„Made in Oberberg“Diese Firmen aus Oberberg stehen im Finale des NRW-Gründerpreis
Oberberg – Gleich zwei Unternehmen aus Oberberg sind unter den letzten zehn Nominierten für den NRW-Gründerpreis 2018: die Wildling Shoes GmbH mit Anna und Ran Yona aus Berghausen und die fsk engineering GmbH mit Nils Kühle und Christian Sühwold aus Windhagen. Mit Minimalschuhen und Schweißrobotern gehen sie ins Rennen um den renommierten Preis.
Aus etwa 120 Bewerbern sind sie unter die zehn Finalisten gekommen. Das Besondere in diesem Jahr: Es haben sich viele Frauen beworben, und Anna Yona ist eine von vieren in der Auswahl. Es geht um 60 000 Euro an Preisen, wobei der Sieger 30 000 Euro erhält. Die Jury-Entscheidung wird am 19. November bekanntgegeben.
Automatisierung vorantreiben und Arbeitsplätze schützen – für Nils Kühle (33) und Christian Sühwold (37) von fsk engineering ist das kein Widerspruch. Anfang 2014 wagen die beiden den Schritt in die Selbstständigkeit. Sie sind Arbeitskollegen bei einem Automobilzulieferer. Kühle hatte zuvor vier Jahre als Handschweißer gearbeitet. Sühwold ist Programmierer. Beide haben eine gemeinsame Vision: Automatisierung vorantreiben, um Deutschland als Standort attraktiver zu machen und damit Arbeitsplätze zu schützen. „Mir hat meine Arbeit als Handschweißer immer viel Spaß gemacht, allerdings muss man einfach sagen, dass die Gase, die dabei entstehen, alles andere als gesund sind. Wenn ich nach der Arbeit unter der Dusche stand, war das Wasser schwarz“, blickt Kühle zurück.
Kostengünstigen Roboter erschaffen
Gemeinsam entwickeln die Männer einen Schweißroboter, der so programmiert ist, dass er leicht von Menschen zu bedienen ist, wie ein Werkzeug eben. Ein anwenderfreundliches Programm führt durch die Schritte. Den körperlich anstrengenden und gesundheitsgefährdenden Part übernimmt die Maschine. Dabei ist diese kein klassischer Roboter mit Kopf und Gliedmaßen, sondern eine sogenannte Smart-Cell, die ein wenig an die Glaskästen mit Greifarm erinnert, die man von Jahrmärkten kennt. Nur, dass hier hoch technisierten Prozesse stattfinden. „Unsere Smart-Cell haben wir bewusst für kleine und mittelständische Unternehmen entwickelt und damit eine kostengünstigen Roboter geschaffen, der Automatisierung möglich macht und als kollaborierender Roboter ohne Schutz mit Menschen zusammenarbeiten kann. System und Zelle sind nach Bedarf unterschiedlich teuer. Wir haben aber das Ziel, immer unter 100 000 Euro zu bleiben“, erklärt Kühle. Die beiden engagierten Unternehmer erhoffen sich von ihrem Roboter auch, dass der vom aussterben bedrohte Beruf des Handschweißers wieder attraktiver für junge Leute wird. Ihre Kunden sitzen hauptsächlich in Deutschland. Der Vertrieb ist Chefsache. Noch. „Wir haben zum Beispiel einen Kunden, dem unsere Smart-Cell beim Schweißen von richtig hartem Stahl für Baggerschaufeln hilft.“
Neues Image ist Werbung
Seit Sommer 2018 ist die Smart Cell nun auf dem Markt. 14 Mitarbeiter hat fsk engineering und das im April 2017 gegründete fsk industries mittlerweile. Über die Nominierung freut sich Nils Kühle ganz besonders: „Als Start-up in diesem Bereich Fuß zu fassen ist enorm schwierig. Allein mit der Nominierung erhoffen wir uns mehr Akzeptanz bei etablierten Unternehmen.“ Über die sozialen Medien nutzen sie das neu gewonnene Image als Werbung für sich.
