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Abenteuerliche FlugreiseJürgen Becker aus Marienheide erwachte 1965 zwischen Gräbern

Lesezeit 3 Minuten

Ein Foto der Piper Cherokee erinnert Jürgen Becker an den außergewöhnlichen Männer-Ausflug.

  1. Jürgen Becker und drei seiner Freunde fliegen in den 1960er Jahren nach Nordafrika.
  2. Ein Abenteuer – von Bergneustadt aus in einer kleinen, einmotorigen Maschine über Korsika.
  3. Die vier Männer, alle im Alter zwischen 21 und 27 Jahren, packten ihr großes Zelt und Rucksäcke in die kleine Maschine.

Marienheide – Im Frühjahr 1965 wachen Jürgen Becker und seine drei Freunde nach einem strapaziösen Flug in ihrem Zelt auf. Die Zeit drängt, sie wollen mit ihrer einmotorigen Piper weiter fliegen Richtung Tunesien. Als sie aus ihrem Zelt hinausgucken, packt sie ohnehin die Eile – erschrocken bemerken die vier Marienheider, dass sie von Gräbern umgeben sind. Sie haben ihr Zelt auf Korsika inmitten eines Friedhofs aufgebaut.

In den folgenden 54 Jahren hat Jürgen Becker noch viele Urlaube gemacht, doch diese Ferien haben sich dem heute 79-Jährigen tief ins Gedächtnis eingeprägt. Nach Nordafrika zu fliegen, war in den 1960er Jahren etwas Außergewöhnliches – zumal wenn man mit einem kleinen Privatflieger vom Bergneustädter Flugplatz Auf dem Dümpel abhob. Die allerwenigsten nächtigten auf Friedhöfen auf Inseln im Mittelmeer. „Das war ein einziges großes Abenteuer“, sagt Becker schmunzelnd.

Acht Kilometer bis zum Strand gelaufen

Die Idee zur fliegenden Spritztour hatte Beckers Freund Klaus Kirschbaum, der Mitte der 60er Jahre bereits seit drei Jahren den Pilotenschein hatte und dem damaligen Segelfliegerclub Bergneustadt angehörte. Mit Werner Protoschill und Harald Jansen fanden sie zwei ebenso Abenteuerlustige, im Mai nahm die Unternehmung ihren Anfang. Pilot Kirschbaum hatte eine Piper Cherokee mit 235 PS organisiert, ausgerüstet mit allen Blindfluginstrumenten, die auch große Jets für einen sicheren Flug zur Verfügung haben.

Die vier Männer, alle im Alter zwischen 21 und 27 Jahren, packten ihr großes Zelt und Rucksäcke in die kleine Maschine. „Auf dem Dümpel hatten wir Sorge, ob wir überhaupt abheben“, erinnert sich Becker. Die Piper schaffte es, erster Zwischenstopp war Karlsruhe, wo noch Zollsachen geklärt werden mussten. Dann ging’s weiter ins südfranzösische Cannes. „Der Flugplatz war acht Kilometer von der Stadt entfernt. Die sind wir zu Fuß gelaufen, nur um einmal am Strand von Cannes zu flanieren.“

Eine Nacht auf dem Friedhof

Bei der nächsten Zwischenlandung passierte es. Es wurde schon dunkel, als die Piper in Bastia auf Korsika landete. Die Männer brauchten einen Schlafplatz. In der Nähe des Flugfeldes schlugen sie ihr Zelt auf – wurden aber von französischen Soldaten vertrieben, erinnert sich Becker: „Das war wohl militärisches Sperrgebiet.“ Also zogen sie mit dem Zelt durch die Dunkelheit einige Meter weiter und fanden ein ruhiges Plätzchen. Erst am nächsten Morgen sahen sie, wie ruhig ihre Ruhestätte war. Peinlich berührt machten sie sich daran, ihre Sachen zu packen, um von Friedhof zu verschwinden. „Das einzig Gute war, dass wir an der Wasserstelle zum Blumengießen uns kurz waschen konnten.“

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Nach einer weiteren Zwischenstation auf Sardinien erreichten die Marienheider schließlich die tunesische Hauptstadt Tunis. Zufällig lernten sie den Jugendlichen Ali kennen, der Deutsch sprach und den Männern fünf Tage lang das Land zeigte. Becker berichtet von einem Teppichkauf auf dem Basar, von einer Begrüßungszeremonie in einer Moschee und von einem Ritt auf einem Kamel.

Die Rückreise war turbulent. Auf Sizilien wurden sie drei Tage lang festgehalten, weil die Behörden eine Besitzurkunde für das Flugzeug sehen wollten. In Lyon mussten sie notlanden, weil das Anflugsystem streikte. Mit den letzten Groschen in der Tasche erreichten sie wieder das Oberbergische, diesmal landeten sie auf dem Flugplatz Battenfeld bei Marienheide. Viele Jahre später kam Becker per Kreuzfahrtschiff noch mal nach Tunesien – so schön wie damals war es aber nicht mehr.