. „Ich habe so viel gegessen wie noch nie zuvor in meinem Leben.“ Zum Frühstück schon mal 1000 Kalorien für die ersten 50 Tageskilometer.
Die letzte Etappe war schließlich die längste: 185 Kilometer riss der Masterstudent da ab, angetrieben von der Aussicht auf sein Zimmer, das er abends beziehen konnte, Duschen und richtiges Bett inklusive.
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Inzwischen ist das Semester vorbei, am Sonntag hat sich Reker wieder aufs Fahrrad gesetzt und die Rückreise angetreten. In Sevilla trifft er sich mit seiner Schwester, die dort mit dem Wohnmobil steht. Dort wird er seine Klamotten parken und für ein paar Tage nach Deutschland fliegen, um in Bremen am Finale eines internationalen Startup-Wettbewerbs teilzunehmen. Danach setzt er die Radreise fort, etwas zügiger: Das Semester beginnt in vier Wochen.