Minimalschuh mit viel Platz
Von Kindern inspiriert und mit viel Liebe weiterentwickelt – Anna und Ran Yona und ihre Wildling-Schuhe haben Fans auf der ganzen Welt. „Wenn es keine geeigneten Schuh gibt, stellen wir sie selbst her“, dachten Ran (41) und Anna (40) Yona, als sie im 2013 mit ihren Kindern Lavie, Nevo, Reem von Israel in Anna Yonas alte Heimat Gummersbach zogen.
Die Familie war bislang barfuß unterwegs, doch der Winter zwang sie zum Schuhkauf. Gar nicht so einfach, wie sich herausstellte – für Ran und Anna Yona die Grundlage für eine Erfolgsgeschichte. Zwei Jahre später gründeten sie die Wildling Shoes GmbH – und das völlig ohne Erfahrung im Schuh-Business, geschweige denn in der Führung eines Unternehmens. Sie entwickelten einen Minimalschuh mit viel Platz für Fuß und Zehen, anfangs nur für Kinder. Hochwertige Materialien, Nachhaltigkeit, Fairness und Authentizität stehen für die Yonas bis heute im Vordergrund – vielen potenziellen Investoren zum Trotz. Das kommt gut an, sehr gut sogar.
Im ersten Jahr verkauften sie bereits 7000 Paar, im zweiten Jahr 20 000 und mittlerweile rund 60 000 ihrer Minimalschuhe. „Es sind längst nicht mehr nur Kinderschuhe, unsere Kollektion ,Rewild’ für Erwachsene bis Größe 46 macht 60 Prozent unseres Absatzes aus“, freut sich die Geschäftsführerin und dreifache Mutter.
50 Mitarbeiter hat die Firma nun schon, alle in Deutschland und teilweise auch im Ausland verteilt. „Wir haben ein tolles Team. Das Schöne ist, dass wir von Beginn an Menschen eingestellt und nicht einfach Stellen besetzt haben. Alle leben den gleichen Geist, und das macht unglaublich viel Spaß.“
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Das Team trifft sich einmal pro Monat für zwei Tage in Köln, um das Wildling-Konzept weiter zu perfektionieren. Das Lager befindet sich noch immer in Engelskirchen-Grünscheid. Der Vertrieb findet über das Internet statt, jedoch soll noch in diesem Jahr ein Outlet-Verkauf in Grünscheid entstehen. Inzwischen gibt es drei verschiedene Schuhe in der Kollektion, die je nach Saison in der Materialzusammensetzung variieren. Ganz neu dabei: Ein Schuh aus Papier, der mit 140 Gramm zu den absoluten Leichtgewichten zählt.
„Unsere Kunden sind ganz unterschiedlich. Wir haben welche, die tragen die Wildlinge zum Anzug, es sind auch viele ältere Menschen Fan von unseren Schuhen und berichten, dass sie damit seit Jahren das erste Mal wieder ohne Schmerzen laufen können. Auch für Laufanfänger gibt es Wildlinge in Größe 18 bis 22.“
Aus dem operativen Geschäft hat sich Anna Yona nahezu komplett zurückgezogen. So kann sie ihre ganze Kraft in die Umsetzung ihrer Vision stecken und Aufgaben delegieren. Familienintern haben Anna und Ran Yona die klassischen Rollen verteilt: Ran kümmert sich hauptsächlich um die Kinder, hat aber dennoch einen festen Part bei den Wildlingen. Auch die Kinder sind Teil des Wildling-Clans: als Schuh-Tester, Werbespot-Darsteller und auch vor Ort, wenn in Grünscheid gelegentlich die Tore für Kunden geöffnet werden. Der achtjährige Wildling Nevo findet’s toll: „Das ist einfach ein geiler Job!“