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InterviewWie bekommt man Oberbergs Kinder wieder ins Schwimmbecken?

Lesezeit 6 Minuten
Bild von zwei Männern, im Hintergrund ein Schwimmbecken

Verbringen viel Zeit am Beckenrand: Karl-Heinz Fleck (l.) und Christoph Stephan vom WSC Lindlar.

Vertreter des WSC Lindlar berichten, wie ihr Schwimmverein nach Corona aufgestellt ist.

Am Wochenende fanden nach langer Pause wieder die Bergischen Meisterschaften im Schwimmen statt. Wie der Sport aufgestellt ist und ob er sich von den Corona-Jahren erholt hat, darüber sprachen Karl-Heinz Fleck (62), Sportbeauftragter im Geschäftsführenden Vorstand, und Trainer Christoph Stephan (31) vom WSC Lindlar im Interview.

Herr Fleck, Sie waren lange Jahre im Schwimmkreis aktiv. Wie sind die Schwimmer heute organisiert?

Karl-Heinz Fleck: In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Schwimmvereine, die Wettkämpfe ausrichten oder an ihnen teilnehmen, so geschrumpft, dass wir keinen Kreisverband brauchen. Wir werden über den Bezirk Mittelrhein organisiert und in Oberberg ist es Ruth Uessem vom ASC Gummersbach, die alles koordiniert. Die Bergischen Meisterschaften finden schon seit Jahren für alle schwimmsporttreibenden Vereine des Oberbergischen und des Rheinisch-Bergischen Kreis statt. Eine Veranstaltung allein mit oberbergischen Vereinen, lässt sich nicht darstellen. Dadurch können auch Verein wie der BSC Overath, TV Refrath, SV Bergisch Gladbach oder SV Leichlingen hieran teilnehmen.

Gab es vorher so viele Vereine mehr, die Wettkampfgruppen hatten?

Fleck: Oh,ja. Ich denke da an den SV Bergneustadt, SSV Homburg-Nümbrecht, TuS Brüchermühle, TSV Ründeroth, SV Waldbröl, TSV Radevormwald, TV Kotthausen, sie alle hatten Schwimmer, die bei den Bergischen Meisterschaften starteten. Heute sind das neben uns leider nur noch die WSG Wiehl, der TuS Derschlag und der ASC Gummersbach.

Schwimmer haben Niveau vor Corona noch nicht erreicht

Die letzten Bergischen Meisterschaften wurden 2019 ausgetragen. Anschließend gab es die Pause durch Corona. Welche Auswirkungen hatte das auf Ihren Verein?

Christoph Stephan: Wir haben damit zu kämpfen, dass die 15- und 16-jährigen Schwimmer weggebrochen sind. Sie konnten zwei, drei Jahre nur sehr unregelmäßig trainieren und anschließend nicht mehr an die Leistungen zuvor anknüpfen. Die Schwimmer machen zwar Fortschritte, doch das Niveau von 2019 haben wir noch nicht erreicht. Da sind wir rund zwei Jahre im Rückstand.

Fleck: Es war schon eine schwierige Zeit für uns, Trainer und Schwimmer standen mit Masken am Beckenrand und alle benutzten Geräte mussten desinfiziert werden. 2020 durften nur die Aktiven trainieren und 2021 war das Bad nur ein halbes Jahr geöffnet. So langsam geht es wieder bergauf, es gibt auch wieder mehr Eltern, die sich engagieren, Kampfrichter werden oder die Bewirtung bei Veranstaltungen übernehmen wollen.

Wieso sind die Jugendlichen anschließend nicht wieder zum Training gekommen?

Fleck: Das hat mit dem Alter zu tun. Wer in einem gewissen Alter aufhört, der kommt nicht wieder. Die Bereitschaft schwindet, sich für den Sport zu quälen. Schwimmen ist eine Sportart, wo der Erfolg nur übers Training kommt. Aber schon vor Corona gingen uns Kinder und Jugendliche verloren, weil sie durch das größere Angebot öfter die Sportart wechseln. Dazu kam der Ganztagsunterricht, der seitdem Nachmittagstraining unmöglich macht.

Die Bereitschaft schwindet, sich für den Sport zu quälen.
Karl-Heinz Fleck über den Nachwuchs im Schwimmsport

Wie arbeiten Sie jetzt daran, wieder auf das Niveau zu kommen? Stephan: Wir tun viel daran, die jungen Schwimmer an die Gruppen heranzuführen, also altersübergreifend zu trainieren. Die Schwimmerinnen und Schwimmer motivieren sich gegenseitig und das hebt langfristig das Niveau.

Fleck: Das hat man auch schon bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften Anfang des Jahres in Bonn gesehen, wo die älteren Schwimmer die jüngeren mitgezogen haben.

Fehlt es den Kindern und Jugendlichen im Schwimmen nicht auch an Vorbildern? Die Zeit der großen deutschen Schwimmstars ist vorbei.

