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Isolation von Senioren in der Krise„Da sind Tränen geflossen“

Lesezeit 4 Minuten

Die Corona-Beschränkungen haben viele Senioren isoliert.

  1. Den Verantwortlichen fiel es sehr schwer, die Senioren in die Isolation zu schicken.
  2. Es gab Reaktionen von Panik bis hin zu großer Vernunft.
  3. Eine solche Zeit haben auch wir Älteren noch nicht erlebt.

Wiehl – Die Oase (Offene Arbeit Senioren in Wiehl) startet wieder mit ihren Angeboten. Wie Mitarbeiter, Ehrenamtler und Nutzer diese Zeit erleben, fragte Katja Pohl Oase-Leiterin Elke Bergmann, die ehrenamtliche Mitarbeiterin Gundel Ring und Brigitte Kempkes (85), die die Angebote nutzt.

Wie haben Sie den Anfang der Corona-Pandemie erlebt?

Elke Bergmann: Es fiel uns unglaublich schwer, die Senioren in die Isolation zu schicken. Die Fachbereichsleiter haben getagt und aufgrund der epidemischen Lage entschieden, dass alles abgesagt wird. Dann haben wir angefangen, die Anmeldelisten abzutelefonieren. Es wurden Telefonketten organisiert, damit wir alle erreichen. Dass wir jetzt vorsichtig wieder starten, war für alle wie eine Erlösung. Das erste, was praktisch alle sagten, war „Endlich!“.

Gundel Ring: Alle waren traurig über diese plötzliche Leere im Kalender, und auch uns ging es damit gar nicht gut.

Nachdem sie alle informiert hatten – wie ging es weiter?

Bergmann: Wir haben auf Anregung unseres Bürgermeisters Hol- und Bringdienste für Essenslieferungen, unter anderem für die Tafel Oberberg Süd, organisiert. Dabei gab es viel Unterstützung von ehrenamtlichen Helfern und den Vereinen hier ringsum. Unsere telefonische Beratung lief natürlich weiter. Ich war im Wechsel mit meiner Kollegin im Homeoffice und stellte fest, dass ich nicht mehr wirklich Feierabend machte, weil das Gefühl im Homeoffice einfach anders ist. Mir fehlten aber die persönlichen Kontakte zu den Mitarbeitern, all den ehrenamtlichen Helfern und den Senioren.

Ring: Da ich ja keine Besuche mehr machen durfte, habe ich viel telefoniert. Da sind dann auch schon mal Tränen geflossen. Schließlich wusste niemand, wie lange diese Isolation dauern würde. Ich hörte regelmäßig den Satz: „Ich musste einfach mal mit jemandem reden“, und habe dann versucht, zu trösten.

Bergmann: Das Tragen der Masken fanden manche Senioren problematisch. Es gab Reaktionen von Panik bis hin zu großer Vernunft und eine erste Phase der Verunsicherung, in der wir viele Gespräche führten. Dass der wissenschaftliche Diskurs zu dieser Pandemie so öffentlich geführt wird, kannten wir ja alle noch nicht. Auch das hat einen Teil zur Verunsicherung beigetragen – praktisch jeden Tag gab es neue, manchmal sogar widersprüchliche, Informationen.

Was hat Sie positiv überrascht?

Brigitte Kempkes: Ich fand es beeindruckend, wie tatkräftig und engagiert die jungen Leute vom CVJM gleich geholfen haben. Das Alleinsein hat mir zum Beispiel nichts ausgemacht, daran habe ich mich gewöhnt. Doch das allgemeine Gefühl einer Bedrohung fand ich sehr beklemmend. Ich habe viel gelesen, Kreuzworträtsel gelöst, mit der Familie telefoniert, um mich abzulenken. Die gemeinsamen Mittagessen, der Herz-Stammtisch und die Redaktionssitzungen unserer Oase-Zeitschrift haben mir sehr gefehlt.

Welche Angebote konnten nach den Lockerungen wieder starten?

Bergmann: Wir hatten inzwischen eine Redaktionssitzung unserer Zeitschrift für Senioren, auch die Zeitschenker-Treffen laufen wieder an.

Ring (lacht): Darauf freue ich mich schon sehr. Dann kann ich wieder Besuche machen. Natürlich auf Abstand und unter strengen Hygieneauflagen, aber Einzelbesuche bei jeweils immer den gleichen Senioren sind endlich wieder möglich.

Brigitte Kempkes

Bergmann: Auch das Mittagessen im Johanniterhaus können wir an zwei Tagen in der Woche wieder anbieten. Statt in einer Gruppe in zwei kleineren Gruppen mit großem räumlichem Abstand zueinander, Hygieneregeln und Anmeldelisten sowie der Auflage, sich am Eingang die Hände zu desinfizieren. Außerdem dürfen die Masken erst am Platz abgenommen werden. Wie wir die Sportangebote realisieren können, besprechen wir gerade. Wir werden uns da mit den Vereinen und der Wiehler Wasserwelt über Hygienekonzepte verständigen, um zum Beispiel auch wieder die Wassergymnastik anbieten zu können. Größere Veranstaltungen fallen weiterhin erst einmal aus.

Kempkes: Darauf, wieder mit den anderen zu Mittag zu essen, habe ich mich sehr gefreut. Auch wenn ich die Maßnahmen absolut vernünftig fand und immer dachte, dass wir ja irgendwo ansetzen müssen, um die Krise einzudämmen, wünsche ich mir jetzt, dass es bald vorbei ist. Eine solche Zeit haben auch wir Älteren noch nicht erlebt.