Mit einem Trick ins AutoBande um einen Bergneustädter soll Wagen danach zerlegt haben
Gummersbach – Den Schlag, den die Polizei gegen eine professionell organisierte Bande von Autodieben und Autoverwertern gelandet hat, in Zahlen zu fassen, fällt Kriminaloberrat Florian Mohr schwer. „Unüberschaubar“, sagt der Leiter der Direktion Kriminalität bei der Pressekonferenz mit Landrat Jochen Hagt und dem Abteilungsleiter Polizei Sascha Himmel am Donnerstag in Gummersbach, sei die Zahl der Fahrzeugteile, die nach der Durchsuchung seit Montag sichergestellt wurden.
Ein 39-jähriger Bergneustädter – laut Mohr Deutscher osteuropäischer Herkunft, bisher polizeibekannt vor allem aufgrund von Betrugsvorwürfen – soll der Kopf der osteuropäisch geprägten Bande gewesen sein. In Bergneustadt war er am frühen Montagmorgen festgenommen worden.
Ebenso wie der engere Kreis seiner Bande – drei Männer, die in Windeck-Leuscheid festgesetzt wurden, mit denen er die Autos gestohlen haben soll, und zwei Hehler aus Essen – sitzt er jetzt in Untersuchungshaft. Zwei Personen wurden nach der Vernehmung entlassen, eine davon – so die Polizei – sei entgegen erster Meldung nur vernommen und nicht einmal vorläufig festgenommen worden.
Der Trick der Truppe ist nicht neu. „Die Masche ist bekannt und nutzt eine Sicherheitslücke“, erklärte Mohr. Bei hochwertigen Fahrzeugen wie jenen der Marke BMW, die die Bande zusammen mit Mercedes-Autos im Blick hatte, gebe es den Service, das Auto ohne Schlüssel zu öffnen – nur durch einen Chip, der sich per Funk mit der Technik im Inneren verbindet.
Das machte sich die Bande zunutze: Mit Hilfe eines Funkstreckenverlängerers – gebastelt aus einem umgebauten Flachbettscanner – konnte ein Täter an der Haustür, hinter der viele ihre Schlüssel aufbewahren, das Signal abfangen und zum Auto übertragen. Der Technik wurde vorgegaukelt, der Schlüssel sei in der Nähe. „Das Auto wurde entriegelt. Der zweite Täter am Wagen, konnte die Tür öffnen, den Startknopf drücken und losfahren“, so Mohr.
Autos blitzschnell zerlegt
Danach seien die Autos in eine Werkstatt nach Puderbach in Rheinland-Pfalz gebracht worden. „Die war professionell organisiert und bestens aufgeräumt“, sagte der Kriminaloberrat – fast schon anerkennend. Blitzschnell wurden die Autos dort in ihre Einzelteile zerlegt: Nach den Diebstählen, die meist nachts passierten, standen die Teile am Nachmittag versandfertig im Transporter. Allein in Puderbach fanden die Beamten am Montag unter anderem 21 Motoren und zwei Transporter mit gerade erst zerlegten Autos. Ein BMW stand noch auf der Hebebühne.
Von Puderbach aus kamen die Teile zu Autoverwertern zum Beispiel in Essen, Bielefeld, Dorsten und Düsseldorf, wo seit Montag ebenfalls Unmengen gestohlener Teile sichergestellt wurden. Weil der Verkauf von Teilen deren Job ist, ist die Ermittlungsarbeit der Polizei jetzt umso schwerer: Welche Teile stammen aus gestohlenen Autos, welche genau aus jenen bisher 21 Diebstählen, die die Polizei laut Mohr „beweissicher der Bande zuordnen“ kann? Allein diese Diebstähle hätten einen Schaden von mehr als einer halben Million Euro verursacht, so Mohr. Dabei gehen die Ermittler davon aus, dass noch viel mehr Diebstähle auf das Konto der Bande gehen. Mohr: „Wir glauben, dass die Zahl dreistellig ist.“
Begonnen haben soll die Serie Anfang 2019 mit einigen Diebstählen im Nordkreis sowie in Gummersbach und Bergneustadt. Nachdem im Oktober eine Werkstatt in Düren und Mönchengladbach ausgehoben worden war, sei der Bergneustädter erstmals in den Fokus von Ermittlern geraten. Ende 2019 und Anfang 2020 häuften sich ähnliche Diebstähle in Rheinland-Pfalz und im oberbergischen Süden. Im Juni 2020 kam es zu drei Festnahmen in Rheinland-Pfalz.
Als sich danach im Juli die Diebstähle erneut häuften, übernahm die EG Cargo unter Leitung von Kriminalhauptkommissar Sven Hock in Gummersbach die Ermittlungen. Von hier aus wurde der Großeinsatz mit 330 Beamten am Montag vorbereitet, koordiniert und geleitet. „Das, was die Kollegen geleistet haben, war kein Dienst nach Vorschrift. Das war vorbildliche Arbeit“, lobte Mohr – wohlwissend, dass deren Arbeit angesichts Unmengen an gefundenem Material eigentlich gerade erst begonnen hat.