Gegen den Willen der StadtWerbefirmen wollen auch in Lindlar Reklametafeln aufstellen
- Werbefirmen klappern kleine Städte und Gemeinden ab, deren Gestaltungssatzungen bislang große Werbetafeln an den Straßenrändern verhindern.
- Auch Lindlar ist betroffen.
- Dieses Szenario macht die Sache kompliziert.
Lindlar – Gegen die Empfehlung von Kreis und Verwaltung stellte sich der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung bei der Frage, ob Lindlar seine Gestaltungssatzung in den Wind schießt oder nicht. Anlass sind Werbetafeln, die in der Gemeinde aufgestellt werden sollen oder mögliche Schadensersatzklagen falls sie nicht kommen.
Denn: die Lindlarer Gestaltungssatzung verhindert bislang, dass große Werbetafeln an den Straßenrändern aufgebaut werden. Aber diese Satzung könnte gegen geltendes Recht verstoßen.
Das ist die Ausgangslage
Wie bereits berichtet, wollen Werbefirmen auch in Lindlar am Straßenrand Tafeln aufstellen. Die Lindlarer Politik will aber einen möglichen Wildwuchs bei der Werbung verhindern. Und das steht auch so in der Gestaltungssatzung. So dürfen zum Beispiel Handwerker an ihrer Werkstatt Werbung für sich anbringen, weil sie dort auch arbeiten.
Kleine Tafeln sind erlaubt, auch Sportplätze sind ausgenommen. Die großen Tafeln, wie es sie in Städten oft entlang der Ausfallstraßen gibt, findet man in Lindlar bislang aber nicht, weil die Satzung sie generell in den Orten der Gemeinde verbietet. Schon im September vergangenen Jahres hatte sich der Bauausschuss mit der Sache beschäftigt, die nun dem Rat vorgelegt wurde.
Darum wird es jetzt dringend
Dass es langsam dringend wird, machte Fachbereichsleiter Petric Newrzella den Rat deutlich. Denn drei Bauanträge liegen aktuell dem zuständigen Oberbergischen Kreis vor und der muss entscheiden.
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Parallel arbeitet die Verwaltung bereits seit vergangenem Jahr an einzelnen Satzungen für sogenannte „schutzwürdige Teilbereiche“ des Gemeindegebiets. Die lassen sich nämlich in einzelnen Satzungen schützen, sofern an diesen Orten Großwerbung das Bild stark stören würden. Die Vorschläge sollen dem Bauausschuss vorgelegt und dort beraten werden, hatte der Fachausschuss schon 2019 beschlossen.
Dieses Szenario macht die Sache kompliziert
Das folgende Szenario ist möglich und der schlimmste Fall, wenn sich nichts ändert:
Der Kreis gibt den Werbern keine Baugenehmigung. Das kann er auch nicht, weil der Bau der Werbetafeln ja gegen die geltende Lindlarer Gestaltungssatzung verstößt.
Die Werber klagen vor dem Verwaltungsgericht gegen den Kreis, der hat die Baugenehmigung schließlich verweigert.
Die Richter geben den Werbern recht, weil die Lindlarer Gestaltungssatzung gegen geltendes Recht verstößt. Das ist möglich, weil das in der Satzung stehende Verbot der Werbetafeln einem Berufsverbot für die Menschen gleichkommen könnte, die vom Aufstellen der Tafeln leben.
Der Kreis verliert damit vor dem Verwaltungsgericht, die Werber können Schadensersatz fordern. Der Kreis klopft bei Lindlar an und will das Geld zurück, weil die fehlerhafte Satzung in Lindlar ja der Grund für die Schlappe vor Gericht war.
Als letztes Tüpfelchen könnte bei diesem Szenario auch noch die Haftpflichtversicherung der Gemeinde ihre Zahlung verweigern, weil die Lindlarer ja vorher von ihrer Verwaltung und dem Kreis gewarnt waren. Lindlar bliebe auf den Kosten sitzen und müsste sie selbst aus dem gerade ausgeglichenen Haushalt bezahlen.
Anderen Gemeinden geht es genau so
Um diesem möglichen Szenario vorzubeugen, hatte die Verwaltung dem Rat empfohlen, die aktuelle Gestaltungssatzung außer Kraft zu setzen, rückwirkend zum 1. Januar. Sie gab damit eine Empfehlung aus Gummersbach weiter. Denn: Lindlar ist kein Einzelfall. Reihenweise mussten in NRW in den vergangenen Monaten Städte und Gemeinde mit ähnlichen Satzungen bereits reagieren, weil Klagen drohten. Zum Beispiel in den Nachbargemeinden Marienheide und Engelskirchen. Werbefirmen hätten die oben beschriebene Argumentation entdeckt und gingen professionell gegen die Satzungen vor.
Das sagt der Gemeinderat
Der Rat sah die Sache allerdings ein Stück weit gelassener. Eckhard Puschatzki (CDU) warb dafür, die Satzung nicht zu kassieren. „Wenn wir die Satzung jetzt außer Kraft setzen, haben wir morgen früh möglicherweise schon die Tafeln da stehen“. Er plädierte dafür, die Satzung in Kraft zu lassen und weiter an einer Neufassung zu arbeiten. „Wir würden auch andere Satzungen nicht einfach aufheben“, warb auch Patrick Heuwes (Grüne) dafür, die Satzung nicht aufzuheben. Auch die Frage, was denn auf dem Spiel stehe, wollten die Ratsmitglieder geklärt wissen. „Wenn es bei dem Schadensersatz um 500 Euro geht, hat das eine andere Relevanz, als bei 500 000 Euro“, sagte Michael Scherer von der SPD.
Der Rat einigte sich darauf, dass das Thema vertagt wird und die Verwaltung weiter an einer Alternative arbeiten soll. „Handeln sie einfach schnell“, forderte Harald Friese (FDP) die Verwaltung auf.
CDU favorisiert die „Kölner Lösung“
Die Gestaltungssatzung bleibt damit erst einmal in Kraft, um Zeit zu gewinnen. Das Ziel sei, auf mögliche Außenwerbung in Lindlar so weit wie möglich Einfluss zu nehmen, um unansehnliche Plakatwände zu verhindern. „Vielleicht können wir sie etwas schöner hinbekommen“, sagte Eckhard Puschatzki und brachte eine einheitliche Lösung ins Spiel, wie sie zum Beispiel die Stadt Köln hat.
Die schreibt Werberechte öffentlich aus. Zuletzt wurden die Werberechte 2015 auf 15 Jahre neu vergeben. Auf einzelne Lose können sich Firmen aus ganz Europa bewerben. „Ziel ist es, hochwertigere Werbeträger und gleichzeitig mehr Ordnung in die Werbung im öffentlichen Raum zu bekommen“, erklärte Norbert Hahn von den Kölner Stadtwerken bei der Vergaberunde 2015 unserer Zeitung.