Stephan: Mittlerweile gibt es wieder sehr erfolgreiche deutsche Schwimmer. Zuletzt hat Angelina Köhler bei der Weltmeisterschaft Gold über 100 Meter Schmetterling gewonnen. Die Erwartungshaltung ist aber zu groß, heute zählt eine Finalteilnahme alleine nicht mehr. In den Mainstream-Medien wird nur wenig über Schwimmen berichtet und im Social Media gibt es zwar Ergebnisse mit Videos und Bildern, die Kinder und Jugendlichen müssen aber aktiv danach suchen und schon vorher die entsprechenden Sportler kennen. Darunter leidet auch die Sportart. Es bleibt unsere Aufgabe, die Jugendlichen zu motivieren.

Fleck: Dabei geht es ja auch darum, genügend Übungsleiter zu haben, die am Beckenrand stehen und das Training leiten. Zumal die Zeiten vorgegeben sind, in denen wir das Bad nutzen können.

Lindlarer Verein zählt rund 250 Mitglieder

Es werden aber auch Bäder geschlossen und trotzdem beklagt, dass zu wenig Kinder schwimmen lernen.

Fleck: Ein Bad zu erhalten, ist auch immer eine politische Entscheidung. Da geht der Blick über die Kommune hinaus, mit der Ansicht im Umfeld gibt es ja noch Bäder.

Stephan: Das Ziel, dass alle Kinder schwimmen lernen sollen, ist auch ein großes. Da wird nicht anerkannt, wenn sie für das Seepferdchen Bahnen mit Brustarmen und Kraulbeinen zurücklegen oder in Rückenlage geschwommen wird. Es wird leider oft gegeneinander gearbeitet.

Der WSC Lindlar wurde 1997 geründet. Wie ist der Verein aufgestellt?

Fleck: Das Jubiläum konnten wir 2022 nur im kleinen Kreis feiern. Wir haben rund 250 Mitglieder, von denen knapp 60 in den Wettkampfgruppen schwimmen, dazu kommen rund 50 Anfänger und Kinder, sowie drei Gruppen mit circa 60 Aktiven im Breitensportbereich. Weitere rund 25 Sportler trainieren in der Erwachsenengruppe (Masters). Der WSC steht auf drei Säulen, zum einen gibt es den Bereich, wo ganz normal Schwimmsport betrieben wird, unterteilt in Wettkampfschwimmer und Breitensportler, die zweite Säule bildet die außersportliche Jugendarbeit, die mit verschiedenen Aktivitäten „Team-bildend“ arbeitet und den sportlichen Zweckbetrieb, wo Schwimmerlernkurse, Aquafitness- und Gesundheitskurse angeboten werden. Unser Ziel ist es, immer wieder zu versuchen, aus dem dritten Bereich mit den Kursen einen Überschuss zu erwirtschaften, um damit den Wettkampfbetrieb zu finanzieren. Wie gesagt, wird es immer schwieriger, Übungsleiter zu finden. Waren es früher Ehrenamtler, muss man die Jugendlichen heute überzeugen, dass sie genau so viel Geld bekommen wie beim Job an der Tankstelle. Darüber hinaus steigen jährlich die Kosten, wie zum Beispiel die Verbandsabgaben, Meldegelder, Versicherungsbeiträge und nicht zuletzt die Nutzungsentgelte für das Bad. Dies alleine über Mitgliedsbeiträge zu finanzieren, ist schwer darstellbar.

Lindlarer favorisieren Wettkämpfe unter der Woche

Welche Wünsche haben Sie fürs Schwimmen?

Fleck: Ich würde mir wünschen, dass mehr Vereine wie wir beim Kids Cup teilnehmen. Das ist ein Wettkampf für die Jahrgänge 2015 bis 2018 im Rahmen der nachmittäglichen Trainingszeiten. Zwei Vereine tragen einen kurzen altersgerechten Wettkampf aus, für den man keine Kampfrichter braucht. Bisher hat das Konzept nur noch Overath aufgenommen. Meist fahren wir mit den Kindern nach Köln oder Bonn. Für Eltern und Kinder bedeutet das, dass sie nicht mehr zwei Tage in einem Schwimmbad verbringen müssen. Wir achten auch darauf, an Wettkämpfen teilzunehmen, die nach Alter in Blöcken ausgetragen werden.

Stephan: Ich hätte gerne mehr Wasserfläche. So finde ich es zum schade, dass wir am Samstagmorgen nur zwei Bahnen haben und damit bei den Teilnehmern sieben müssen. Ich würde gerne früher damit anfangen , dass mehr Jugendliche dreimal die Woche trainieren können.

Wie blicken Sie , Herr Stephan, als Trainer auf die Bergischen Meisterschaften am vergangenen Wochenende zurück?

Stephan: Ich bin froh, dass sie wieder stattgefunden haben. Je mehr Wettkämpfe stattfinden, desto besser. Gerade unsere Nachwuchsschwimmer haben sich gut geschlagen, auch wenn es noch genug Baustellen gibt. Diesmal hatte Overath mehr Titel und das soll sich wieder ändern.