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Gesetz behindert gute SacheFahrdienst in Lindlar darf keine Bezahlung annehmen

Lesezeit 4 Minuten

Auf den Fahrdienst von „Lindlar mobil“ ist Seniorin Gisela Hamm (r.) angewiesen.

  1. Das Taxi zu teuer, zu kurze Entfernungen für Bus und Bahn – hier griff der Fahrdienst „Lindlar mobil“.
  2. Nun verbietet der Kreis dem Fahrdienst, Geld für seine Fahrten anzunehmen.
  3. Damit ist nicht nur die Existenz des Dienstes gefährdet, sondern auch das Leben der Fahrgäste enorm eingeschränkt...

Lindlar – Nur wenige Meter sind es vom Pfarrer-Braun-Haus bis zum Marktplatz mit seinen Einkaufsmöglichkeiten. Auch das Jubilate-Forum ist nur wenige hundert Meter weit. Doch für Seniorin Gisela Hamm sind diese Entfernungen selbst mit dem Rollator zu weit. Ein Bus fährt auf diesen kurzen Entfernungen nicht, und jedes Mal das Taxi nehmen, das können sie sich nicht leisten, sagt sie.

Und deshalb ist die Seniorin froh, dass es den Fahrdienst „Lindlar mobil“ (Limo), ein Angebot des Vereins „Lindlar verbindet“ (live), gibt. Hier konnte sie für kleines Geld zu ihren Zielen gelangen, sei es zum Einkaufen oder zu Aktivitäten im Jubilate-Forum oder Severinus-Haus, die ihr sehr wichtig sind.

Kreis untersagt Verein, für

die Fahrten Geld zu nehmen

Doch der Verein, der seine kompletten Angebote ehrenamtlich leistet, darf für den Fahrdienst mit seinem neu angeschafften Elektro-Auto kein Geld mehr nehmen und das auch nicht auf seiner Homepage veröffentlichen. Das wurde ihm vom Straßenverkehrsamt des Oberbergischen Kreises wie auch der Bezirksregierung Köln (siehe Infokasten Rechtslage) untersagt.

Gesetzeslage

Nicht nur nach Auffassung von Lindlar mobil ist die Auslegung des Personenbeförderungsgesetzes durch Oberbergischen Kreis und Bezirksregierung sehr eng gefasst.

Der Verein bezieht sich unter anderem auf Rechtsanwalt Jens Ferner, der am 18. Juni 2016 einen Kommentar dazu veröffentlicht hat: „Gemäß Paragraf 1, Absatz 2, Nr. 1 gilt: ,Diesem Gesetz unterliegen nicht Beförderungen (...) mit Personenkraftwagen, wenn diese unentgeltlich sind oder das Gesamtentgelt die Betriebskosten der Fahr nicht übersteigt’.“ Es sei zwar umstritten, was das Gesetz unter Betriebskosten verstehe, aber es sei Sinn und Zweck, Beförderungen ohne Gewinnerzielungszweck von der personenförderungsrechtlichen Genehmigungspflicht auszunehmen. Alle Kosten, also auch Festkosten wie Abschreibungen und Zinsen, müssten berücksichtigt werden.

Stellungnahme der Bezirksregierung:

Der „Verein Lindlar verbindet e.V.“ ist kein Verkehrsunternehmen i.s.d. § 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Zwar wurde der Fahrdienst nicht gewinnorientiert betrieben; jedoch wurde ein Benzinkostenanteil von 2 Euro pro Person pro Fahrt erhoben. Dies ist jedoch als eine entgeltliche Fahrleistung zu sehen, welche über die Deckung der Betriebskosten hinaus geht.“ Damit wäre laut Bezirksregierung eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz erforderlich gewesen. (r)

Wir haben uns an unseren tatsächlichen Kosten für Fahrzeug und Betrieb orientiert, erläutert Wolfgang Schröder, Vorsitzender des Vereins Lindlar verbindet. Alle Mitarbeiter würden ehrenamtlich arbeiten, aber die Koten für Fahrzeug, Versicherung und Strom müsse der Verein einnehmen. Gewinn werde keiner erzielt, betont er. Ohne die Einnahmen könne der Verein den Fahrdienst nicht aufrechterhalten, sind sich die Vorstandsmitglieder einig. Sie hoffen, dass das Personenbeförderungsgesetz oder seine Auslegung möglichst bald geändert wird. Bis das geschieht, hofft der Verein auf Spenden – ohne die können Mitbürger wie Gisela Hamm nicht mehr gefahren werden.

Teilhabe der Seniorin am sozialen Leben ohne Fahrdienst beeinträchtigt

Die Seniorin ist empört, ohne den Fahrdienst könne sie nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen und das könne ja wohl kaum Sinn des Gesetzes sein. Alle würden ehrenamtlich arbeiten und viel Zeit und Herzblut in die Sache stecken. Bislang habe immer alles problemlos funktioniert. Sie habe zwei Tage vorher angerufen und sei dann zum verabredeten Termin pünktlich abgeholt worden. Und alle Fahrer seien sehr nett und hilfsbereit.

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„Limo“ sei auch mehr als ein reiner Fahrdienst. So würden die Fahrer bei Bedarf helfen, etwa beim Einkaufen bis hin zum Tragen der Taschen in die Wohnung. Eine Gehhilfe ist auch immer im Fahrzeug. Mit Limo stelle man Mobilität für Menschen her, die sonst nicht mehr mobil wären, und es könne doch nicht sein, dass ein solches Angebot daran scheitere, dass es unterschiedliche Auslegungen darüber gebe, was das Personenbeförderungsgesetz als Betriebskosten ansehe, so Schröder.

Ehrenamtler sind nun auf Spenden angewiesen

Rund 50 Gäste würden pro Woche befördert und man sei immer auf der Suche nach weiteren Fahrern, sagt Herbert Schmitz, der zweite Vorsitzende des Vereins.

Nur mit Spenden kann der Verein, der rund 50 Mitglieder hat, aktuell sein Angebot aufrechterhalten. Keine wirkliche Perspektive und belastend für die Verantwortlichen. Nach Gesprächen auch mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Carsten Brodesser ist der Vorstand aber zuversichtlich, dass es eine Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes geben wird. Nur wann, ist noch offen.