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Neue AttraktionLindlar hat jetzt ein Grauwackemuseum

Lesezeit 4 Minuten
Das Foto zeigt das Highlight des neuen Museums, ein rund 390 Millionen Jahre alter Grauwackeblock mit einem Fossil.

Highlight des neuen Museums ist ein rund 390 Millionen Jahre alter Grauwackeblock mit einem Fossil.

In Lindlar eröffnet Anfang Mai ein Grauwackemuseum. Es zeigt unter anderem einen weltweit einmaligen Fund.

Große Metallkisten stehen gestapelt im Raum, Metallfiguren daneben, an den Wänden hängen Monitore und Plakate, Werkzeug liegt verpackt in zwei Kisten, in einem abgetrennten Bereich liegt in einer Vitrine das Herzstück, um das sich hier künftig alles drehen wird. Ein 390 Millionen Jahre alter Grauwackeblock, der ein rund zwei Meter großes Stück des ältesten Waldes der Welt enthält.

In den Räumen an der Eichenhofstraße 4, in denen bis vor wenigen Tagen noch Lindlar-Touristik untergebracht war, wird das lange geplante Grauwacke-Museum eingerichtet. Stephan Halbach, Leiter von Lindlar-Touristik, erläutert für diese Zeitung das Projekt und stellt das künftige Museum vor. Das „Bergische Grauwacke-Museum“, so der offizielle Name, ist ein Leader-Projekt und wurde mit rund 100.000 Euro Fördergeldern unterstützt.

Das Foto zeigt Stefan Halbach von Lindlar-Touristik.

Stefan Halbach von Lindlar-Touristik zeigt Exponate und erläutert das Projekt.

Seit sechs Jahren arbeitet Halbach an der Verwirklichung des Grauwackemuseums, das ein Anziehungspunkt für die Lindlarer und auch Touristen werden soll. Die Grauwacke und ihr Abbau spielten und spielen auch heute noch für die Entwicklung der Gemeinde eine wichtige Rolle. Die Entstehung der Grauwacke, ihr Abbau, das Leben der Arbeiter und die Bedeutung für die Region sollen in der Ausstellung multimedial dargestellt werden.

Besonders wichtig ist es Stephan Halbach, dass der älteste Wald der Welt, der 2008 vom Diplom-Geologen Peter Giesen in einem Lindlarer Steinbruch im Jahr entdeckt wurde, wieder zurück in Lindlar ist. Nach der ausführlichen Untersuchung des Fossils wurde der älteste Wald der Welt 2015 im LVR-Landesmuseum in Bonn ausgestellt. Im vorigen Jahr wurde er zurück ins Bergische transportiert.

Der älteste Wald der Welt stand einst in Lindlar

Wie sich das Gestein anfühlt und welche verschiedenen Arten es gibt, das können die Besucher des Museums in speziellen Tastboxen erfühlen. Die Steine werden geflammt, geschliffen, gebürstet gestockt, poliert und zu Arbeitsplatten, Bodenbelägen und Fensterbänken verarbeitet. Die typischen Werkzeuge der Steinhauer, die das Freilichtmuseum Lindlar als Leihgabe zur Verfügung stellt, werden auf große Grauwacke-Steine in den Metallkisten stellt, berichtet Stephan Halbach. Dabei werde er von Walter Lob, dem Geschäftsführer des Steinbruch-Betriebs BGS (Bergische Grauwacke Steinbruch Betriebsgesellschaft) tatkräftig unterstützt.

Tatkraft ist auch bei den Besuchern des Museums gefragt, denn zwölf „Zwitscherfiguren“ erzählen von der Geschichte des Grauwackeabbaus, dem Leben der Arbeiter und vieles mehr, aber nur, wenn man vorher rund 30 Sekunden lang an einer Kurbel dreht, um den nötigen Strom zu erzeugen, damit die Informationen abgespielt werden. Außerdem gibt es auch QR-Codes, mit denen sich die Informationen per Handy abrufen lassen. Anschaulich vermitteln Fotos, wie sich der Abbau der Grauwacke verändert hat.

Lindlar: „Das Dorf der Witwen und Waisen“

In Videos ist zu sehen, wo überall die Grauwacke eingesetzt wird. Nicht nur im Straßenbau oder als Terrassensteine, sondern beim Häuserbau und Kirchenbau sowie beim Bau von Talsperren, etwa in Remscheid bei der Eschbachtalsperre, der Neyetalsperre in Wipperfürth und der Lingesetalsperre in Marienbeide. Intensiv beleuchtet werden das Leben und die Arbeit der Steinhauer und ihrer Familien. Es war eine schwere und gefährliche Tätigkeit, viele Männer erkrankten durch den Staub an Silikose, der sogenannten Quarzstaublunge. Sie starben früh und hinterließen Frauen und Kinder, mit meist wenig Geld. Lindlar erhielt den Ruf „Dorf der Witwen und Waisen“.

Erst nachdem der Arzt Dr. Wilhelm Meinerzhagen mit seinen Untersuchungen dazu beitrug, dass die Silikose als Berufskrankheit der Steinhauer anerkannt wurde, sind die Hinterbliebenen besser versorgt. Meinerzhagen wurde zum ersten Ehrenbürger der Gemeinde Lindlar ernannt. Diese und viele weitere interessante Geschichten rund um das steinreiche Lindlar, die steinalte Grauwacke und das steinharte Leben der Arbeiten finden sich multimedial aufbereitet in Bergischen Grauwacke-Museum.

Die offizielle Eröffnung ist für Samstag, 4. Mai, geplant, wenn im Lindlarer Ortskern statt des geplanten Verkehrsversuches ein Begegnungsfest auf der Hauptstraße gefeiert wird. Bis dahin ist noch viel zu tun, aber Halbach ist zuversichtlich, dass bis dahin alles an seinem Platz ist. Die Öffnungszeiten des Museums sollen an die von Lindlar-Touristik angepasst werden.


Als Lindlar am Äquator lag

Die ersten Bäumchen – Calamophyten genannt – die in Lindlar entdeckt wurden, wuchsen auf einer Sandinsel in einem ausgedehnten Flachmeer. Bei einer Überflutung, vermutlich durch einen Tsunami, wurden die Pflanzen ins Meer gespült. Sand und Schlamm lagerten sich auf den rund zwei bis drei Meter großen Bäumchen ab und konservierten sie 390 Millionen Jahre bis heute.

Aus dem Schlamm formte sich im Laufe der Jahrmillionen die Grauwacke, die aktuell noch in drei Steinbrüchen in Lindlar abgebaut wird. Rund zehn Millionen Jahre dauerte das Mitteldevon – das rheinische Schiefergebirge, zu dem auch das Bergische Land zählt, lag damals nicht weit entfernt vom Äquator. Das ganzjährige tropische Klima bot den Urzeitbäumen gute Wachstumsbedingungen.

Rund 30 bis 40 verschiedene Pflanzen habe es damals gegeben, zumindest nach den bisherigen Funden von Samen und Pflanzenresten, so Peter Giesen, der schon in seiner Jugend auf Fossiliensuche ging – mit Hammer und Meißel. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Geschichte des spektakulären Fundes in dem Lindlarer Steinbruch und die besondere wissenschaftliche Bedeutung dieses Calamophytons finden sich unter dem Titel „Die Lindlar Story“ auf der Homepage des Naturwissenschaftlichen Vereins Wuppertal.