AboAbonnieren

35,70 Euro pro QuadratmeterRat verabschiedet neue Gebührensatzung für Notunterkünfte

Lesezeit 3 Minuten

Mehrbettzimmer in der Notunterkunft am Rathaus. So sahen die Zimmer aus, als sie gerade neu eingerichtet waren.

Lindlar – Nach langer und kontroverser Diskussion hat der Rat einstimmig eine neue „Gebührensatzung für die Unterbringung von Aussiedlern, Asylbewerbern und Flüchtlingen“ beschlossen. Die Gebühren steigen zum 1. Januar von derzeit 26,70 Euro pro Quadratmeter auf 35,70 Euro, ein Plus von über 30 Prozent. Diese Gebühr sei nicht mit einer Miete vergleichbar, sondern sei ein „Full-Service-Paket“, erklärte Beigeordneter Michael Eyer. Falls etwa eine Waschmaschine kaputt gehe, werde sie von der Gemeinde ersetzt. Auch der Hausmeister wird darüber bezahlt .„Ein guter und hilfreicher Service kostet viel Geld“, so Eyer.

Die meisten Bewohner von Flüchtlingsunterkünften bekommen von der Gebühr nicht viel mit, weil diese entweder vom Sozialamt oder vom Jobcenter übernommen wird. Problematisch kann es vor allem bei den sogenannten Selbstzahlern werden, die über ein eigenes Einkommen verfügen. Sie müssen die Gebühr selbst bezahlen.

Jobcenter setzt Grenzen fest

Dazu kommt noch eine weitere Schwierigkeit. Bei Familien, die in Sammelunterkünften untergebracht sind, setzt das Jobcenter Höchstgrenzen fest, die niedriger liegen. „Eventuell muss hier ein Gericht entscheiden“, sagte Sozialamtsleiter Stephan Windhausen.

Das Thema „Selbstzahler“ wird in Lindlar seit Jahren kontrovers diskutiert. Laut Eyer sind aktuell sechs Selbstzahler betroffen, drei davon seien in der Lage gewesen, privaten Wohnraum zu nehmen, sie hätten dies aber zum Teil abgelehnt, unter anderem mit der Begründung, die angebotenen Räume in Frielingsdorf oder in der Goethestraße lägen zu weit draußen.

Siegfried Charlier, Vorsitzender der Initiative „Willkommen in Lindlar“ widerspricht dieser Darstellung. Die Verwaltung habe acht Betroffene nicht über die bevorstehende Gebührenerhöhung informiert. Zudem sei die Rechnung der Gemeinde „unseriös“, da sie nur die Kosten, nicht aber die Transferleistungen von Bund und Land mit einfließen lasse. „Viele Kommunen rechnen anders als Lindlar und berücksichtigen Einkünfte der Betroffenen nur zu einem Teil“, erklärte Charlier im Gespräch mit unserer Zeitung. In diesem Fall müsse man die fehlenden Einnahmen aus dem Haushalt zuschießen, heißt es dazu aus dem Rathaus.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die CDU wollte, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, die neue Satzung beschließen. SPD und Grüne hatten zunächst gefordert, die Entscheidung über die neuen Gebühren in den Sozialausschuss zu vertagen, der sich im März 2021 trifft. Man brauche einfach noch mehr Informationen, so SPD-Fraktionschef Michael Scherer. Nachdem Sozialamtsleiter Stephan Windhausen vorrechnete, dass die Gemeinde damit auf Einnahmen von rund 30 000 Euro verzichte, die vom Jobcenter gegenfinanziert würden, gab es eine Sitzungsunterbrechung.

Letztendlich einigte sich der Rat auf folgenden Kompromiss: Die neue Gebührenordnung tritt zum 1. Januar 2021 in Kraft, so wie von der Verwaltung vorgeschlagen. Zudem soll der nächste Sozialausschuss erneut über das Thema beraten und eine veränderte Gebührenordnung erarbeiten, die etwa eine Sozialklausel für Härtefälle beinhalten soll. Ob eine solche Härtefallregelung rechtlich zulässig ist, muss die Verwaltung noch prüfen.