Nach KaufDas hat Marienheide mit dem Rüstzeitheim vor
Marienheide – Kugeln liegen in der Kegelbahnrinne, Pfannenwender hängen über dem Herd in der Großküche, Handtücher stapeln sich in der Wäscherei. Es scheint, als hätten die Mitarbeiter und Gäste das „Franz Dohrmann Haus“ gerade erst verlassen. Ende 2017 hat die Evangelische Kirche in Deutschland ihr Rüstzeitheim aufgegeben, seit 1984 hatten dort 352 000 Soldaten, deren Angehörige und Teilnehmer von Freizeiten gastiert.
Der Geist der Vergangenheit ist allgegenwärtig. Im Kaminzimmer im Untergeschoss erinnern viele Bilderrahmen von Einheiten der Bundeswehr an den militärischen Auftrag der Erholungsstätte. Im Zimmer nebenan sieht es so aus, als ob im Kickerautomat gerade erst der letzte Ball versenkt wurde. Doch das alles ist längst Vergangenheit. Geht es nach der Gemeinde Marienheide, soll die Zeit im Rüstzeitheim nicht mehr lange stillstehen. Sie hat das 4000 Quadratmeter große Gebäude samt Areal Ende April übernommen.
Rüstzeitheim soll Kulturzentrum werden
Der neue Hausherr lässt seinen Blick durch die geräumige Eingangshalle mit Rezeption streifen, in der Sitzgruppen zum Verweilen einladen. „Eigentlich könnten wir sofort den Hotelbetrieb aufnehmen“, sagt Bürgermeister Stefan Meisenberg augenzwinkernd.
Die Gemeinde hat aber andere Pläne, ein Kultur- und Begegnungszentrum soll hier entstehen. Erste Entwürfe für die neue Nutzung liegen bereits in der Schublade. Der Gummersbacher Architekt Peter Wirsing hat aufgezeichnet, wie das zweistöckige 80-Betten-Haus mit sieben Konferenzräumen und diversen weiteren Zimmern in Zukunft aufgeteilt werden könnte.
Im Zentrum steht dabei der achteckige Rundbau mit Innenhof, Halle, Kapelle, Großküche und Besprechungssälen. Im Obergeschoss könnte all das abgerissen und neu gebaut werden, oder aber die Räume werden neu zugeschnitten, um etwa Bücherei und einem Rats- und Bürgersaal Platz zu geben. Dafür müsste natürlich die Küche ausgeräumt werden, in der sämtliches Equipment samt Tupperdosen und Thermoskannen zurückgelassen wurde.
Kaum eine Überlebenschance hätte auch die kleine Telefonzelle neben der Eingangstür, ans Netz angeschlossen ist sie ohnehin nicht mehr.
Kegelbahn im Rüstzeitheim wird aufgegeben
Im Trakt neben dem Rundbau sind viele Betten noch bezogen, Bilder hängen an den Wänden. Die braun gekachelten Badezimmer wurden geputzt verlassen. Hier hätte unter anderem ein Kindergarten Platz. Der Bettentrakt eine Etage tiefer wäre für eine Demenzwohngruppe geeignet. Der Musikzug der Feuerwehr könnte seinen Proberaum im Kaminzimmer einrichten – der Schallschutz an der Decke ist noch vorhanden.
Die Kegelbahn im Nebenraum wird bei einer neuen Nutzung voraussichtlich aufgegeben, auch die Wäscherei mit Heißmangel und Industriewaschmaschinen wird wohl nicht mehr benötigt.
Meisenberg blickt auf die vielen massiven Holztische und Stühle, an denen einst gespielt, gefeiert und gelacht wurde: „Vielleicht veranstalten wir irgendwann einen Trödel. Es gibt viele Vereine und Gruppen, die sich über die Möbel freuen würden.“
Rüstzeitheim könnte auch abgerissen werden
Alle Nutzungspläne sind nur erste Überlegungen, betont Meisenberg. Alles steht und fällt mit einer Förderzusage. Zwar umfasst der Bereich, den die Gemeinde anhand eines Konzepts mit Städtebaumitteln umbauen darf, auch das Dohrmann-Haus. Doch für alle Einzelprojekte bedarf es separater Förderzusagen. Meisenberg rechnet damit, dass die Bezirksregierung in diesem Monat signalisiert, ob es für den Umbau Geld gibt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Falls ja, soll ab Herbst das Nutzungskonzept fertiggestellt werden, und erst dann beginnt die Bauplanung. Der Bürgermeister zeigt sich zuversichtlich, dass es klappt. Und falls keine Fördermittel fließen? „Dann gibt es verschiedene Alternativen“, sagt Meisenberg. Bei einem Abriss des Hauses mit Wiedervermarktung des Areals als Baugebiet etwa würde die Gemeinde keinen finanziellen Schaden erleiden. Denkbar auch, dass die Gemeinde erst mal die zahlreichen Räume vermietet.
So oder so: Der Dornröschenschlaf im Dohrmann-Haus soll schon bald enden.