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Für jüdische FamilieKünstler setzt Stolpersteine in Morsbach

Lesezeit 3 Minuten

Der 73-jährige Künstler Gunter Demnig.

Niederwarnsbach – „Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung“, sagte Wolfgang Birkholz, Vorsitzender der Oberbergischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (CJZ), am Mittwochmorgen bei der Verlegung von vier sogenannten Stolpersteinen für die jüdische Familie Levy vor deren ehemaligem Wohnort an der Straße „Zum grünen Siefen“ in der Morsbacher Ortschaft Niederwarnsbach.

90.000 Steine gesetzt

In seiner Ansprache stellte Bürgermeister Jörg Bukowski den inzwischen 73-jährigen Künstler Gunter Demnig vor, der seit fast 30 Jahren europaweit auf den nationalsozialistischen Völkermord an Millionen von Juden aufmerksam macht. Demnig berichtete, dass er bereits etwa 90.000 der knapp zehn Zentimeter großen und gut zwei Kilogramm schweren Würfel in 26 Ländern von Nord-Norwegen bis Palermo gesetzt habe. Bukowski dankte dem Heimatverein Morsbach für die Stiftung von zwei dieser Erinnerungssteine, je einen weiteren hatten die CJZ und die Gemeinde gespendet.

Vor ihrem damaligen Haus erinnern nun vier Stolpersteine von Gunter Demnig an die Familie Levy. Im Juli 1942 musste sie Niederwarnsbach verlassen, bei Minsk wurden sie ermordet.

Als Reflexion auf das Schicksal der Juden intonierten der Holper Oratoriensänger Johannes Klüser und die Düsseldorfer Geigerin Bridget King das Lied „Donna Donna“ der jüdischen Künstler Aaron Zeitlin und Sholom Secunda. Es handelt von einem Kälbchen, das sich nicht dagegen wehren kann, zur Schlachtbank geführt zu werden, und einer Schwalbe, die darüber in die Freiheit fliegt. King schilderte, dass es ihrem Vater Peter gelungen sei, als deutsch-jüdischer Flüchtling von Berlin über London nach Schottland zu entkommen. Ein großer Teil der Verwandtschaft sei jedoch in der Hauptstadt dem Holocaust zum Opfer gefallen.

„Mitten unter uns“

Als Vorstandsmitglied des Heimatvereins gab Christoph Buchen einen Einblick in die Geschichte der jüdischen Familie. So seien Albert und Selma Levy mit ihren Kindern Hans-Hermann und Brunhilde etwa 1934 von Hessen nach Morsbach gezogen, wo sie gelebt und gearbeitet hätten. Aus unbekannten Gründen sei die Familie plötzlich an einem Sonntag im Juli 1942 von Niederwarnsbach zum Morsbacher Bahnhof gegangen. Ein Augenzeuge habe gesehen, wie die vier ihre Zweizimmerwohnung den Judenstern tragend mit Handgepäck und einem Koffer verlassen hätten. Gut eine Woche später seien sie vom Deutzer Bahnhof aus zusammen mit 1162 weiteren Personen in die Vernichtungsstätte Maly Trostinec bei Minsk deportiert und dort kurz darauf getötet worden.

Gunter Demnig macht seit fast 30 Jahren europaweit auf den nationalsozialistischen Völkermord an Millionen von Juden aufmerksam.

Während dieser Schilderung setzte der Künstler die Steine mit den Messingplatten, auf denen ihr Namen und ihr Alter eingraviert sind. Buchen erinnerte auch an Gertrud Stockhausen, den Nazi-Kritiker Fritz Wingen und die fünfköpfige Familie Lind, die zur Volksgruppe der Sinti und Roma gehörte, die zwischen 1941 und 1944 umgebracht wurden.

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„Durch diese Stolpersteine sind die Levys mitten unter uns“, meinte der stellvertretende Landrat Tobias Schneider. „Auf diese Weise bekommen sie ihre Namen zurück.“ In einem abschließenden Gebet bat die evangelische Pfarrerin Silke Molnár um die Kraft, zur Erhaltung der Erde und zur Bewahrung des Friedens beizutragen. Danach brachen die Anwesenden im Gedenken an die Getöteten zum letzten Weg der Familie Levy in Morsbach zum Bahnhof auf.