Der Mediziner Matthias Alex wollte in seinem Studium Hausarzt werden.
Gegen den TrendEin junger Landarzt für Marienheide

Stefan Lichtinghagen und Matthias Alex (r.) sind ein perfektes Team.
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Wie angespannt die medizinische Versorgung im ländlichen Raum ist, wurde spätestens bei der Insolvenz des hausärztlichen MVZ in Gummersbach-Derschlag offenbar. Tausende Patienten des Medizinischen Versorgungszentrums hatten von heute auf morgen keinen Hausarzt mehr. 18,5 vakante Hausarztsitze gibt es allein im Mittelbezirk Gummersbach. Ralph Krolewski, Vorsitzender des Hausärzteverbands in Oberberg, warnt daher schon seit vielen Jahren mit Blick auf seine immer älter werdenden Kolleginnen und Kollegen vor einem Kollaps. Und das auch, weil es kaum junge Ärzte gibt, die sich als Hausarzt auf dem Land niederlassen wollen.
Ein Beispiel dafür, dass es auch anders geht, dass der Beruf des Hausarztes mehr als nur ein Job sein kann, ist der Mediziner Matthias Alex, der seit Oktober 2024 in der Gemeinschaftspraxis von Stefan Lichtinghagen in Marienheide-Kotthausen praktiziert. Die beiden Ärzte berichten, wie sie sich gefunden haben – und ein perfektes Team wurden. Beide, so sagen Lichtinghagen und Alex, haben sie die gleiche Philosophie bei der Behandlung von Patienten. Und ihnen sei beiden daran gelegen, nicht als Einzelkämpfer unterwegs zu sein, sondern die Möglichkeit des kollegialen Austauschs auch bei dem ein oder anderen Patienten zu haben. Und: Ihnen ist es wichtig, in ihrer Praxis die Patienten individuell behandeln zu können, „mit ihnen durch dick und dünn zu gehen“, wie sie sagen.
Entscheidung fürs Land nicht bereut
Der 53-jährige Lichtinghagen ist seit Juli 2005 in der Praxis in Kotthausen, er ist Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie. Sein Vater habe damals als niedergelassener Hausarzt altersbedingt aufhören müssen. „Ursprünglich wollte ich die Praxis nicht übernehmen, doch ich habe es probiert und bin zwei Jahre lang von Köln nach Marienheide gependelt“, sagt Lichtinghagen, der zuvor in einer Klinik gearbeitet hatte. Nach knapp 20 Jahren „auf dem Land“ sagt Lichtinghagen, dass er diese Entscheidung nicht einen Tag bereut habe. Matthias Alex, Facharzt für Allgemeinmedizin und Notfallmediziner, kam ins Spiel, als die Praxis sich vor rund vier Jahren nach Verstärkung umgeschaut habe.
Durch einen Artikel in dieser Zeitung im Jahr 2019 wurde Lichtinghagen auf den Kollegen aufmerksam, der schon damals klar formuliert hatte, sich als Hausarzt mit eigener Praxis niederlassen zu wollen. Seit Mai 2024 ist der gebürtige Engelskirchener im Team und hat zum Oktober 2024 den Sitz seiner Vorgängerin Julia Rüggeberg übernommen. Hat Matthias Alex in Kotthausen seinen Traumjob gefunden? Dass er immer in diese Fachrichtung wollte, betont er – und sagt, dass er gut mit Menschen könne. „Außerdem macht es mir Spaß, mich jedem Patienten anzupassen und zu schauen, wie man jeweils helfen kann.“
Wartelisten für neue Patienten
Nach den Arbeitszeiten gefragt, wird deutlich, dass der junge Landarzt und der alte Hase Lichtinghagen ein gehöriges Pensum stemmen. Morgens um 8 Uhr beginnt der tägliche Behandlungsmarathon. Abends ist theoretisch um 18 Uhr Schluss – doch was tun, wenn das Wartezimmer noch voll ist? „Weitermachen“, sagen beide. Dennoch klingen die Mediziner nicht so, als würde sie das stören. Allerdings: Mehr Patienten als derzeit kann auch die Praxis in Kotthausen nicht stemmen. Es gilt wie in vielen Praxen in der Region ein Aufnahmestopp, und es gibt eine Warteliste für Neupatienten. „Uns ist es wichtig, dass all unsere Patienten gut versorgt sind. Das bedeutet leider auch, dass wir viele Patientenanfragen aus Kapazitätsgründen absagen müssen. An manchen Tagen sind es über fünf Anfragen von Menschen, die einen Hausarzt suchen“, berichtet Alex. Und Lichtinghagen sagt, dass es einem schwerfalle, diesen Leuten nicht helfen zu können, denn genau das wolle man eigentlich ja.
Dies alles geht auch in Kotthausen nur mit einem gut funktionierenden Praxisteam. Und auf dieses sind die beiden Mediziner stolz. „Wir haben ein hochmotiviertes Team aus jüngeren und erfahrenen Mitarbeiterinnen, von denen eine MFA nächstes Jahr sogar ihr 50-jähriges Praxisjubiläum feiert“, berichtet Alex. „Hiervon profitieren alle“, ergänzt Lichtinghagen. Trotz schwieriger Ausgangslage fühlen sich die beiden Mediziner somit gut aufgestellt, blicken positiv in die Zukunft – und hoffen vor allem auf weitere hausärztliche Verstärkung im Oberbergischen Kreis.