Hunde, die Fußgänger und Radfahrer attackieren, sind in Lindlar-Schümmerich ein Problem. Das Ordnungsamt appelliert an Opfer, sich zu melden.
Mehrere AttackenBissige Hunde sorgen in Lindlar für Ärger
Andreas Werner wohnt schon immer in Lindlar-Schümmerich, er kennt sich aus. Viele Wege legt der 44 Jahre alte Elektroingenieur gerne zu Fuß oder mit dem Rad zurück. Doch jetzt hat er dabei kein gutes Gefühl mehr. Denn innerhalb von einem Jahr sei er zweimal von Hunden ins Bein gebissen worden, berichtet Werner.
Beim ersten Mal völlig unvermittelt, als er mit dem Rad gefahren sei. Beim zweiten Mal, so schildert es der Lindlarer, war er zu Fuß unterwegs. Als er gemerkt habe, dass die beiden entgegenkommenden, freilaufenden Hunde unruhig waren, habe er angehalten. Einen Hund konnte der Besitzer zurückhalten, doch der Kleinere lief auf Werner zu und biss zu. „Ich konnte mich im Anschluss gut mit dem Besitzer verständigen, es tat ihm sehr leid“, berichtet Werner.
Lindlarer will ein Zeichen setzen
Er wolle nicht alle Hundebesitzer verurteilen. Aber er will ein Zeichen setzen, so könne es nicht weitergehen. „Kinder in der Nachbarschaft trauen sich nicht mehr, bestimmte Wege alleine zu gehen, weil sie dort von einem Hund regelrecht gejagt wurden. Das geht nicht!“
Ulf Engelmann vom Lindlarer Ordnungsamt kennt das Problem. Drei Beißvorfälle wurden ihm in diesem Jahr angezeigt, doch er schätzt die Dunkelziffer deutlich höher. Auch er ermutigt die Opfer, sich zu melden, um zukünftige Vorfälle zu vermeiden.
Bußgelder bis 100 000 Euro sind möglich
Als erste Maßnahme kann das Ordnungsamt einen sofortigen Maulkorb- und Leinenzwang anordnen. Dann werden die Fälle zur Prüfung an das Veterinäramt übergeben. Dieses führt einen Wesenstest durch, für Hund und Halter.
Je nachdem, wie das Urteil des Veterinäramtes ausfällt, können dann weitere Maßnahmen beschlossen werden, etwa Schulungen oder Bußgelder bis zu einer Höhe von 100 000 Euro. „Denn es handelt sich ja um Körperverletzung oder Sachbeschädigung, wenn Gegenstände kaputtgebissen werden“, berichtet der Amtsleiter. Er macht deutlich: „Natürlich darf ein Hund frei laufen, wenn er auch in der Distanz beherrschbar ist. Aber der Halter ist jederzeit für sein Tier verantwortlich, dessen muss er sich bewusst sein.“
Tanja Bergk aus Eichholz hat seit ihrer Kindheit immer einen Hund in der Familie. Sie sagt: „Als Hundebesitzerin denke ich anders. Ich würde nie mit dem Rad schnell an einem Hund vorbeifahren, weil ich weiß, dass er sich angegriffen fühlen könnte. Oder bei einem freilaufenden Hund auf einem Grundstück weiß ich, dass der jetzt sein Territorium verteidigen könnte und halte Abstand.“
Aber sie sagt auch ganz klar: „Die Hundebesitzer sind für ihre Tiere verantwortlich, die Hunde müssen gut hören. Wenn ich mit meiner Hündin spazieren gehe, achte ich auf sie, nicht aufs Handy.“ Sie wünscht sich gegenseitige Rücksichtnahme, die öffentlichen Wege seien ja für alle da. Zum Beispiel, dass Radfahrer langsamer werden und gegebenenfalls auf sich aufmerksam machen, wenn sie von hinten kommen.
Einen fremden Hund darf man nicht einfach streicheln
Sie kenne auch die andere Seite, dass sich Passanten ihrem Hund gegenüber falsch verhielten und Gefahrensituationen sogar provozieren würden. „Manchmal kommen Kinder und streicheln einfach meinen Hund. Mein alter Hund mochte das überhaupt nicht, das geht nicht, da muss ich vorher angesprochen werden“, schildert Bergk.
Bianca Stahl von der Hunde-Akademie in Lindlar ist in ihrer Hundeschule auch mit diesem Thema konfrontiert. Denn bei ihr landen die Hunde dann oft erst, nachdem der Biss schon passiert ist. Sie erlebt manche Hundebesitzer sehr naiv: „Gerade, wer seinen Hund in erster Linie zum Kuscheln auf dem Sofa hat, kann sich nicht vorstellen, dass er in einer anderen Situation aggressiv reagiert. Aber auch der süßeste Chihuahua hat ein Gebiss und er wird es einsetzen, wenn er es für nötig hält“, führt die erfahrene Hundetrainerin aus.
Halter und Halterinnen lernen bei ihr, die Umgebung durch die Augen ihres Hundes wahrzunehmen und Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen. „Jogger, Radfahrer und kleine Kinder bieten für manche Hunde einen hohen Aufforderungscharakter, das muss der Halter wissen.“
Manche Hundearten hätten eine größere Tendenz zu beißen, zum Beispiel Hüte- und Schutzhunde, aber auch Kleinhunde. Wer einen Hund besitzt, sollte sich möglichst von Anfang an mit diesen Themen auseinandersetzen, appelliert die Hundetrainerin. Denn das sei schließlich die Voraussetzung für entspannte Spaziergänge und ein gutes Miteinander.